Rios Sicht:
Bevor ich einschlief ließ ich den vergangenen Tag noch einmal Revue passieren. Es war ein schöner Tag. Ein wunderschöner, denn ich war die ganze Zeit mit Kakashi zusammen. Ich mochte Kakashi. In seiner Nähe fühlte ich mich irgendwie wohl. Seit langem konnte ich mich mal wieder wirklich entspannen und habe Spaß und Freude empfunden. Es war schrecklich, zu wissen, dass ich in einigen Tagen wieder nach Tinigakure zurück musste. Konoha war in diesem einen Tag mehr Zuhause für mich geworden, als Tini in meinem ganzen Leben.
Während ich so über diese Dinge und noch viele andere Sachen nachsann, vielen mir langsam die Augen zu und kurze Zeit späte war ich auch schon im Land der Träume verschwunden.
Wie immer lief ich vor irgendjemanden davon. Wer oder was es war wusste ich nicht. Ich war mir nicht einmal sicher, ob da überhaupt etwas war. Anhalten konnte ich aber auch nicht. Meine Beine und meine Lunge schmerzten höllisch. Mein Herz hämmerte schneller, als ich es je für möglich gehalten hatte. Ich konnte spüren, wie mein Körper nach und nach ertaubte und ich mich vor Müdigkeit nur noch schwerlich bewegen konnte. Trotzdem ließen die Schmerzen nicht nach und ich rannte, wie mechanisch, einfach weiter. Ich lief und lief. Um mich herum war ein finsterer Wald, der immer dichter wurde. Verschiedene Laute von Tieren, das Rascheln von Laub und andere Geräusche ließen die Atmosphere irgendwie gespenstisch und noch gruseliger wirken. Panische Angst stieg langsam in mir auf. Meinen Körper konnte ich nicht mehr kontrollieren, geschweigedenn spüren. Nur der Schmerz blieb. Meine Lunge brannte, mein Mund war trocken, mein Herz hämmerte - Ich konnte einfach nicht mehr. Meine Kondition war am Ende. Ich wollte stehen bleiben, mich fallen lassen, mich ausruhen. Doch ich konnte nicht. Ich rannte weiter. Einfach weiter.
So setzte es sich normalerweise fort. Doch diesmal tauchte plötzlich eine Person vor mir auf. Erkennen konnte ich sie nicht, da ich alles nur noch schemenhaft wahrnahm, aber ich konnte spüren, wie sie nach meiner Hand griff und mich schneller vorwärts zog. Eine angenehm warme Energie durchströmte meinen Körper und gab mir wieder Kraft. Der Schmerz ließ nach, mein Herz und meine Atmung beruhigten sich, ich begann meine Gliedmaßen wieder zu spüren und erlangte die Kontrolle über meinen Körper zurück. Der Wald um uns herum begann sich zu lichten und es drangen erste Sonnenstrahlen durch das Blätterdach, die auf meiner Haut ein angenehmes Prickeln erzeugten. Die Angst war seit unserer ersten Berührung wie weggeblasen und auch das Gefühl, verfolgt zu werden, ließ langsam nach. Um so heller der Wald wurde, um so langsamer liefen mein Retter und ich. Als wir endlich eine Lichtung erreichten, blieben wir endgültig stehen. Ich hörte eine Stimme, die meinen Namen sagte. Langsam klärte sich auch mein Blick und die Person drehte sich um.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich in Kakashis erschrockenes Gesicht. Er beugte sich über mich und versuchte anscheinend mich zu wecken. Aber wer war jetzt die Person aus meinem Traum? Noch bevor ich sie erkennen konnte, war ich bereits aufgewacht und Kakashi hatte mein gesamtes Blickfeld eingenommen. "Äh, guten Morgen", entgegnete mir Kakashi, immer noch verwirrt, durch mein plötzliches, schreckhaftes Erwachen. Ich beruhigte mich wieder, lächelte ihn sanft an und wünschte ihm ebenfalls einen guten Morgen. Kakashi hatte bereits Frühstück gemacht und lud mich nun ein, an dem Tisch platz zu nehmen. Das tat ich auch sofort, denn ich hatte schrecklichen Hunger. Schweigend aßen wir und die Stimmung war drückend. Irgendwann wurde es mir einfach zu viel. "Was machst du heute?", platzte es endlich aus mir heraus. Kakashi schaute mich an und erwiederte dann: "Dir neue Jutsus beibringen." Offensichtlicher konnte meine Freude einfach nicht sein, denn sie war so groß, dass es mir unmöglich war sie zu unterdrücken. Kakashi war auch heute den ganzen Tag bei mir und spielte sogar meinen Lehrer! Um ehrlich zu sein, hatte ich auf genau diese Antwort gehofft.
Einige Zeit später erreichten wir den Trainingsplatz. Kakashi stellte sich mir gegenüber und hielt einen kleinen Zettel direkt vor meine Nase. Zuerst wusste ich nicht so recht, was ich damit anfangen sollte, doch dann forderte er mich auf ihn zu nehmen und Chakra hindurchfließen zu lassen. Das tat ich auch, ohne an mögliche Konsequenzen zu denken. Doch dann wurde das Papier auf einmal triefend nass. Verwirrt schaute ich Kakashi an, der jetzt anfing mir die Funktion des Chakrapapiers zu erklären.
"Aha. Das bedeutet dann wohl, das mein Chakra dem Wasserelement angehört... Und was hat das jetzt wieder zu sagen?", dachte ich laut nach, als Kakashi seine Erläuterung beendete. "Das sagt lediglich aus , welche Jutsus du erlernen kannst. In dem Fall nur Jutsus des Wasserelements." Er erklärte mir noch kurz die Grundlagen und alles Wissenswerte. Dann fuhr er fort und schlug einige Jutsus vor. "Geeignet wäre für dich das Jutsu der wilden Wasserwelle, der Wasserkugel oder der Wassermauer. Eventuell wärst du sogar in der Lage, das Jutsu der Wasserdrachenbombe zu erlernen." Eine Weile überlegte ich noch, aber keines dieser Jutsus sagte mir sonderlich viel. Deshalb fragte ich ihn, welches denn am besten wäre. " Nun ja, das Jutsu der Wasserdrachenbombe ist zwar das stärkste, für den Einstieg in die Ninjutsus aber eher weniger geeignet. Das Jutsu der Wassermauer ist vorwiegend auf Abwehr fixiert. Also bleiben noch das Jutsu der Wasserkugel und das Jutsu der wilden Wasserwelle. An deiner Stelle würde ich mit dem zweiten anfangen.", analysierte er die Angriffe genauer. Kurzerhand entschied ich mich für das Jutsu der wilden Wasserwelle und das Training konnte beginnen.
Es entpuppte sich als ziemlich schwer, mir Ninjutsus beizubringen, zumal ich auch sonst nicht sonderlich begabt in solchen Dingen war. Die Theorie hatte ich zwar begriffen, aber an der Umsetzung haperte es noch. Nach gefühlten tausend Fehlversuchen, startete Kakashi mal wieder einen neuen Anlauf. Diesmal wieder von ganz vorne. "Okay. Zuerst konzentrierst du Chakra in deinem Mund. Dann formst du die Fingerzeichen- Fang erstmal ganz langsam an. Drache...Ochse...Hase...Tiger...genau. Jetzt musst du das gesammelte Chakra ausspucken.", wies Kakashi mich an und ich versuchte alles genau so zu machen. Aber irgendwie funktionierte es nicht so richtig. Wenn überhaupt bekam ich gerade einmal ein paar lasche Schlucke Wasser zu stande, die nicht mal ein Baby beeindruckt hätten. An einen richtigen Angriff war da erst recht nicht zu denken. Kakashi seufzte. Nach fünf Stunden vergeblichem Trainings hatte er wohl endgültig die Nase voll. "Ich würde sagen, wir machen erstmal eine Pause und setzen das Training morgen fort, okay?", schlug er vor und wirkte dabei irgendwie nachdenklich. Ich willigte ein und folgte ihm zurück ins Dorf. Während des gesamten Heimwegs wechselten wir kein einziges Wort. Worüber Kakashi nachsann, wusste ich nicht. Aber ich war einfach nur sauer auf mich selbst. Warum musste ich nur so unfähig sein, dass ich nicht einmal eines dieser Jutsus lernen konnte? Wahrscheinlich war Kakashi ziemlich enttäuscht von mir, da er vermutlich deutlich mehr erwartet hatte.
Als wir das Dorf endlich erreicht hatten, blieb Kakashi plötzlich stehen und drehte sich zu mir um. "Äh, ich muss noch etwas erledigen. Ist es für dich okay, wenn du schon mal alleine vorgehst?" "Hm, ich werde den Weg schon finden. Wie lange wirst du denn brauchen?", erwiederte ich und überlegte, ob ich in der Zeit irgendetwas für ihn tun könnte. "Vermutlich wird es etwas länger dauern. Bis später.", rief er mir noch zu und war auch schon verschwunden.
Jetzt stand ich alleine in dieser Straße und wusste nicht so recht, was ich machen sollte. Kakashi hatte zwar gesagt, ich solle zu ihm nach Hause gehen, aber ich war mir nicht sicher ob ich das wirklich machen sollte. Er gab mir so viel und ich wusste nicht, wie ich das je wieder gut machen konnte, zumal ich auch nur noch wenige Tage hier war. Also beschloss ich wenigstens das Abendessen vorzubereiten. Auf dem Weg zu Kakashis Wohnung nahm ich einen kleinen Umweg um ein paar Einkäufe zu erledigen. Zum Glück trug ich immer etwas Geld bei mir. In der Wohnung angekommen, begann ich also zu kochen. Das war eine der wenigen Dinge, die ich wirklich konnte. Zwar hatte ich mit meinen Fähigkeiten die besten Vorraussetzungen für eine gute Kämpferin, doch konnte ich sie weder wirklich beherrschen, noch wollte ich sie sonderlich freiwillig einsetzen. Als das Essen nach einiger Zeit fertig und Kakashi noch nicht wieder da war, überlegte ich, was ich noch machen konnte. Die restliche Zeit verwendete ich dann einfach zum Aufräumen.
Kakashi guckte ziemlich überrascht, als er daheim ankam und der Tisch bereits gedeckt war und er alles frisch geputzt und aufgeräumt vorfand. "Oh, danke, aber warum hast du dir die Mühe gemacht?", fragte er, während er sich nach einer kurzen Starre an den Tisch setzte. "Ich hatte eh nichts anderes zu tun und wollte mich irgendwie revanchieren.", erwiderte ich. Dann setzte ich mich ihm gegenüber. "Wie schmeckt es dir?", hakte ich nach, nachdem ich ihm eine Weile beim Essen zugesehen hatte, seine Miene jedoch nich definieren konnte. "Gut", antwortete er knapp, was mich allerdings nicht sonderlich überzeugte. Dann setzte er fort:"Warum isst du eigentlich nichts?" "Ach, ich habe einfach keinen Hunger" Eine Weile später fanden wir uns erneut auf dem Balkon wieder. Die Sonne ging gerade unter und Konoha leuchtete in einem wunderschönen rötlichen Schein. Kakashi und ich starrten schweigend über die Dächer des Dorfes hinweg, als Kakashis Stimme mich plötzlich aus meinen Gedanken riss:"Es ist irgendwie witzig, wenn man eigentlich alleine wohnt, aber irgendwann einfach nach Hause kommt und alles schon fertig ist. Es fühlt sich an wie ein Traum - Ein Traum aus der Zukunft, wenn man glücklich verheiratet ist und die Frau daheim alles erledigt, während man Missionen ausführt. Aus irgendeinem Grund ist das ein angenehmes Gefühl..." Er brach ab und schaute mich an. "Ach, was rede ich denn da. Tut mir leid." Auf irgendeine Weise hatte Kakashi Recht. Auch mir gefiel diese Vorstellung irgendwie. Aber eigentlich konnte ich mir das sofort abschminken. Es würde sowieso nicht geschehen. Erneut wich meine Gedankenwelt Kakashis Stimme. "Äh, du kannst wirklich gut kochen. Das Essen hat sehr lecker geschmeckt." Vermutlich röteten sich meine Wangen, auf jeden fall wurde mir ganz warm. Es hatte ihm also doch geschmeckt. "Das freut mich", wisperte ich in die Dunkelheit, die mittlerweile über ganz Konoha lag. Plötzlich wechselte Kakashi das Thema. "Ach ja, ehe ich es vergesse, ich war vorhin noch bei Minato. Er hat mir ein paar Tips für dein Training gegeben. Wir können also morgen weiter machen.", berichtete er freudig. Eine Weile unterhielten wir uns noch, was sehr interessant war, da wir uns in der Finsternis nicht sehen konnten. Somit war es keinem von uns möglich Miene und Blicke des anderen wahrzunehmen und zu deuten. Nahezu die ganze Zeit starrte ich Kakashi einfach nur an und überlegte wie er wohl gerade gucken könnte. Irgendwann gingen wir dann rein und legten uns zur Ruhe.
Am nächsten Tag setzte Kakashi wie versprochen das Training mit mir fort. Mit Minatos Hilfe gelang es mir auch schon nach einiger Zeit eine vernünftige Attacke zu starten. In den nächsten zwei Tagen brachte mir Kakashi noch das eine oder andere Ninjutsu bei, was mittlerweile auch schon deutlich besser funktionierte. Am Abend des zweiten Tages rief uns dann der Hokage zu sich. Allerdings wusste ich nicht so recht was er von uns wollen könnte. In seinem Büro wurde es mir dann aber ziemlich schnell klar: Es ging um meine Rückkehr nach Tini. Fast hatte ich es schon vergessen, doch jetzt war alles wieder glasklar. Nur mein Blick wurde durch aufsteigende Tränen getrübt. Warum musste es ausgerechnet jetzt sein? Jetzt wo ich im Training so gut voran kam und gemeinsam mit Kakashi schon eine Art neuen Alltag entwickelt hatte. Ich wollte nicht weg! Nicht weg von Konoha und noch weniger von Kakashi. Als würde der Hokage das wissen sagte er plötzlich:"Kakashi wird dich nach Tinigakure begleiten." Dann wendete er sich an Kakashi selbst und nannte ihm seinen genauen Auftrag: "Du wirst Rio sicher in ihr Dorf geleiten und die dortigen Umstände checken. Wichtig ist, das du die Beziehungen zwischen den Dörfern wieder herstellst. Falls es Probleme geben sollte, kannst du mich einfach kontaktieren und ich werde dich unterstützen. Alles klar?" Kakashi nickte stumm und wir drehten uns um. Bevor wir den Raum verlassen konnten rief Minato uns noch etwas hinterher: "Kakashi, dein Team ist bereits informiert. Ihr trefft euch morgen früh vor dem Haupttor. Sei bitte pünktlich!" Wortlos traten wir den Heimweg an. Die restliche Zeit verlief deutlich anders als sonst. Wie immer machte ich uns etwas zu Essen. Das erste Mal verbrachten wir den Abend nicht auf dem Balkon, sondern gingen früh ins Bett. Außerdem hatte ich kein bisschen aufgeräumt und auch nicht geputzt. Aber das schrecklichste war, dass keiner von uns auch nur ein Wort verlor. Der komplette Abend verlief stumm! Zugerne hätte ich noch einmal Kakashis Stimme gehört, doch er gab keinen Ton von sich. Sogar meinem Blick wich er aus.
Am nächsten Morgen wachte ich außergewöhnlich früh auf. Kakashi schlief noch, allerdings sehr unruhig, was mir ein wenig Sorgen bereitete. Ich beschloss, schonmal das Frühstück vorzubereiten und ging danach raus um mich auf das Dach des Hauses zu setzen. Dort konnte ich immer so gut nachdenken und es gab viel zum Nachdenken. Am meisten bewegte mich meine Rückkehr nach Tini. Mit allen Mitteln wollte ich es vermeiden Konoha zu verlassen, aber ich hatte es Minato versprochen und konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Also ließ ich jeden Widerstand sein, aber trotzdem verspürte ich einen enormen Widerwillen. Während ich so meinen Gedanken nachhing, vernahm ich Kakashis Stimme aus dem inneren des Gebäudes.
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Das dritte Auge
FanfictionDer (hoffentlich) allseits bekannte Konoha-Ninja Kakashi Hatake lernte auf einer Mission eine fremde Kunoichi kennen. Aufgrund einiger Geheimnisse, welche das Mädchen anscheinend verbarg, nahm er sie mit in sein Dorf. Dort gewann er nach und nach ih...