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Hitze schlug mir entgegen, meine Finger glühten, als ob ich sie über ein Feuer ausgestreckt hätte. Die Kälte und der Luftzug klangen mit jeder Sekunde, in der ich dieses Buch hielt, ab, zurück blieb eine sanfte Wärme die mich umschloss.
Die erste Seite zierte ein, vermutlich lateinischer Spruch, den ich beim besten Willen nicht identifizieren konnte. Zaghaft blätterte ich um, komische, verworrene Zeichen wurden auf dieser Seite sichtbar. Louis hatte Recht. Das gesamte Buch bestand anscheinend nur aus solchem Gekritzelt. Aber was bedeutete es? War das eine Art Geheimalphabet?
Über jedem Zeichen stand der Wochentag und das passende Datum, insgesamt sieben gezeichnete Symbole waren auf einer Seite. Warum kritzelte man jede Nacht so etwas in ein Buch? Es hatte keinerlei Bedeutung, zumindestens nicht für mich. Aber für irgendetwas müssen diese Zeichen stehen, oder?
Während ich auf die bemalten Seiten starrte und versuchte, etwas davon entziffern zu können, veränderte sich plötzlich die Welt um mich herum. Alles verschwamm, die Regale verschwanden, Bäume ragten stattdessen in den Himmel. Kalter Wind blies mir ins Gesicht und dicke Regentropfen brasselten auf mich nieder. Der Himmel war pechschwarz, Donnergrollen erfüllte den düsteren Wald, in dem ich mich befand. Was zum...?

"Nein! Hilfe!", hörte ich jemanden verzweifelt schreien, als eine junge Frau an mir vorbei rannte. Ihre Haare klebten an ihrem Rücken, das schwarze T-Shirt war komplett durchnässt.
Sekunden später huschte eine weitere Gestalt an mir vorbei, sie war schwarz und nicht mehr als ein Schatten.
Mein Herz pochte wie verrückt, mir viel es immer schwerer das Buch in den Händen zu halten, so sehr zitterte.
Die Bäume rasten an mir vorbei, als ob ich selbst laufen würde, als die Frau plötzlich stürzte und zu Boden fiel. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sahen mich direkt an. Verzweifelt versuchte sie aufzustehen, als der Schatten sich auf sie stürzte und ihre Kleidung mit seinen Klauen zeriss.

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"Genevieve? Mrs. Verblanc? Geht es Ihnen gut?", jemand berührte sanft meine Hand und riss mich aus diesem Alptraum heraus. Mein Herz raste wie verrückt, meine Beine hatten Mühe mich noch zu tragen.
"Ja. Was...ist passiert?",murmelte ich verwirrt, Mrs. Sperk stützte mich ab und half mir zu der grünen Couch.
"Das wüsste ich auch gerne. Hat Sie das Buch so in Extase versetzt, dass Sie umkippen?", ein Lächeln breitete sich auf Ihren dünnen Lippen aus, "Ich hole Ihnen mal ein Glas Wasser."

Was war das? Wer war diese Frau? Und warum wurde sie von einem Monster verfolgt? Diese Symbole...sie haben mir diesen Traum gezeigt, wie eine DVD, die man in den DVD-Player steckt. Aber war das überhaupt möglich?

"Hier.", Mrs. Sperk kam mit einem großen Glas Wasser auf mich zu und reichte es mir.

"Danke. Mrs Sperk? Ich würde Ihnen dieses Buch gerne Abkaufen.", zögernd nahm ich einen Schluck. Ich musste unbedingt mehr über diese Buch erfahren, jetzt, wo ich es öffnen konnte.

"Das ist doch das Buch, was so komische Zeichen hat, oder?"

"Ja."

"Nun gut, es hat nicht wirklich einen Wert für mich. Ich denke ich habe hinten im Lager noch ein ähnliches Buch, es aber älter als dieses."

"Von wem haben sie die?"

"Ein Mann hat sie hier abgegeben, das ist aber schon eine Weile her."

"Oh,...ich danke Ihnen jedenfalls. Kann ich die Bücher holen?"

"Bleiben Sie erst einmal sitzen, Genevieve. Ich hole Ihnen alles, Ihre Schicht ist sowieso schon vorbei."

Langsam erholte ich mich von dem Ereignis, dass sich noch vor kurzem vor meinen Augen abgespielt hatte. Konnte das jemand anderes auch sehen? Oder nur ich?
Fragen um Fragen schwirrten in meinen Kopf herum, ich fand einfach keine richtige Lösung für das Ganze.

Als Mrs.Sperk wenige Minuten später mit dem zweiten Buch zurück kam, reichte sie mir einen kleinen Zettel: "Ein kleiner Junge hat ihn heute abgegeben."

"Ehm, danke.", ich nahm beides entgegen und öffnete den Zettel.

"Wenn du das Buch geöffnet hast, ruf bei Mama an! - Louis"

Ich musste grinsen. Dieser Junge war klüger als manch Erwachsener.

Das Mädchen, das durch die Träume wandelte.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt