Die Sonne malte glitzernde Schatten auf die unberührte Schneedecke. Der Berghang erhob sich wie eine mächtige graue Wand über dem kleinen Dorf am Kuvina See. Noch rührte sich niemand. Vereinzelt sah man Rauch aus den gemauerten Schornsteinen aufsteigen. Das Dorf war ziemlich groß, dafür das es nur am Rande des Königreiches lag. Doch der König sorgte für all seine Untertanen.
Dann erhob sich, gedämpft zwar, aber vernehmbar das Hämmern eines Schmiedes. Pferde wiehrten, Rinder beschwerten sich lautstark, das ihnen ihr Futter fehlte. Auch Hühner begannen über die Straßen zu laufen und waren somit die ersten Fußgänger. Fensterläden schwangen auf, die Menschen begrüßten sich. Der Duft von frischem Gebäck wehte durch die morgentlichen Straßen, die sich langsam mit Leben füllten. Unter ihnen ein junger Mann von Fünfzehn Jahren. Er trug einen Weidenkorb auf dem Rücken, gefüllt mit Rüben und anderem Gemüse für den Markt. Seine KLeidung war eher schlicht. Ein brauner Wollmantel, über Wollhemd und Hose. Die Füße steckten in grauen Lederstiefeln. Fäustlinge aus Hasenfell schützten die Hände vor der Kälte. Ein Schal aus Wolle wärmte den Hals. Auf diesem saß ein kecker Kopf mit wachen blauen Augen und vollen Lippen. Die Nase war schmal und spitz, passte sich aber gut in die markanten Züge ein. Die Haare waren von einem so hellen Blond, das mancher schon meinte, der Junge wäre frühzeitig ergraut. Er war hochgewachsen und an schwere Arbeit gewöhnt. Sein Gang war frisch und unbeschwert, so als würde der volle Korb nichts wiegen.
" Guten Morgen Celioné!" rief der Schmied, ein Mann wie ein Schrank, bepackt mit Muskeln und schwenkte seinen Hammer zum Gruß. Der Junge hob die rechte Hand und tippte sich an die Stirn. " Wie geht es deinem Vater, diesem alten Geier?" Der Junge grinste. Auch wenn der Schmied nur spöttisch dröhnte, so war es doch die Wahrheit. Sein Vater, der Bauer Zarus war geizig und verschlossen. Man sah ihn nie oder wenn, dann nur zur großen Sonnenwendfeier im Sommer. Dann pflegte er zu spotten und alle um sich herum zu vergraueln. Als Kind war Celioné das sehr peinlich gewesen, als er älter wurde verstand er, sich zu entfernen und seinen Spaß woanders zu suchen. Solange er die Arbeit tat die man ihm auftrug, sagte Zarus nichts und ließ ihn gewähren.
" Es geht ihm gut!" rief er mit samtweicher Stimme zurück. Keiner konnte erklären wie der Junge so anders sein konnte. Die meisten Dorfbewohner waren grobschlächtig, klein und mit Muskeln bepackt. Celioné wirkte dagegen wie ein Streichholz neben einer Tanne. Er war sehr hellhäutig, schmal und groß, selbst der Schmied sah neben ihm klein aus und war doch der größte Mann im Dorf. Celioné kam zu ihm heran und legte zwei Hufeisen auf den Tisch vor dem Amboss. " Kannst du mir Nägel dazu machen? Ich muss das Pferd beschlagen."
" Sicher doch mein Junge. Hol sie dir dann ab, wenn du wieder heimgehst. Zahl mir wie immer mit Möhren. Meine Frau macht einen hervorragenden Eintopf daraus." sagte der Schmied mit seiner tiefen Stimme und nahm die beiden Eisen an sich. Celioné kramte einen Bund Möhren aus dem Korb, den er dazu neben sich stellte und reichte ihm das Gemüse.
" Dann bis später Horus."
Der Schmied strahlte ihn an und genehmigte sich gleich eine der Möhren als zweites Frühstück. Celioné lief weiter und erreichte seinen angestammten Platz. Hier, neben dem Webermeister Gurus hatte er seinen Stand. Rasch legte er das Gemüse fein säuberlich auf die klaprigen Holztische. Gurus breitete seine edlen Stoffe aus. Damast und Brokat von den südlichen Waldlanden, Seide und feinstes Leinen aus dem Westen. Borte und Schmucktuch mit echten Gold- und Silberfäden. Celioné fragte sich manchmal, ob er sich jemals ein so edels Gewand würde leisten können.
" Drei Rüben, eine Wurzel da drüben und ein Bund Minze." Riss ihn die Frau des Metzgers aus der Träumerei. Rasch suchte er ihre sachen zusammen und reichte es ihr. Sie stopfte es in einen Korb an ihrem Arm und reichte ihm dann die sieben Kupfermünzen. Reich wurde man als Bauer leider nicht, das musste sich der junge Mann eingestehen. Vielleicht konnte er sich ja nächstes Jahr bei den Wächtern melden? Die Wächter waren die besten Soldaten des Königs. man musste groß sein, schmal und flink. alles das, was er schon mitbrachte. Ein Wächter sein, das war einer seiner Träume. Die Metzgersgattin verabschiedete sich und huschte davon. Nun konnte er wieder nur dastehen und sich erträumen wie sein Leben aussehen könnte.
Als die Sonne langsam zu versinken egann, räumte der Junge das restliche Gemüse wieder in seinen Korb und machte sich auf zum Schmied. Der reichte im Eisen und Nägel und wünschte dem Jungen eine sichere Heimkehr. Zarus wohnte etwas ausserhalb, nahe dem Pass und fühlte sich da Pudelwohl.
Celioné stapfte den Hang hinauf und bog dann rechts in das kleine Wäldchen ab, das zum Pass führte. Seine Stiefel knirschten iM Schnee, der Korb ächzte.
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Greifenreiter Band 1
AdventureCelioné könnte sich nicht vorstellen, je etwas anders zu tun als Bauer zu sein. Doch wie es das Schicksal vorsieht, stolpert er in eine Reihe Ereignisse, die sein Leben komplett umkrempeln. Er muss lernen zu vertrauen und zu kämpfen. Und er muss ent...