Fragen über Fragen

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Meine Kameraden und ich zogen uns gerade von unserer letzten Mission zurück. Wir hatten unsere Aufgabe, die heilige Schriftrolle zurückzuholen, erfolgreich ausgeführt. Jetzt mussten wir nur noch unseren Verfolgern aus Tinigakure entkommen. Das schien aber auch kein großes Problem zu sein, da wir bereits drei von ihnen außer Gefecht gesetzt hatten. Bei deren Fähigkeiten war das aber auch nicht schwer... Trotzdem verfolgte uns anscheinend immer noch eine Person. Sie war vermutlich der Anführer des Teams, hielt sich aber noch im Hintergrund.
Wir kamen weiterhin gut voran und hatten bereits ein Dreiviertel der Strecke von Tini bis Konoha geschafft. Als Teamführer unserer Gruppe begann ich langsam mich zu wundern, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein kleines Mädchen vor uns stand. Sie war etwas jünger als ich, vielleicht 12 oder 13 Jahre. Ihre dunkelblauen Haare hatte sie in einem hohen Zopf zusammengebunden. Ein viel zu langer, dichter Pony verdeckte ihre komplette Stirn und das rechte Auge. Auf der linken Seite hatte sie ebenfalls eine lange Strähne lose gelassen. Ihr Kleidungsstil war ungewöhnlich: Normale weiße Hotpants und ein hellgelbes T-Shirt. Um die Hüfte hatte sie ein hellblau gemustertes Tuch gebunden, welches bis zu ihrem Knöchel herunterhing und sie im Kampf eigentlich stark behindern müsste. Ein edler, weißer Gürtel mit einer wertvoll aussehenden Schnalle hing locker um ihre Taille. Sie schien keine Taschen, in denen sie Waffen hätte aufbewahren können, bei sich zu haben. Trotzdem hielt sie zwei Kunai in den Händen. Ihre Haltung wirkte verzweifelt, ihre Augen waren Angsterfüllt. Sie schien am ganzen Körper zu zittern und es sah so aus, als ob dieses kleine, unschuldige Mädchen jeden Moment zusammenbrechen würde. Das sollte also die große Anführerin sein, vor der uns ihre Kameraden gewarnt hatten? Es fiel mir schon schwer zu glauben, dass sie überhaupt kämpfen konnte... Aber irgendwas an ihr war seltsam. Irgendetwas passte nicht...
Ich warf einem meiner Partner die Schriftrolle zu und befahl ihnen schon mal vorzugehen. Mit diesem Kind würde ich schon alleine fertig werden. Dachte ich zumindest... Ich griff das Mädchen an um sie von meinen Freunden abzulenken, aber sie wich jeder meiner Attacken geschickt aus. Wie konnte das sein? Eben konnte sie sich kaum auf den Beinen halten und jetzt entging sie plötzlich mühelos jedem meiner Angriffe. Sie schaffte es sogar zu kontern und mich einige Male leicht zu treffen. Nach wenigen Minuten standen wir uns schwer atmend in einigen Metern Abstand gegenüber. Ich entschied mich für den weiteren Kampf mein Sharingan einzusetzen. So konnte ich ihre Techniken wenigstens analysieren und gegebenenfalls sogar kopieren. Vielleicht gelang es mir ja auch, sie damit zu verwirren.
Dieses Mal überließ ich ihr den ersten Schritt. Ich wollte unbedingt wissen, was sie machen würde. Meine Gegnerin schaute mich starr an. Seitdem sie ihre verängstigte Maskerade abgelegt hatte, schien sie keine einzige Miene verzogen zu haben. Nachdem wir uns beide eine Weile regungslos angestarrt hatten, formte sie plötzlich ein Fingerzeichen: Tiger. Mit meinem Sharingan konnte ich ihre Bewegungen zeitgleich nachahmen. Während ich noch überlegte, was sie damit bezwecken wollte, bemerkte ich, dass sich an ihren Fingerspitzen langsam eine rotierende Chakrakugel bildete. Irgendwie ähnelte sie dem Rasengan meines Senseis. Ich verfolgte jede ihrer Bewegungen und beobachtete genau, wie sie ihr Chakra konzentrierte. Dieses Jutsu hatte ich noch nie gesehen und ich hatte keinen Schimmer, wie es funktionierte. Trotzdem war es auch mir möglich es anzuwenden. Langsam hob die Kunoichi ihre Arme. Auf Augenhöhe hielt sie inne. Eine seltsame Energie ging nun von ihr aus. Ihr Pony begann sich zu lichten und auf ihrer Stirn wurde ein Zeichen, das einem Auge ähnelte, sichtbar. Die Chakrakugel änderte ihre Farbe plötzlich in ein dunkles Lila. Nun ging alles so schnell, dass ich es kaum bemerkte. Das Mädchen vollführte ihre Bewegung in einer atemberaubenden Geschwindigkeit. Das Chakra löste sich und flog nun wie eine Kanonenkugel auf mich zu. Ich war vollkommen erstarrt und konnte mich nicht rühren. Zum Glück hatte ich das Jutsu zur Hälfte kopiert und meine Chakrakugel fing einen Großteil der Kraft des Angriffs ab. Trotzdem schleuderte es mich mit voller Wucht gegen einen Felsen hinter mir. Als ich mich wieder gefasst hatte, bemerkte ich, dass meine Gegnerin in sich zusammengesackt war. Dieser Angriff musste sie Unmengen an Energie gekostet haben. Als ich mich ihr nährte, versuchte sie aufzustehen, brach aber gleich wieder zusammen. Kurzerhand band ich ihre Hände und Füße fest, legte sie mir über die Schulter und machte mich auf den Weg nach Konoha.
Daheim angekommen war mein erstes Ziel die Residenz des Hokage. Ich musste meinem Sensei unbedingt berichten, was passiert war. Auf der Straße warfen mir mehrere Leute verwunderte Blicke hinterher. Einige Gleichaltrige riefen mir lachend Bemerkung wie, „Oh, Kakashi. Hast wohl deine zukünftige Braut gefangen, was?", entgegen. Ich ignorierte sie einfach und setzte meinen Weg fort.
Bei Minato angekommen lieferte ich zuerst den Bericht über die Mission ab und erkundigte mich, ob mein Team die Schriftrolle sicher zurückgebracht hatte. Danach fing ich an von dem Kampf mit der unbekannten Kunoichi, welche ich derweil auf ein Sofa in Minatos Büro gebettet hatte, zu erzählen. Als ich fertig war, schaute mich Minato fragend an. Ihm waren die Jutsus und Techniken anscheinend auch nicht bekannt. Nach einer längeren Pause fragte er mich: „Wie heißt das Mädchen eigentlich? Hat sie irgendetwas von sich oder ihrem Dorf erzählt?" Ich überlegte angestrengt und kam zu der Erkenntnis, dass wir während des gesamten Kampfes kein einziges Wort gewechselt hatten.
Der Yondaime Hokage musterte die Fremde immer wieder. Schließlich fragte er, „Du hast nicht zufällig eine Ahnung, welche Bedeutung der Gürtel hat?" Ich überlegte kurz. „Darüber habe ich bis jetzt noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht hat er ja auch keine besondere Bedeutung und ist einfach nur ein Accessoire. Ich meine chic sieht er ja aus..." Mein Sensei widersprach mir. „Ich weiß nicht genau warum, aber ich bin mir sicher, dass er eine Bedeutung hat." Minato ging zu dem, immer noch bewusstlosen Mädchen. Er wollte den Gürtel genauer betrachten. Als er ihn aber berührte, entlud sich eine mächtige Energie. Minato wurde zurückgeschleudert. Das Mädchen richtete sich auf und formte ein, mir unbekanntes, Fingerzeichen vor ihrem Gürtel. Zwischen ihren Händen entstand eine riesige Chakraansammlung, welche sie mit voller Kraft auf uns schleuderte. Sensei Minato konnte den Angriff gerade noch einmal umlenken. Die Decke des Büros wurde komplett zerfetzt. Die junge Kunoichi sprang mit eleganten Bewegungen auf das Dach der Residenz.
Dort machte sie in mitten der Trümmer und von dem aufgewirbelten Staub umgeben einen mächtigen, aber auch beängstigenden Eindruck. Ich wollte gerade hinterher und sie wieder einfangen, als sie in sich zusammensank und vom Dach fiel. Kurz bevor sie auf dem Boden aufkam, konnte ich sie noch fangen.
„Was war denn das? Und warum ist sie sofort wieder in Ohnmacht gefallen, nachdem sie doch gerade erst aufgewacht war?" fragte ich den Hokage mit einem etwas mauligen Unterton. Mein Sensei sah sehr erstaunt und etwas verwirrt drein. „Das war eindeutig ein Angriff... Aber sie war auf keinen Fall bei Bewusstsein. Somit kam die Attacke wahrscheinlich auch nicht von ihr selbst..."
Jetzt war ich endgültig verwirrt. Wie konnte sie die ganze Zeit bewusstlos gewesen sein, wenn sie uns doch gerade angegriffen hatte? Oder besser gesagt, wie konnte sie uns attackieren, wenn sie doch die ganze Zeit bewusstlos war? Wer war sie überhaupt? Woher kam sie? Was hatte es mit dem Gürtel auf sich? Und was mit dem Zeichen auf ihrer Stirn? Warum wurde ihr Chakra plötzlich lila? Was waren das für seltsame Jutsus? Woher nahm sie diese Energie? Und woher die Kraft? Was hatte sie für Geheimnisse? Was war sie nur für ein Mensch? War sie überhaupt ein Mensch? Warum wachte sie nicht endlich auf? Warum hatte sie während des gesamten Kampfes kein Wort gesagt? Warum hatte ich nichts gesagt? Warum fragte ich das eigentlich alles? Warum gab es überhaupt so viele Fragen? Und warum keine Antworten? Meine Gedanken drehten sich nur noch im Kreis. Mein Kopf war voller Verwirrung. So viele Fragen...und keine Antworten!
„...dir nimmst." Der Hokage riss mich aus meinen Gedanken. Immer noch verwirrt schaute ich ihn fragend an. „Äh, wie bitte?" „Wo bist du nur mit deinen Gedanken? Ich habe gesagt: Es wäre wohl das Beste, wenn du sie erst mal mit zu dir nimmst. Also...wenn das für dich okay ist."Ohne nachzudenken antwortete ich: „Hmm,ja. Moment...Nein! Ähh...doch, klar." Damit bestätigte ich eindeutig meine Verwirrung. Minato sah mich fragend an. „Kakashi? Alles okay? Bist du dir sicher?" Ich schüttelte kräftig den Kopf, um die ganzen Gedanken zu verdrängen. Dann nickte ich und blickte meinen Sensei, mehr oder weniger, selbstsicher entgegen.
„Klar...wird schon klappen." Ich schnappte mir die fremde Kunoichi, verabschiedete mich vom Hokage und ging schnellstmöglich nach Hause.



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Hey, das ist das erste Kapitel.
Ich hoffe es gefällt euch.
Eine Fortsetzung wird bald folgen.

Mit freundlichen Grüßen,
Lady_Picasso

Das dritte AugeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt