Kapitel 01

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Nr 1 Party-Anthem by Arctic Monkeys

Erstmal kleines Vorwort von mir. Ich habe mir noch nie so viel Mühe für eine Story gegeben, das merke ich auch daran, dass die Kapitel so rund 3000 Wörter haben. Als richtiges Buch würden hierbei über 500 Seiten rauskommen.
Ich hoffe, es gefällt euch, und eigentlich will ich so viel sagen, aber ich bin so aufgeregt, weil ich so lange nichts hochgeladen habe, mir fehlen ein wenig die Worte.

Ich stehe auf der großen Terrasse hinter unserem noch größeren Haus auf einem abnormal großen Grundstück. In dieser Welt wirkt alles viel zu groß, die Häuser, die Partys, die Zahlen auf den Bankkonten all unserer sogenannten „Freunde". Ich dagegen fühle mich winzig, erdrückt von all den Superlativen, die mich umgeben und habe das Gefühl, zwischen den vielen Menschen, die sich um mich drängen, unterzugehen. Von allen Seiten bekomme ich Glückwünsche zugesprochen, dabei bemerke ich nicht einmal, zu welchem Gesicht die jeweiligen Worte gehören, das ist auch nicht von Nöten, da es nichts als leere Phrasen sind. Sie kennen mich genauso wenig wie ich sie und sind wohl am wenigsten deshalb hergekommen, weil sie mich feiern wollen. Es sind viel weniger meine Gäste als die meiner Eltern, alle sind wie sie einflussreiche oder wohlhabende Leute, Geschäftskollegen oder solche, die es werden sollen, Nachbarn, die Freunde der Nachbarn, mit denen man in Kontakt treten will und ein kleiner, scheinbar unbedeutender Teil besteht aus meiner Familie und meinen wahren Freunden. Jeder, der Rang und Namen besitzt, mit dem man das gute Ansehen aufrechterhalten kann, ist hergekommen.
Ich habe selber noch nichts von dieser Party zu meinen Ehren gesehen und komme auch gar nicht dazu, solange ich mich einem falsch lächelnden Pärchen nach dem anderen zuwenden muss. Mehr als die Hälfte der geladenen Gäste sind mir völlig fremd oder nur vom kurzen Sehen her bekannt, doch kaum einer steht mir nahe, aber ich bin mittlerweile geübt darin, so zu tun, als würde es mich ebenfalls freuen, ihre Bekanntschaft zu machen wie sie meine. Solche Veranstaltungen sind nichts weiter als ein reines Schauspiel, jeder schlüpft in eine Rolle, die von ihm erwartet wird, die ihm einen Vorteil verschafft. Mir geht es nicht anders, auch ich habe eine Maske aufgesetzt, eine Maske, die ich bald nicht mehr ablegen kann, wenn das mein Leben lang so weitergeht wie bisher. Wer die ganze Zeit in einer Rolle gefangen ist, die nicht seiner wahren Natur entspricht, verliert irgendwann aus den Augen, wer er wirklich ist. Und so stehe ich hier, lasse das alles über mich ergehen und frage mich gleichzeitig, was daran schon so schlimm sein kann. Was würde ich ohne die ganze Aufmerksamkeit, das viele Geld und mein ansonsten recht unbeschwertes Leben machen? Was würde ich sonst mit meiner Zeit anfangen? Das Einzige, mit dem ich mich in letzter Zeit ausgiebig auseinandergesetzt habe, ist das Lernen. Wenn man mich fragt, kann ich im Schlaf die Proteinbiosynthese in Rekordzeit herunterbeten, doch ich kann nicht einmal sagen, was ich mit meiner Zukunft anstellen will. Die Zukunft, darum muss ich mir nun mehr denn je Gedanken machen. Ich habe mein Abitur bestanden und das als Jahrgangsbeste mit einem makellosen Durchschnitt von 1,0. Genau deshalb findet diese Feier auch statt, sozusagen als eigener Abschlussball.
Doch für welche der vielen Türen, die alle für mich offen stehen, ich mich entscheiden soll, weiß ich noch nicht. Studieren, das ist todsicher, etwas Seriöses wie Medizin, Jura oder BWL. Alles andere wäre sinnlos und eine Verschwendung bei so einem Durchschnitt. Der Meinung sind zumindest meine Eltern, aber was sollte ich auch sonst tun? Japanologie studieren? Wohl sehr unwahrscheinlich. Ich werde mich in den nächsten Wochen wohl oder übel entscheiden müssen, um noch eine Chance auf einen Studiengang mit Zulassungsbeschränkung zu haben. Wie unerträglich oft ich heute die Frage nach meinen Plänen für die nächste Zeit wohl beantworten muss, will ich mir gar nicht vorstellen und alle werden sie dieselben verständnislosen Gesichtsausdrücke zeigen. Für die meisten ist es eigentlich selbstverständlich, dass ich genauso wie meine Eltern Anwältin werde und vermutlich wird es auch darauf hinauslaufen, obwohl ich nicht einmal sagen kann, ob mich Jura so sehr interessiert. So wirklich kam ich nie dazu, herauszufinden, was mir gefällt, wird mir jetzt erstmal bewusst. Wie immer werden mir die Gedanken um meine Zukunft zu beängstigend, also schiebe ich sie so weit von mir wie möglich.
Ich gebe mir größte Mühe, mit meinen hohen Absätzen nicht hinzufallen, während ich die Stufen unserer Terrasse hinunter auf den Rasen gehe. Dabei habe ich Hackenschuhe bei meiner Größe von 1,75 Metern gar nicht nötig, aber meine Großmutter hat schon immer darauf bestanden, aus mir eine ordentliche Dame zu machen, da seien solche Schuhe wohl unbedingt notwendig. Ich halte hoffnungsvoll Ausschau nach Max, den ich schnell entdecke und wie nicht anders zu erwarten, ist er umgeben von Männern in Anzügen, die wahrscheinlich maßangefertigt sind. Sie diskutieren angeregt miteinander, sein Vater, der Teil der Runde ist, nickt ihm immer mal stolz zu. Vermutlich geht es um Politik, bei ihm geht es immer um Politik oder Wirtschaft, schließlich träumt er seit Jahren von einer steilen Karriere als erfolgreicher Politiker. Als er mich sieht, unterbricht er das Gespräch sofort und kommt lächelnd auf mich zu.
"Da ist ja der Star des Abends!" Max umfasst meine Taille und drückt mir zwei sanfte Küsse auf die Wangen, dann entfernt er sich wieder einen Schritt von mir. Wir küssen uns nie in der Öffentlichkeit auf den Mund, das gehört sich einfach nicht.
"Du siehst heute wirklich bezaubernd aus." Damit liegt er nicht falsch, ich würde mich selber als ganz hübsch bezeichnen und dazu stehe ich auch. Die Korallenfarbe meines kurzen Neckholderkleides bringt meinen dunklen Teint perfekt zur Geltung und die dezente Schminke betont meine grünen Augen, die sowieso immer strahlen, sodass sie sofort auffallen, wenn man mir ins Gesicht sieht. Dieses wird umspielt von zwei kürzeren Haarsträhnen, der Rest meines pechschwarzen Haares ist ordentlich zu einem Kranz verflochten. Ja, ich sehe gut aus, sonst wäre ich wohl kaum das Mädchen an meiner Schule gewesen, das jeder beneidet hat. Ich bin klug, hübsch und in der richtigen Familie mit dem richtigen Geld aufgewachsen. Ich streite nicht ab, dass sich das eingebildet anhört, doch bin ich mein ganzes Leben mit dem Gedanken aufwachsen, dass ich besser sein muss als alle anderen, in jeder Beziehung und darauf habe ich mein Leben ausgerichtet, so falsch sich das auch manchmal anfühlt. Meine Eltern und meine Großmutter haben immer sehr viel Wert darauf gelegt, wie ich mich verhalte, wie ich unter die Leute gehe und wie über mich geredet wird, um zu erreichen, was ich jetzt bin. Das Mädchen, das jeder als Schwiegertochter haben will, die an jeder Universität der Welt studieren könnte und die alles allein durch einen Wimpernschlag haben kann, wenn sie es will. Das klingt nicht gerade nach einem Leben, über das ich mich beschweren sollte. Im Grunde muss ich das auch nicht, nur ist es nicht immer einfach, mit diesem Druck, der auf meinen Schultern lastet, sich nicht manchmal zu fragen, ob es sich lohnt, dafür auf manches zu verzichten, was jedes andere Mädchen in meinem Alter tut. Doch oft rufe ich mir ins Gedächtnis, dass ich es viel schlechter haben könnte, in genügend Teilen der Welt sterben schließlich tagtäglich Kinder durch Hunger.
"Worüber denkst du nach?", unterbricht Max meine Gedanken.
"Ich habe nur überlegt, was ich mit meiner Zukunft anstellen soll. Das ist wohl der große Nachteil, wenn man in nahezu allem perfekt ist, man hat die Qual der Wahl.", antworte ich theatralisch, als wäre es wirklich die größte Qual, die man erleiden könnte.
"Mein Fachbereich freut sich über jeden Bewerber", grinst er und ich weiß, dass er sich tatsächlich freuen würde, wenn ich mich für dasselbe wie er entscheide, aber eine Zukunft in der Politik sehe ich für mich nicht. Ich interessiere mich durchaus für das Weltgeschehen und bin gut darin, über Politik zu diskutieren, allerdings würde es mich mit der Zeit langweilen. Max ist im schon im zweiten Jahr Politikwissenschaft und blüht darin wirklich auf. Ich hoffe, dass ich ebenso etwas finden kann, was bei mir solch eine Euphorie auslöst, obwohl diese Hoffnung verschwindend gering ist. Manchmal habe ich das Gefühl, Max wäre lieber mit seinem Studium als mit mir beschäftigt, allerdings maße ich mir nicht an, ihn dafür zu verurteilen, schließlich macht nicht jeder mit solch einer Energie etwas aus seinem Leben. Bevor wir unser Gespräch fortsetzen können, kommt mein Vater auf uns zu.
"Maxim, ich muss dich unbedingt jemandem vorstellen." Mein Vater liebt Max wie einen eigenen Sohn. Manchmal denke ich schon fast, er liebt ihn mehr als mich, denn wenn wir zusammen sind, liegt seine ganze Aufmerksamkeit nur auf ihm. Mich stört das eher weniger, viel mehr bin ich froh, einen Freund zu haben, mit dem meine Eltern einverstanden sind, den sie sogar vergöttern. Das ist bei ihren hohen Ansprüchen gar nicht so einfach, Max ist allerdings einfach perfekt.
"Sehr gerne doch, Erik." Ich hake mich bei Max unter, bevor wir meinem Vater folgen. Er bringt uns zu einer kleinen Gruppe von Männern und Frauen, die alle gespannt einem dickeren, glatzköpfigen Mann lauschen und gleich darauf ins Kichern verfallen, über einen Witz, den ich nicht gehört habe, von dem ich jedoch bezweifle, dass er so zum Totlachen war.
"Guten Abend Paul, darf ich dir meinen Schwiegersohn in Spe vorstellen? Maxim, das ist Paul, Mitglied des Europäischen Rates und ich dachte, ihr hättet euch vielleicht eine Menge zu erzählen."
Ich sehe, wie seine Augen anfangen zu strahlen. Sein größtes Ziel ist es ebenfalls, eines Tages im Europäischen Parlament zu arbeiten. Ich bin meinem Vater dankbar, dass er Max diese Möglichkeit verschafft und weiß zu schätzen, welche Möglichkeiten auch ich dank seiner guten Kontakte haben werde.
"Und diese wunderschöne Dame an seiner Seite ist meine Tochter Victoria, wie du heute sicherlich schon mitbekommen hast." Der dickbäuchige Mann lässt seine Augen von Max zu mir schweifen und blickt mir kritisch in die Augen. Die meisten Männer, aus diesem Bekanntenkreis meines Vaters, die ich kenne, halten nicht viel von Frauen und schon gar nicht von erfolgreichen, doch sein Blick wird nach einer Sekunde weich und er reicht mir lächelnd seine Hand.
"Und Victoria, verschlägt es auch Sie in die Politik?", richtet er das Wort an mich.
"Nein, diesen Bereich überlasse ich lieber Maxim. Ich denke, darin ist er sowieso wesentlich begabter als ich", beantworte ich Pauls Frage, auch wenn das vielleicht nicht ganz der Wahrheit entspricht, doch diese Männer haben es gerne, wenn man sich selber unterschätzt, so ist eine Frau am ungefährlichsten. Es schadet Max letztlich auch nicht, wenn ich Max bei solch einem Gespräch lobe und mich im Hintergrund halte.
"Wenn Erik dich mir vorschlägt, dann muss in Ihrem Kopf ja so einiges stecken, denn so einfach ist er nicht zu überzeugen. Erzählen Sie mir ein wenig von sich und was Sie im Leben erreichen möchten, Maxim."
An dieser Stelle werde ich wohl nicht länger gebraucht, deshalb drücke ich seinen Arm, damit er mich ansieht. Mit einem Nicken gibt er mir zu verstehen, dass ich gehen kann. Somit lasse ich die beiden Männer allein und wünsche Max in Gedanken Glück, welches er gar nicht nötig hat, da er wirklich jeden von sich überzeugen kann. Es bestärkt genauso mein Selbstbewusstsein, zu wissen, dass ich jemanden an meiner Seite habe, der es mal weit bringen wird.
Allein spaziere ich über das Grundstück, begleitet von klassischer Musik, zu der natürlich niemand tanzt, immerhin sind alle in hochgradig wichtige Gespräche vertieft. Eine Kellnerin mit einem Tablett voller Champagner kommt mir entgegen und bietet mir ein Glas an, das ich sofort ablehne. Ich trinke keinen Alkohol, nie und nimmer, nicht einmal ein Gläschen Sekt. Ich mag nicht, was der Alkohol mit einem anstellen kann. Man verliert die Kontrolle über sich selbst und Selbstbeherrschung ist mir äußerst wichtig. Ich habe oft genug von anderen gehört, was ihnen im Alkoholrausch passiert ist, sowas kann ich mir niemals erlauben.
"Und Liebes, amüsierst du dich gut?", fragt meine Mutter, als ich fast an ihr vorbeilaufe, weil sie von zwei anderen Menschen verdeckt wurde. Ich glaube, dass es sich dabei um zwei ihrer Arbeitskollegen handelt. Ich setze ein fröhliches Lächeln auf und tue so, als könnte ich gar nicht glücklicher sein, um ihre Erwartung zu erfüllen.
"Aber natürlich, es ist eine wundervolle Feier." Sie nickt mir anerkennend zu, weil ich das Richtige gesagt habe. Vermutlich merkt sie, dass ich mich in Wahrheit ziemlich langweile, aber es war auch nicht das Ziel dieser Veranstaltung, dass ich den Spaß meines Lebens haben werde. Aus reiner Höflichkeit schüttele ich den Kollegen meiner Mutter die Hand und stelle mich vor, was vermutlich längst überflüssig ist, doch ich will nicht als schlecht erzogen rüberkommen. Damit würde ich nicht nur mich, sondern auch meine Mutter hochgradig blamieren. Wenigstens wollen sie mich in kein Gespräch verwickeln, also kann ich weiterziehen, mit der Entschuldigung, dass ich noch ein paar andere Gäste begrüßen möchte.
Je mehr Zeit vergeht, desto weniger weiß ich, damit anzufangen. Ich war nie ein Fan von den Partys, welche die Oberstufe meiner Schule immer veranstaltet hat. Die Musik war furchtbar, es wurde zu viel getrunken und durch den vielen Alkohol kam es zu der ein oder anderen unangenehmen Situation, auf die ich immer gut verzichten konnte. Allerdings macht mir das hier genauso wenig Spaß. Ich kann gar nicht sagen, ob mir überhaupt irgendeine Art von Feier gefällt, dazu habe ich zu wenige Erfahrungen, die ich aber auch nicht nachholen muss. Es ist alles okay so, wie es ist, schließlich lässt es sich auch so leben.
Ich stelle mich auf die Terrasse, um von der Anhöhe alles zu beobachten. Ich entdecke Max, wie er lacht, wegen etwas, das dieser Paul eben gesagt hat. Sie scheinen sich bestens zu verstehen. Max sieht so wahnsinnig elegant aus, wenn er lacht, das können nicht viele. Es gibt wohl kaum eine Situation, in der er nicht wie der perfekte Gentleman rüberkommt. Ich habe ihn noch nie in etwas anderem als einem Hemd oder einem Polo-Shirt gesehen. Er kleidet sich sehr klassisch, das finde ich allerdings keinesfalls unattraktiv. Die Männer in meinem Umfeld hatten immer alle genau den gleichen Stil, ich kenne es kaum anders, bis auf ein paar seltene Ausnahmen von meiner Privatschule, obwohl es dort eine Art ungeschriebenen Dresscode gab.
Ich fahre zusammen und es entringt sich mir ein kurzer Schrei, als mich jemand in die Taille piekst. Ich war so vertieft in meine Beobachtungen, dass ich nicht bemerkt habe, dass sich jemand an mich herangeschlichen hat. Als ich mich umdrehe, sehe ich, dass es sich bei dem Übeltäter um niemand geringeren handelt als Lucy. Lucy ist meine beste Freundin seit der fünften Klasse, obwohl ich nicht einmal weiß, was ausgerechnet uns miteinander verbindet. Ich liebe sie zwar wie eine Schwester, doch sie ist so anders als ich. Das Wort rebellisch trifft es wohl am ehesten, ein Grund, weshalb sie bei meinen Eltern nicht sonderlich beliebt ist und warum sie auf unserer Schule eher ein Außenseiter war. Wir wurden immer seltsam beäugt, wenn wir zusammen durch die Flure gelaufen sind. Ihr Kleid spiegelt das perfekt wieder. Der Ausschnitt am Rücken geht so tief, dass er erst kurz vor dem Po stoppt. Vorne kommen ihre Brüste durch einen ebenfalls tiefen Ausschnitt perfekt zur Geltung. Sie versteckt sich definitiv nicht unter zu viel Stoff, so kurz und eng dieses Kleid ist. Lucy liebt es, zu provozieren, sie passt einfach nicht in die Welt, in die sie geboren wurde, hinein. Wenn ich sie so sehe, würde sie viel eher auf eine Rocker-Party passen.
"Also Hase, ich bin hier, um dich rauszuholen und zu entführen, damit wir richtig feiern können." Ich starre sie mit großen Augen an und kann nicht verarbeiten, was sie gerade von sich gegeben hat.
"Bist du verrückt? Ich kann doch hier nicht einfach abhauen", fahre ich sie an, versuche jedoch, meine Stimme zu beherrschen und nicht zu schreien. So eine dumme Idee ist selbst Lucy noch nie in den Kopf gekommen.
"Natürlich kannst du das. Man sieht dir aus einem Kilometer Entfernung an, wie sehr du dich langweilst, dabei hast du es verdient, mal richtig die Sau rauszulassen. Sowas hier kannst du auch mit 50 noch erleben." Scheinbar kennt sie mich nach all den Jahren doch nicht so gut, wie ich immer gedacht habe. Nie im Leben würde ich mich auf den Partys rumtreiben, die sie so gern besucht.
"Komm schon, Vic, vertrau mir doch einmal. Die Party hier hat erst angefangen und du stirbst schon jetzt vor Langeweile. Du bist noch so jung, willst du dich nicht einmal in deinem Leben amüsieren? Was soll denn schon großartig passieren? Sei doch keine Spaßbremse und trau dich mal was!", fordert mich Lucy heraus, doch damit stößt sie bei mir auf Granit.
"Ich bin keine Spaßbremse!", verteidige ich mich und werfe einen Blick zurück zu den Gästen. Immer noch stehen sie nur steif da und unterhalten sich. Natürlich ist das hier nicht meine große Erfüllung, aber was soll ich denn sonst machen? Es ist nun mal mein Leben. Mein Verschwinden würde außerdem sofort auffallen, ich kann nicht einfach so ohne Erklärung gehen, selbst wenn ich wollte.
"Und was soll ich meinen Eltern deiner Meinung nach sagen?" Auf ihrem Gesicht breitet sich ein Grinsen aus, weil sie sich einbildet, mich überredet zu haben.
"Lass das mal mein Problem sein. Warte kurz hier, bin gleich zurück!" Schon ist sie verschwunden und ich komme gar nicht mehr dazu, sie davon abzuhalten. Wann habe ich denn zugesagt? In weniger als fünf Minuten ist sie wieder zurück.
"Wir können gehen." Ich sehe sie ungläubig an.
"Was hast du ihnen gesagt?" Nie im Leben würden mich meine Eltern einfach so zum Feiern rauslassen, schon gar nicht an solch einem wichtigen Abend. Sie würden mich ewig ausfragen, was plötzlich mit mir los sei.
"Ich kann eben sehr überzeugend sein. Aber eine Sache gibt es da noch, bevor wir abhauen. Da, wo wir hingehen, kannst du definitiv nicht in diesem Look aufkreuzen. Du siehst aus wie die heilige Jungfrau persönlich." Sie zerrt mich mit sich, ohne dass ich ein Wort mitreden kann. Ich will mir gar nicht vorstellen, was mich dank ihres grandiosen Planes erwarten wird.

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