Megan Jones

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Sie musste zugeben, sie war aufgeregt. Auch, wenn sie auf diesen Tag ihr ganzes Leben gewartet hatte. Vielleicht deshalb, weil sie nichts über Hogwarts wusste. Da ihre Mutter nach Uagadou, die afrikanische Zauberschule, gegangen war, konnte sie ihr nichts darüber berichten. Ihr Vater war ein Muggel und war meistens froh, wenn man ihn aus diesen Sachen raushalten konnte. Wie er oft zu sagen pflegte: „Megan, ich liebe deine Mutter, aber als Hexe macht sie mir Angst." Ihre Mutter war auch eine beeindruckende Hexe. Da in Uagadou kein großer Wert auf Zauberstäbe gelegt wurde, konnte sie beinahe jeden Zauber mit nur einem Wink ihrer Hand ausführen. Ebenfalls konnte sie sich in einen Geparden verwandeln, wenn es ihr beliebte. Gelernt hatte sie das bereits mit zwölf Jahren. Viele afrikanische Zauberschüler waren Animagi, da sie in Uagadou hervorragenden Unterricht in Selbstverwandlung genossen. Megan wollte sich ebenfalls gerne in ein Tier verwandeln, doch sie bezweifelte, dass sie dies in Hogwarts lernen würde. Ihre Mutter hatte ihr gesagt, dass Hogwarts nicht wirklich einen besonderen Ruf genoss, was die Unterrichtsfächer dort betraf. Das einzig Bemerkenswerte, das diese Schule anscheinend an sich hatte, war ihr Direktor, Albus Dumbledore. Außerdem war ihr ein Gerücht zu Ohren gekommen, das scheinbar der berüchtigte Harry Potter in ihrem Jahrgang zu sein schien. Doch noch wurde er nicht auf die Bühne gerufen. Und sie ebenfalls nicht. Nervös knetete sie ihre Finger. Sie verstand den Sinn der Worte, die dieser komische sprechende Hut schrie, noch nicht ganz. Gryffindor, Slytherin, Ravenclaw, Hufflepuff. Je nachdem, welches davon es war, applaudierte einer der vier langen Tische und der Schüler oder die Schülerin ging darauf zu. Sie verfluchte ihren durch Faulheit bedingten Optimismus, von wegen, sie würde nichts über die Schule wissen müssen, und wurde zunehmend unruhiger. Als schließlich ihr Name aufgerufen wurde, sank ihr das Herz in die Hose. Nur Mut, sagte sie sich und erklomm die Stufen. Gott sei Dank war auf der Bühne ein Stuhl, ihre wackligen Knie hätten sie nicht mehr lange getragen. Der Hut wurde ihr aufgesetzt, und zunächst geschah nichts. Doch dann hörte sie eine kleine Stimme in ihrem Kopf, die scheinbar zu dem sprechenden Hut gehörte. „Oh, du weißt ja noch gar nichts über die Häuser. Nett, mal einen vorurteilsfreien Kopf durchforsten zu können. Na gut, mal sehen... du hast ein großes, reines Herz, wohlbehütet und vollkommen schmerzfrei. Du bist kontaktfreudig und würdest für die, die du liebst, durchs Feuer gehen, aber du bist nicht wagemutig und kennst deine Grenzen. Du liest gerne, und wenn dich etwas interessiert, lernst du auch gerne. Hm, schwierig, schwierig... aber ich denke, ich schicke dich nach HUFFLEPUFF!" Das war also ihr komisches Wort. Oder Haus, wie er es genannt hat. Sie ging auf den applaudierenden Tisch zu und ließ sich auf die Bank fallen. Freundliche Gesichter lächelten ihr zu und hießen sie willkommen. Und plötzlich fühlte sie sich sehr viel sicherer als noch vor wenigen Minuten.

„Ist hier noch frei?" Sie sah auf und blickte in ein lächelndes Gesicht. Seine Haare waren rötlich, und auf seiner blassen Haut waren seine Sommersprossen gut zu sehen. Seine Augen hatten die Farbe von einer satten, grünen Wiese, er war schmächtig und nur wenig größer als sie selbst. Sie erkannte ihn aus ihren gemeinsamen Unterrichtsfächern, und sie war sich sicher, er war in ihrem Haus, doch sie konnte sich nicht an seinen Namen erinnern. Trotzdem nickte sie und räumte ein paar ihrer Bücher beiseite, um ihm auf dem Tisch Platz zu machen. Er bedankte sich leise und setzte sich. Als der Junge schließlich wieder sprach, tat er auch dies leise; da sie sich in einer Bibliothek befanden, ein sehr logischer und rücksichtsvoller Schritt. „Mein Name ist Wayne Hopkins. Und deiner?" „Megan Jones", flüsterte sie und lächelte ihm zu. Sie freute sich immer, neue Bekanntschaften zu schließen, und auf Hogwarts hatte sie davon noch nicht allzu viele. Gar keine, um genau zu sein. Das hatte ihr etwas zu schaffen gemacht, aber sie hatte sich immer wieder mit dem Gedanken getröstet, dass es erst die erste Woche war. Als diese dann vorüber war, geriet ihr Optimismus ins Wanken. Doch jetzt hatte sie die Chance, eine Freundschaft zu schließen, und sie würde sie nicht vergeuden. Er nickte mit seinem Kopf Richtung ihres Pergaments. „Auch Zaubertränke?" Sie nickte und seufzte leise. „Gleich in der ersten Woche so viel zum Lernen." Aber sie wollte kein Jammerlappen sein. Deshalb lächelte sie und fragte: „Welches ist bis jetzt dein Lieblingsfach?" Der Junge zuckte die schmalen Schultern. „Vermutlich Verwandlung. Am meisten habe ich mich eigentlich auf Geschichte der Zauberei gefreut, aber Professor Binns langweilt einen einfach zu Tode." „Vermutlich ist er ebenfalls so gestorben." Sie lächelten einander zu, und aus den zuvor noch unsicheren Plänkeleien entwickelte sich ein ungezwungenes Gespräch. Es tat so gut, endlich wieder mit jemandem reden zu können, dass Megan die Zeit und ihre Hausaufgaben vergaß. Doch das störte sie nicht weiter. Sie war einfach nur froh, einen neuen Freund gefunden zu haben.

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