Der Rückblick

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Ich trat auf die Brücke und lehnte mich ans Geländer. Den Blick starr in die Ferne gerichtet. Die Mosel rauschte unter der Brücke und es verlieh mir die Kraft mich an alles zurückzuerinnern.

Ich bin Maralaa Buyanbat. Meine Eltern kommen aus der Mongolei und sind vor 18 Jahren nach Deutschland gekommen. Mit 13 Jahren hatte ich beschlossen zum Militär zu gehen. Letztes Jahr in den Sommerferien hatte ich die Möglichkeit 3 Wochen auf Probe zur Soldatenvorbereitumg zu fahren. Ich war 15 und ein Mädchen. Als Jüngste und als einziges Mädchen musste ich mich den Jungs gegenüber beweisen und dabei hatte ich einige gute Freunde gefunden. Und das ich da hingefahren bin war der größte Fehler, den ich nur machen konnte.

»Als ob du dahin gefahren wärst!« die Jungs aus meiner Klasse hatten etwa so reagiert. Ich musste so Einiges machen, damit sie mir glaubten. Selbst mein Sportlehrer hatte nachdem ich die 70 Liegestütze gemacht hatte, größten Respekt vor mir. Ich hatte mich sehr stark gefühlt.

Jetzt aber fühle ich mich schwach und zerbrechlich.

Ein eisiger Schauer lief mir über den Rücken und ich versuchte mich so tief es ging in mein Schal zu verkriechen.

Ich hätte warten sollen bis ich 18 bin. Jetzt hab ich den ganzen Scheiß.

Mein Handy vibrierte. Papa. "Hallo?" "Hallo, Liebling. Wo bist du?" "Spazieren" "Komm nach Hause. Wir müssen reden." Ich packte mein Handy wieder in die Jackentasche.

Langsam ließ ich meinen Blick über die Brücke schweifen. Autos rauschten vorbei und ich ging mit schnellen Schritten Richtung Zuhause.

"Bin Zuhause!", rief ich, als ich reinkam und anfing meine Schuhe auszuziehen.

Ich betrat das Wohnzimmer und sah meine Eltern am Tisch sitzen. Meine Mutter trank Kräutertee, das sie normalerweise nur dann trank, wenn sie frustriert oder gestresst war.

"Ich habe mit der Zentrale gesprochen.", hob mein Vater an. "Es gibt nichts was wir dagegen tun können. Sie haben einen Tippfehler in ihren Daten, der dich zu einer vollwertigen Soldatin macht. Egal, wie alt du bist, du musst ziehen. Das sagen sie zumindest.", er schaute mich mit einem bekümmerten Blick an und schüttelte nur den Kopf.


Das Mädchen, das in den Krieg zogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt