"Hallo Schatz!", kaum hatte ich die Tür zur Wohnung geöffnet, kam mir auch schon meine Mutter entgegen und umarmte mich. "Na, wie war dein schultag?" "Gut, wie immer", log ich. "Und was habt ihr so gemacht?" "Nix!" "Na gut, okay! Ich muss übrigends heute Abend wieder weg."
War ja klar, meine Mutter war fast jeden Abend weg. Ich war es ja nicht anders gewohnt. Ich war wirklich fast immer alleine zuhause. Aber ich habe immer gesagt, dass es mir nichts aus macht, damit Mama auch mal ihren Spaß hatte, denn sie hatte wirklich viel zu tun und war oft genervt. "Ja, ist okay!" "Wirklich?" "Ja, ist alles gut." Die immer wieder kehrende gleiche Frage und die immer glriche Antwort darauf. Naja, was sollte sie machen, einfach annehmen das es mir nichts ausmacht? Nein, das konnte sie nicht.
Also zog sich meine Mutter auch schon wieder an, gab mir ein kuss auf die Stirn und ging aus der Tür hinaus.
Ich hörte das Auto, wie sie wegfuhr. Sofort lief ich in die Küche und holte das große scharfe Küchenmesser aus einer Schublade. Ich zögerte und dachte nach.
Wenn du so weiter machst, kannst du deine Narben bald nicht mehr verstecken, meldete sich meine innere Stimme.
Ist doch egal, dann sehen sie es eben. Meine Mutter weiß es doch schon, aber es interessiert sie nicht, ich glaube sie denkt nicht das ich es ernst meine.
Hallo? Was denkst du da eigentlich Franzi? Sie macht sich große Sorgen um dich, sie weiß wahrscheinlich nur nicht wie sie damit umgehen soll!
Ja, stimmt. Wie konnte ich sowas denken. Immerhin tat meine Mutter alles erdenkliche für mich.
Ach ist doch egal, ich schob meinen Pulli hoch und sofort kamem meine, vielleicht zwei Tage alten Narben zum vorschein. Ich schämte mich für sie, aber trotzdem machte ich weiter. Ich setzte das Messer an meine trockene Haut. Ich schnitt einmal, zweimal, dreimal..
es tat so gut. Wenn ich mich ritzte fühlte ich für einen Moment nur den äußeren Schmerz und nicht den inneren. Für einen Moment konnte ich alles vergessen und in diesem Moment gab es nur das Messer und mich.
Doch nachdem der äußere Schmerz verflogen war, kam die innere Zerrissenheit und Leere in mir wieder.
In dieser Nacht hatte ich wieder nicht geschlafen, als meine Mutter um elf Uhr nachhause kam lag ich immer noch wach in meinem Bett. Ich hörte wie sie noch in der Küche ein bisschen rumwuschtelte, dann einen leisen Türknall und danach, stille. Ich lag noch gefühlte Ewigkeiten einfach so da und starrte an die Decke, bis ich irgendwann einschlief.