Schlüssel

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Drei Sicherheitsschleusen musste Charly passieren, bis er endlich im Inneren des Gefängnisses war. Dennis hatte ihm erklärt, dass er heute zum ersten und zum letzten Mal so ausgiebig durchforstet wurde. Es hatte Charly etwas milde gestimmt, nachdem er von zwei Männern bis auf die Unterhose nackt, untersucht wurde. Als ob er irgendwelche Waffen bei sich hätte. Ausgerechnet Charly! Nun sitzt er jedoch auf dem bereits angekündigten Schlafsofa und schaut auf seine Hände. Das Büro seines Onkels hatte zwei Räume. Einen in dem er wirklich arbeitet. Wenn man durch diesen durch geht, kommt man in einen etwas kleineren Raum. Teil zwei seines Büros und mehr ein Wohnzimmer. Es steht das Schlafsofa, eine kleine Kommode mit ein paar Anziehsachen von Dennis darin, sowie ein Fernseher, BlueRayPlayer und einen Haufen Bluerays. Dennis muss wirklich viel Zeit hier verbringen, wenn er sich schon ein solches Zimmer eingerichtet hat.
,,Wenn du willst, kann ich dir einen Film anmachen. Ich kümmere mich noch um den ganzen Papierkram und komme dich dann holen. Es wird sicher nicht lang dauern."
Dennis steht vor Charly, lächelt nervös zu ihm runter.
,,Geh du nur. Ich bin sechzehn, wenn ich es nicht schaffe mir selbst einen Film anzunachen, ist irgendwas schief gelaufen bei meiner Entwicklung."
Dennis, der sichtlich erleichtert ist, das Charly nicht weiter anstrengend ist, nickt, wünscht ihm noch viel Spaß beim Film und geht dann zurück in sein Hauptbüro. Als sich die Tür schließt, lehnt sich Charly zurück und atmet tief durch.
,,Wieso habe ich das Gefühl, das ich die meiste Zeit hier verbringen werde?", flüstert sich Charly selbst zu.
,,Nagut. Machen wir das beste draus.", muntert er sich selbst auf und steht auf.
Als erstes sucht er sich einen Film raus. Sein Onkel hat einen breit gefächerten Filmgeschmack. Zu fast allen Themen findet Charly was. Ohne groß zu überlegen greift er zu den animierten Filmen. Shreck. Zwar kennt er den Film schon fast auswendig, doch mit dem großen, grünen Oger kann man nichts falschen machen. Charly legt sich den Film ein, richtet sich die Kissen und holt sich eine Decke. Er kuschelt sich ein und lässt sich von dem Film berieseln. Lange schaut er jedoch nicht. Er kommt etwa bis zur Mitte, ehe er einschläft.

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Gelangweilt blickt Charly an die graue Betondecke. Zehn querverlaufende Risse. Zwei längsverlaufende Risse und ein kleiner Fleck ziemlich weit links. Nach zwei Tagen hier hat er die Decke des hinteren Büros seines Onkels so oft angestarrt dass er mittlerweile schon von ihr träumt. Es kommt Charly mittlerweile so vor, als würde sein Onkel ihn hier drin verstecken, doch vor was? Den Wachen? Den Insassen? Oder vielleicht etwas ganz anderem? Charly will es herausfinden. Ist eh viel spannender als nur in diesem Zimmer rumzusitzen, das noch nichtmal ein Fenster hat, nur eine, mit ihrem dauerhaften Surren, Wahnsinn verbreitende Klimaanlage.
Charly erhebt sich von dem Sofa, von dem er geglaubt hatte heute bereits daran fest gewachsen zu sein und geht aus dem Hinterzimmer. Sein Onkel ist nicht da. Glück gehabt. Wahrscheinlich wieder auf Visite oder sonst wo. Im Moment ist das Charly auch egal. Er sucht einen Schlüssel. Immerhin braucht er denn, wenn er alles in diesem Gebäude erkunden will.
Noch einmal schaut er sich um, horcht, das auch keiner kommt, dann durchsucht er den Schreibtisch seines Onkels. Zieht Schublade für Schublade auf. Und dann, in der letzten, gerade als er die Suche aufgeben wollte, findet er einen Schlüsselring mit gefühlt hundert Schlüsseln daran. Breit grinsend nimmt er ihn raus und steckt ihn ein.

Bedingungslos  (Joker ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt