Am Nachmittag zwang ich mich dann dazu, endlich aufzustehen. Ich hatte in meinem Bett zu Mittag gegessen, weil ich nicht aufstehen wollte. Ich fühlte mich immer noch schlapp. Immer noch nicht besser als heute morgen, doch ich raffte mich trotzdem auf. Ich stand auf, und zog eine Jogginghose und einen weinroten Pulli aus meinem Schrank. Es war mir egal wie ich aussah. Wenn ich bald sterben würde, würde es sowieso niemanden interessieren. Alle würden um mich weinen. Um meinen Charakter, und würden nicht darüber reden was ich an hatte.
Ja sterben. Ich hatte keine Zukunft. Nichts was ich planen konnte, ohne Angst haben zu müssen, zu sterben. Meine Zukunft bestand darin, ins Krankenhaus zu gehen und im Bett herum zu liegen. Ab und zu ging ich dann auch einmal zu meiner Schwester, um sie aufzumuntern. So wie jetzt.
Als ich fertig angezogen war, ging ich vorsichtig die Treppe herunter und hielt nach meiner Schwester Ausschau. Sie saß im Wohnzimmer und spielte mit unserer Katze Minka. "Hallo!", begrüßte ich sie. "Hallo Lya! Wie geht es dir? Schön das du kommst!", erwiderte sie erfreut. Ich lächelte matt. "Mir geht's gut.", erwiderte ich mit einem gezwungenem Lächeln, "Lass uns doch zusammen mit Minka spielen!". Lisa antwortete mit einem freudestrahlenden Lächeln. So spielte ich den Nachmittag über. Das war wenigstens nicht so langweilig und ich hatte etwas zu tun.
Der Rest Tages verlief ereignislos. Mein Vater kam nach Hause, und wir unterhielten uns kurz. Dann ging ich jedoch ins Bett und verabschiedete mich von allen. Ich war froh als ich endlich die Augen schließen konnte. Meine Glieder schmerzten und obwohl ich heute nicht viel gemacht hatte, war ich völlig erschöpft. Als ich im Bett lag fielen mir meine Augen sofort zu.
Ich war wieder im Krankenhaus. Ich lag in einem Bett. Doch ich war nicht alleine. Neben mir lag meine Schwester. Sie bekam das gleiche Zeug wie ich eingeflößt. Ich erkannte es am Namen. Es war mein Krebs Medikament. Warum bekam sie es? Hatte sie etwa auch Krebs? Innerlich schrie ich und wollte zu ihr gehen, doch ich konnte nicht. Dieses Medikament hatte mich ausgelaugt, denn ich bekam das gleiche wie meine Schwester. Moment. War es überhaupt meine Schwester? Ja oder nein? Dieses Mädchen sah ihr stark ähnlich. Dann lag da plötzlich ein Junge, der mich ansah und dann lächelte. Er hob seinen einen Arm. Nur kurz. Ich glaube er wollte mir hallo sagen...
Als ich wieder auf wachte, war ich schweiß gebadet. Meine Mutter stand an meinem Bett. "Hallo Liebling! Wie geht es dir? Was ist passiert? Hast du schlecht geträumt?", fragte sie mich gleich aus. "Mir geht es gut. Ich habe nur schlecht geträumt.", murmelte ich. Sie nahm mich fest indem arm. "Du brauchst keine Angst zu haben!", flüsterte meine Mutter:,"Alles wird gut!" Sie ging wahrscheinlich davon aus das ich von mir geträumt hatte. Irgendetwas mit meinem Krebs. Doch dieses Mal hatte ich von jemand anderem geträumt. Jemand der auch Krebs hatte.
DU LIEST GERADE
Wo bleibt die Gerechtigkeit?
Fiksi RemajaMein Kopf pochte. Ich fühlte wie ich langsam innerlich zerbrach. Wie das Leben aus mir heraus gesaugt wurde. Ich spürte das, was schon viele Krebs Patienten vor mir gespürt haben. Und doch dachte ich das ich es nicht überstehen würde...