O3. Dezember - Weihnachtswunder

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03. Dezember - noch 21 Mal im Schnee ausrutschen :3

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♡~ WEIHNACHTSWUNDER

Weihnachten. Ein sehr schönes Wort. Dabei denkt man an Geschenke, Kuchen, Plätzchen, warme Häuser und eine wunderschöne Stimmung. Ich glaube kaum, dass jemand an etwas Schlechtes denkt.

Genauso ging es mir auch, bis ich wusste, dass es auch anders geht.

Meine Vorstellung von Weihnachten war jedes Jahr dieselbe, ich stehe morgens auf und habe dieses von Vorfreude geprägte Kribbeln im Bauch. Die Vorfreunde auf den Abend, die Geschenke öffnen zu dürfen, die freundlichen Gesichter der Mitmenschen zu sehen, die sich gegenseitig frohe Weihnachten wünschen. Die liebevollen Blicke meiner Eltern, die glücklich waren, wenn ich es war.

Wenn man Glück hat, dann schneit es an dem wundersamen Tag sogar. Zu Hause riecht es himmlisch nach allem Möglichen, nach köstlichem Essen, nach Süßigkeiten, nach dem frischen Tannenbaum, der das Wohnzimmer schmückt, man ertrinkt förmlich in Liebe und Geborgenheit.

Draußen rennen kleine Kinder schallend lachend herum und betteln ihre Eltern an, schon zu verraten, was denn in ihrem Geschenk drin ist, doch die Eltern ermahnen das Kind geduldig zu sein und scheuchen es liebevoll weiter spazieren zu gehen, um später mit roten Nasen und kalten Händen nach Hause zu kommen und sich vor den Kamin zu setzen, sich aufzuwärmen und dabei heiße, leckere Schokolade zu trinken.

Ja, das ist Weihnachten, die bekanntlich schönste Zeit des Jahres.

Alle sind glücklich und laufen zufrieden durch die weite Welt. Nur ich nicht.

Wie eine kleine graue Maus, laufe ich mit roten, verquollenen Augen durch die Gegend und beneide die glücklichen Familien. Hin und wieder reibe ich meine Augen, weil sie vom ewig langen Weinen jucken und schmerzen. Der Wind reizt meine Augen nur noch weiter.

Meine Hände habe ich tief in den Jackentaschen vergraben und versuche mein Gesicht in meinem Schaal vor dem kalten Schnee zu schützen, der mir ununterbrochen ins Gesicht fliegt. Sowohl von Innen, als auch von Außen ist mir eisig kalt und ich kann nicht nach Hause um mich aufzuwärmen.

Ich habe keinen Schlüssel bei mir, der mich retten könnte und meine groteske Familie ist auch nicht zu Haus. Nicht mal ein Funke Hoffnung keimt in mir auf, denn was bringt es zu hoffen, wenn deine Familie dich verstoßen hat?

Ich kann mich nicht einmal daran erinnern wie der Streit entfacht ist, der mich dazu gebracht hat, zu verschwinden. Mein Gehirn sagt mir nur noch, das meine Mutter unglaublich sauer auf mich war, ich denke es war kein ernster Grund, aber dennoch ist er da.

Nach dem Streit bin ich kurzerhand aus dem Haus gerannt, ich konnte es nicht aushalten.

Vielleicht hätte ich nachdenken sollen, was soll denn aus heute Abend werden? Alle sitzen im Kreis und verteilen die Geschenke, außer mir. Niemand wird mich vermissen.

Nachdem ich draußen ziellos umhergelaufen bin, wollte ich nach Hause, doch weder das Auto stand da, noch war jemand in dem warmen Stübchen, wie es doch so viele zu sagen pflegen.

Wütend bin ich wieder weggerannt und streife immer noch orientierungslos, leicht verzweifelt und zitternd durch die Straßen. Hin und wieder begegnet mir jemand Bekanntes und wünscht mir frohe Weihnachten, ich wünsche zurück, doch innerlich werde ich jedesmal ein bisschen mehr traurig.

Inzwischen laufe ich geschlagene 4 Stunden durch die Straßen, 17 Uhr, es fängt an zu dämmern.

Ich lasse mich auf eine schneebedeckte Bank nieder und kümmere mich wenig darum, dass es noch kälter wird. Wieder rollen Tränen meine Wangen hinunter und ein Schluchzen dringt aus meiner Brust.

Wie kann man an einem so schönen Tag streiten? Ist der Zauber des Weihnachtens nicht mehr da? Glaubt keiner mehr an Wunder, die an diesen Tagen geschehen?

Hätte mich jemand drei Tage vorher gefragt, hätte ich gesagt, dass es nichts gibt was mich abbringen könnte, an Weihnachtswunder zu glauben, doch jetzt würde meine Antwort „nein“ lauten, ich glaube nicht mehr daran, wie auch?

Ich werde müde, meine Gelenke versteifen sich vor Kälte, vielleicht gefrieren sie sogar schon, keine Ahnung, nicht mal den eisigen, pfeifenden Wind der mir stürmisch ins Gesicht peitscht nehme ich wahr. Es tut weh, ja, doch dieser warme, stechende Schmerz in meinem Herzen ist stärker.

Langsam lege ich mich auf die Bank und schließe die Augen, niemand will mich, niemand mag mich. Ich spüre mich nicht mehr, ich werde müde, ich falle.

Ich liege lange Zeit mit angezogenen Knien da und warte auf den Tod, doch so leicht lässt er sich nicht anlocken, aber ich denke es dauert nicht lange, bis ich in dieser leichten Kleidung erfriere, denn nur mit Leggins, T-Shirt, dünner Jacke und Schal bekleidet zu sein, bringt Opfer. Der Schnee der sanft vom Himmel aus auf diese Welt herunter schwebt, legt sich auf mich, hüllt mich in eine eiskalte Decke, ich fange an mich zu verlieren.

Ich schlafe ein und ich weiß nicht, wie ich aufwachen soll, ich weiß es einfach nicht mehr, ich will es nicht. Ich versinke in meinem Loch aus Kummer und lasse mich von diesem Schmerz verschlingen, spüre wie der Tod gierig an meiner Seele leckt, versucht sie mir zu entlocken.

Und das an Weihnachten, an heilig Abend.

Die Laternen um mich herum bleiben dunkel und wollen mich nicht in ihr warmes Licht hüllen, verweigern mir ihre trostspendende Geborgenheit.

Ich sollte aufgeben, meinen Geist loslassen, aufwachen. Wieder nach Hause gehen.

Doch auf einmal legt sich eine glühend warme Hand auf meine Schulter, so warm, dass es eigentlich auf meiner eiskalten Haut schmerzen müsste, aber da ist kein Schmerz, nicht mehr.

Ich öffne langsam die Augen und blicke einem strahlenden Engel entgegen, die weibliche Gestalt ist umgeben von einem leuchtenden Schein, sieht wunderschön aus.

Die blonden, gelockten Haare fallen offen über die Schultern und bedecken die Ärmel des weißen, sich wallenden Kleides.

Große und runde, blaue Augen, so blau wie der Himmel, blicken in die meinen und strahlen Sicherheit aus. Liebe. Geborgenheit. Alles was ich mir wünsche. An Weihnachten.

Der kleine rote Mund lächelt schwach, aber herzlich,  und der kleine Kopf nickt in die Richtung der Hand des Engels, die sich nach meiner streckt.

Zögerlich ergreife ich sie und der Engel zieht mich mit sich.

Hoch und höher, weit und weiter, immer näher in den Himmel. Ich muss lächeln. Erlösung.

Dort wartet ein warmes zu Hause mit Geschenken auf mich. Ich lasse alles Negative auf der Erde zurück und fange im Himmel ein neues Leben als Engel an. Glücklich.

Vielleicht glaube ich jetzt doch an kleine Wunder an Weihnachten. Vielleicht ist das ja mein kleines, ersehntes Weihnachtswunder.

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