Es waren Tage vergangen, an denen sich die Einwohner des Anwesens jeweils zurückgezogen hatten, aber zunehmend das Reich der Menschen kennenlernten – ob es gut war, oder nicht, maßte sich niemand an, zu wissen.
Jungkook öffnete das Schlafzimmer zum Landlord, der ihn mit einem Nicken stumm willkommen hieß. Sie teilten gerne nachdenkliche Minuten, zogen sich mehr in einer Dunkelheit aus Gedanken zurück, und trotz ihrer Existenzform waren sie nicht grundsätzlich gleich.
„Ist es nicht unangenehm, nur nachts herauszudürfen?", fragte Jungkook schließlich leise, während er die schwere Gardine ansah, die Licht, aber keine Sonnenstrahlen hereinließ. Er lag mit dem Rücken an Namjoons Oberkörper, welcher auf den vielen weichen Kissen ruhte und dem jüngsten Spross immer wieder durch das brünette Haar strich.
Der ältere Wrykólakas hatte ein Bein angewinkelt, sodass der andere bequem dazwischen platznehmen konnte. Das brünette Haar lag auf seinem Schlüsselbein, während er mit den Fingern durch die seidigen Spitzen fuhr.
„Oder ist es, weil du als geborener Wrykólakas nie das Andere zur Verfügung hattest?"
Der Blonde smirkte eine Sekunde lang, sich selbst darüber verurteilend, wie lange diese Halbwahrheit noch standhalten würde; das ewige Problem, von Beobachtungen auf eine Konklusion zu schließen... Aber es war so schön menschlich und dieses Gefühl, immer noch etwas Menschlichkeit hier hereinzubringen, war beruhigend.
„Du kannst nicht etwas Höheres erreichen, ohne etwas vorher zu geben.", erklärte er schließlich nur dem Kleineren. „Die Macht, zu erschaffen, meine Kraft, andere Fähigkeiten wie die der Metamorphose... Sie sind so weit höher als anderes, dafür muss ich einiges einbüßen, um das Gleichgewicht von Allem zu wahren."
„Vom Großen Ganzen?", wisperte Jungkook.
„Richtig.", erwiderte der Ältere sacht und küsste den Spross auf den Schopf. „Es ist wie in der Alchemie, dass du die Essenz nur dann als Höheres erhältst, wenn du einen Teil der Substanz einbüßt."
„Was habe ich eingebüßt, als ich zum Wrykólakas wurde?" Jungkook schloss die Augen, als er sich in die sanften Berührungen fallen ließ, ging dem anderen nur nebensächlich über das Bein.
„Deine Seele ging ins Jenseits, du gabst das Menschsein auf, bist aber immer noch von dieser Spezies abhängig, eine sehr schwache Seinsform, die dir aber die Existenz wahrt...", zählte Namjoon langsam auf. „Die Fähigkeit, im Sonnenlicht zu wandeln, ist nichts, was du hättest aufgeben müssen, um das Gleichgewicht zu wahren."
Es trat Schweigen zwischen sie, leise summte der Jüngere vor sich hin, eine Melodie aus dem Musiktheater, aber sehr zurückhaltend, dass einige Töne ihm im Halse blieben.
„Du musst dich nicht zurückhalten.", grinste Namjoon schließlich und spürte, wie auch der andere ertappt lächelte.
„Schon okay."
„Es war keine Melodie, die wir gemeinsam gesungen haben, nicht?", fragte der augenscheinlich geborene Wrykólakas. Er strich mit dem Daumen an Jungkooks Unterkiefer entlang. Er merkte, wie sich dieser kurz anspannte und schließlich bewegte.
„Wir haben länger nicht mehr gemeinsam gesungen.", merkte der Brünette an.
„Beizeiten.", versprach Namjoon liebevoll.
Noch einmal zog sich ein nachdenkliches Schweigen durch die Atmosphäre, aber der Kühlblonde hatte im Laufe der vielen Jahrhunderte eine schier endlose Geduld entwickelt, er konnte nahezu in der Stille aufgehen.
Die Gedanken des Kleineren gingen wieder zum Theater, zum Piano, zu den Fingern, die darauf spielten, die Töne, das Herzblut, das darin eingegossen wurde und der Melodie Flügel bescherte und sie weit trug. Der Künstler, dessen Blut zu diesem Zwecke floss. Dieses süße Blut, die blasse Haut, das schwarze Haar, die abwägenden Augen und die vollen, rosigen Lippen, die Stimme, das gesamte Wesen dieses Menschen. Alles.
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fin de l'ère: BTS SugaKookie, JiHope, TaeKook, YoonSeok, TaeJin, NamJin...
FanfictionEiner wollte seine Liebe für die Ewigkeit und scheiterte daran. Einer konnte nie Linien zwischen Lust und Liebe ziehen. Einer war gefangen zwischen seiner Natur und seinen Gefühlen. Einer konnte nicht gehen lassen, was ihn verletzte. Einer erlag sei...