Morgens aufstehen abends ins Bett gehen und dazwischen nur da sein.
Nichts machen. Nichts hat einen Wert.
Das versuche ich mir jeden Morgen einzureden und merke jedesmal, dass es nicht daran liegt, sondern einfach weil ich zu faul und müde bin um aufzustehen.
Wie auch immer.
Ich musste aufstehen und das wusste ich.
Meine Eltern machten sich nicht die Mühe mich zu wecken, sie meinten es gehöre dazu das selbst zu regeln. Nur so kann man erwachsen und selbstständig werden.
Jeden Morgen quälte ich mich aus dem Bett. Ich wusste natürlich, dass es in der Schule vor allem ums Lernen ging und weniger um die Freunde oder Kontakte.
Aber keine Freunde zu haben machte es nicht gerade einfach sich aufs Lernen zu konzentrieren. Viel zu viele Gedanken über mich selbst und die Welt. Die Welt waren in dem Fall meine Klassenkameraden...Es fing jeden Morgen mit dem Schulbus an. Ich stieg ein und es waren noch so ungefähr acht Plätze frei, aber jeder der neben sich einen freien Platz hatte stellte seinen Rucksack darauf wenn ich kam oder vertrieb mich mit einem vernichtenden Blick.
Ich hoffte zwar immer, dass es irgendwann diese eine Person, meine Rettung, geben würde die sagt: „Hey neben mir ist noch frei..“ Aber es passierte nie.
Es endete dann meistens damit, dass ich unbequem im Gang stehen musste.
Dann bekam ich einfach keine bösen Blicke mehr ab. Generell bekam ich dann keine Blicke mehr zugeworfen.
Ich war durchsichtig.Ich will auch nicht zu traurig klingen, deshalb kommt jetzt der schöne Teil.
Es war an diesem Tag, als ich aus dem Bus aus stieg und irgendetwas anders als sonst schien.
Ich stand vor dem Haupteingang der Schule. Hunderte von Schülern gingen an mir vorbei. Obwohl ich mitten im Weg stand wurde ich von niemandem angerempelt, es war als wäre ich nicht da.
Manchmal wünschte ich mir, angerempelt zu werden...
Die Masse von Schülern wurde immer dünner und bald stand nur noch ich da.
Ich und noch eine andere Schülerin.
Ihr Gesicht war nicht zu erkennen, es war versteckt unter einer Vogelmaske.
Sie stand da und starrte mich an.
Ich legte den Kopf schief und musterte sie gründlich.
Sie ging auf durch den Eingang und ich folgte ihr.
Zu meinem Klassenraum ging es nach rechts doch das Mädchen lief nach links den Gang runter.
Schule war wichtig, wirklich wichtig, aber in dem Moment fühlte es sich wichtiger an, dem Mädchen zu folgen, also tat ich das auch.
Sie führte mich durch eine Tür auf einen der Schulhöfe.
Es war kalt draußen und da der Unterricht schon begonnen hatte war es auch genauso ruhig.
Das Mädchen führte mich über den ganzen Schulhof auch um die Kurve, die uns zu der Rückseite meines Klassenraumes brachte, in dem ich gerade eigentlich Unterricht hätte.
Der Raum war im zweiten Stock.
Das Mädchen blieb unter dem Fenster stehen und schabte mit ihren Füßen über den Boden.
Unter ihrem Fuß knatschten die Kieselsteine.
Sie schaute mich an, obwohl ich ihr Gesicht nicht sehen konnte, wusste ich das sie lächelte.
Dann nahm sie einen der Kieselsteine in die Hand und holte zum Wurf aus.
Doch sie warf den Stein nicht gegen das Fenster. Stattdessen hielt sie inne, zeigte auf die Steine am Boden, dann auf mich und dann zu dem Fenster.
Ich verstand sofort, ich sollte die Kieselsteine an die Fensterscheibe meiner Klasse werfen, aber das konnte ich nicht tun! So etwas tat ich nicht! Ich konnte nicht einfach Geräusche erzeugen, die die ganze Klasse hören konnte, ich war doch das Nichts.
Also schüttelte ich verlegen den Kopf.
Das Mädchen guckte mich mit durchdringenden Blick an.
Ich konnte es natürlich immer noch nicht sehen, aber ich war mir zu 100% sicher, dass sie lächelte!
Ich schüttelte immer noch den Kopf.
Plötzlich nahm sie einen etwas größeren Stein und warf ihn mir zu.
Ich fing ihn auf und starrte sie an.
Sie nickte eifrig.
Der Stein lag in meinen Händen und es fühlte sich so an, als ob auch er mir zu nicken würde. Ich guckte schnell wieder zu dem Mädchen, dann zu dem Stein, dann wieder zu dem Mädchen.
Was tu ich hier?
Ich holte Luft und warf den Stein so hart es geht gegen die Fensterscheibe.Mit einem lauten Knall prallte der Stein gegen die Scheibe.
Ich stand unten und war erst starr vor Schock und Überraschung. Das hatte ich doch gerade nicht wirklich getan?!
Der Schock ließ schnell nach, als ich hörte wie jemand die Fensterscheibe öffnete. Ich geriet in Panik, guckte mich um und versteckte mich schnell hinter einem Busch.
Das Fenster ging auf und ich hörte die Stimme meiner Lehrerin sagen: „Wer auch immer das war, wenn das nochmal passiert werden die Eltern kontaktiert!“
Das Fenster wurde wieder geschlossen.
Mein Herz klopfte wie verückt. Ich überlegte gerade noch, ob ich ihr sagen sollte, das ich es war, damit sie meine Eltern kontaktiert. Weil ich fest davon überzeugt bin, dass sie froh wären so etwas zu hören. Dann würden sie mich wenigstens nicht mehr für einen Langweiler halten.
Mir fiel das Mädchen wieder ein!
Ich stieg aus dem Busch und guckte mich um.
Sie stand wieder genau da, wo sie auch stand, als sie mir den Stein zugeworfen hatte.
Sie winkte mir zu und ging wieder Richtung Schulgebäude.
Ich folgte ihr.
Sie ging durch die Tür, wieder ins Gebäude und blieb dann stehen. Ich kam direkt nach ihr rein, so dass wir beide jetzt am Anfang eines sehr langen Ganges standen.
Links und rechts von dem Gang befanden sich wahrscheinlich um die 20 Klassenzimmer.
Direkt rechts von uns war auch eins. Zu dem ging das Mädchen und tat so als würde sie klopfen und dann weg rennen.
Anschließend schaute sie mich an und lächelte. Oder zumindest dachte ich das.
Ich wusste was als nächstes kam und so kam es auch; sie zeigte auf mich und nickte.
Diesmal überlegte ich nicht lang und klopfte.
Dann wollte ich mich ganz schnell verstecken, doch ich wusste nicht wohin...
Mein Herz begann vor Spannung immer schneller zu pochen. Was war jetzt wenn ein Lehrer die Tür aufmachen würde? Was sollte ich sagen?
Es passierte nichts.
Die Tür wurde nicht geöffnet. Es war anscheinend niemand in diesen Raum...
Das Mädchen ging vor und klopfte an der nächsten Tür und rannte dann schnell den Gang entlang.
Ich rannte ihr hinterher, an der Tür vorbei und klopfte an der nächsten und dann an der nächsten und der nächsten, so dass ich durch den ganzen Gang sprintete und an jeder einzelnen Tür klopfte.
Am Ende des Ganges befand sich eine Tür, das war mein Ziel!
Nach und nach öffneten sich dir Türen hinter mir und verdutzte Lehrer schauten sich fragend an.
Doch ich war noch nicht fertig mit allen Türen und klopfte weiter an jeder Tür an der ich vorbei kam.
Es fühlte sich toll an, ich fühlte mich unabhängig von allem!
Die ersten Lehrer schrien mir Sachen hinterher, doch ich rannte immer weiter!
Ich war jetzt fast an der Tür angelangt und ich war so unglaublich dankbar, dass die Tür nach außen aufging und ich ohne viel Tempo zu verlieren die Tür aufstoßen konnte und an die frische Luft kam.
Draußen blieb ich dann stehen und setzte mich erstmal auf eine Bank. Ich war völlig aus der Puste. So viel Spaß hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehabt!
Da fiel mir wieder das Mädchen ein!
Wo war sie?! Ich guckte mich um, guckte wo sie sein könnte.
Rief mehrmals nach ihr.
Doch es kam keine Antwort.Ich sah sie nie wieder. Und trotzdem war es irgendwie der schönste Tag in meinem Leben...
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Für sie bin ich Healthystartrooper
Short StoryFür sie bin ich Healthystartrooper. Und ich bin bereit die Welt zu verändern. Oder bereit sie mich verändern zu lassen.