Das erste Abendessen

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Als erstes fiel mir auf, dass ihre linke Brust ein bisschen größer war als die rechte.

Sie trug ein weißes Oberteil mit grauen Dreiviertelärmeln.

Der BH musste eine sehr helle Farbe haben, ich tippte auf einen Pastellton, hellblau oder hellgrün.

Die Träger schienen noch mit kleinen Applikationen versehen zu sein, zumindest zeichneten sich unter dem Stoff des Shirts kleine Erhebungen ab.

Ich saß ihr gegenüber und von Zeit zu Zeit schenkte sie mir ein Lächeln.

Wenn sie nicht lächelte, war ihr Mund eher klein.
Die Lippen waren voll und wohl geformt.

Sie hatte eine Nase, die andere möglicherweise als zu breit wahrgenommen hätten, doch für mich passte sie in das Gesicht.

Ihre braunen Augen waren hinter Brillengläsern aufmerksam und ihre Wimpern waren nicht getuscht.

Allerdings sah man bei näherer Betrachtung, dass unter ihren Augen dunkle Schatten lagen, und ich war nicht im Stande zu sagen, ob es sich um Augenringe oder Make-up-Reste handelte.

Sie hatte den Sitz der Brille im Laufe des Abends schon mehrmals korrigiert.

Ihr Gesicht war rund und weich und lud ein, es in die Hände zu nehmen.

Waren ihre hüftlangen braunen Haare so griffig, wie sie aussahen?

Dufteten sie so betörend, wie ich es mir vorstellte?

Ich schüttelte leicht den Kopf.
Ihr bloßer Anblick ließ mich an Dinge denken...

Als sie aufstand, um sich eine Portion von meinem mitgebrachten Salat zu holen, ließ ich meinen Blick unauffällig über ihren Hintern und ihre Beine wandern.

In der schwarzen Jeans, die sie trug, sah ihre Kehrseite verboten verführerisch aus.

Selbst als sie aß, ließ ich sie nicht aus den Augen.

Wie gut, dass meine Frau sich angeregt mit den Eltern der jungen Schönheit unterhielt und meine gedankliche Abwesenheit überhaupt nicht bemerkte.

Zu fünft saßen wir am Tisch.

Die Eltern des Objekts meiner Begierde - ja, es war tatsächlich Begierde und nein, sie war keinesfalls ein bloßes Objekt - wussten, dass ich nachdenklich und still war und mich meist eher zurückhaltend an Gesprächen beteiligte.

Meine Frau dagegen war extrovertiert und somit das genaue Gegenteil von mir.

Viele sagten, wir seien das lebende Klischee dafür, dass Gegensätze sich anziehen würden.

Die Wahrheit aber war, dass die Anziehungskräfte schon lange erlahmt waren.

Unsere Beziehung war eine einzige Routine und das sage ich ohne Wut.

Alles lief gut zwischen uns, es gab kaum Probleme und wir verstanden uns.

Was fehlte, war die Leidenschaft, die innige Liebe und die absolute Hingabe.

Schließlich erklärten meine Frau und unsere Freunde, dass sie noch einen ausführlichen Verdauungsspaziergang machen wollten.

Ich entschuldigte mich unter dem Vorwand, noch angeschlagenen zu sein und nicht riskieren zu wollen, sich in der Kälte erneut einen Schnupfen oder Schlimmeres zu holen.

Meine Frau lachte, sagte etwas über Männerschnupfen und verließ mit den Gastgebern die Wohnung.

Nachdem die Tür zugefallen war, schenkte die Schönheit ungefragt Wein in unsere Gläser und fragte mit ruhiger Stimme, ob ich mit ihr in ihr Zimmer gehen wolle.

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