Aus dem Wohnzimmer drang fröhliches Gelächter. Tristan hörte genau hin und erkannte Janes Stimme. Er schlich vorsichtig die Treppe runter und blieb am Treppenabsatz stehen. Jane und Misses Harolds tanzten vor dem Kamin. „Gut gemacht Miss Jane. Jetzt kommt die Verbeugung.“ Jane kreuzte die Beine theatralisch und verbeugte sich kichernd. „Oh, Sir.“ Misses Harolds Miene wurde ernst. Jane drehte sich sofort um. Als sich ihr und Tristans Blick trafen, verschwand ihr Lächeln und Wehmut erfüllte ihre Züge. „Nein, nein! Macht doch weiter, bitte.“ Sagte Tristan.
Jane schaute ihn an, wie er dastand, die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt, seine muskulösen Arme verschränkt, einige lange rote Strähnen fielen ihm ins Gesicht, die braunen Augen funkelten liebenswert und unter dem orangen Bart konnte man ein Lächeln erahnen. Gerade als sie wie so oft ins Schwärmen geriet, bemerkte sie, dass sie ihn anstarrte. Schnell senkte sie ihren Blick. Misses Harolds war schon geflüchtet und Jane blieb in diesem Moment auch nur die Flucht als Rettung.
„Sie entschuldigen mich, Sir.“ Murmelte sie, hob ihren Rocksaum an und lief auf die Treppe zu. Ihr Blick war immer noch gesenkt, als sie am Treppenabsatz an ihm vorbei huschen wollte. Doch da spürte sie wie seine Hand sie sanft am Ellenbogen packte. Jane hielt inne und schaute verlegen hoch.„Miss Jane…“ hauchte er traurig. Sein Blick erinnerte sie an all die Nächte in denen sie auf seiner Brust lag und seelenruhig schlief. Seine Arme hielten sie fest und sein Herzschlag beruhigte sie. Sie spürte dieses Pochen genau dort, wo seine Hand ihre Haut berührte. Wie gern hätte sie ihn umarmt, seine Wärme gespürt.
Tristan blickte in ihre wunderschönen braunen Augen. Sie starrten ihn unglücklich an. Wenn er doch nur wüsste wie er sie wieder zum Strahlen bringen könnte. Bei jedem seiner bisherigen Annäherungsversuche zog sie sich nur noch mehr zurück. Er hat schon oft daran gedacht sie einfach zu packen und zu küssen, doch würde dies im Moment wohl nicht die von ihm erhoffte Reaktion hervorrufen. Wahrscheinlich würde Jane ihre Koffer packen und nie wieder zurückkehren. Wenigstens war sie bei ihm. Nur schon ihre Anwesenheit und ihr Anblick genügten ihm. Natürlich wünschte er sich Janes Zuneigung, so wie früher, nein mehr sogar, doch seit dieser einen Nacht schien sie ihn regelrecht zu verabscheuen. Sie konnte ihm nicht mal in die Augen schauen, noch liess sie sich von ihm berühren. Deshalb hielt er sich zurück, drängte sie nicht und hoffte, dass sich alles wieder legen würde.Jane blickte auf Tristans Hand, welche sie weiterhin festhielt. Tristan bemerkte dies und liess sie sogleich los. Sie hob erneut den Saum ihres Rocks, blickte ihn verächtlich von der Seite an und lief die Stufen hoch.
„Wann hört Ihr auf mich zu hassen?“ Tristan blickte hoch zu ihr. Sie hielt inne. „Jane, wann? Wann hört Ihr auf mich zu hassen?“ Seine Stimme war erfüllt mit Trauer und Zorn.
„Ich hasse Euch nicht, Sir.“ Sagte sie mit dumpfer Stimme und sah hinunter auf diesen offensichtlich erzürnten Mann. Er strich sich mit der Hand das Haar aus dem Gesicht und seufzte lautlos. „Nun gut, wann hört Ihr auf mich zu verabscheuen, Miss Jane?“ Diesmal hörte sie mehr Zorn.Janes Augen verengten sich. Wut stieg in ihr auf. Was fiel ihm ein? Nach allem was geschehen war, stellte er sie als die Böse dar. Sie schritt die Stufen wieder hinunter, blieb vor ihm stehen und holte tief Luft bevor sie ihm in die Augen sah. „Ich verabscheue Euch nicht, Sir.“ Sagte sie trocken und blickte ihn wütend an.
Plötzlich verzog sich Tristans Miene. Seine Augenbrauen entspannten sich und sein Mund formte sich zu einem Lächeln. Jane verstand nicht was das sollte.Da stand sie nun, ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt, ihre Augen zornig funkelnd, ihre Faust auf seiner Brust und ihre Lippen dunkelrot, darauf wartend geküsst zu werden. Wie lange es doch her war. Drei Monate waren vergangen seit er zurück war. Er hatte sie schon so lange nicht berührt, gehalten, geküsst.
Langsam beugte er sich zu ihr, immer darauf Acht gebend den Blickkontakt aufrecht zu erhalten um ihr zu zeigen, dass es ihm ernst ist.
Jane wurde bewusst was Tristan vorhatte als er sich langsam zu ihr lehnte. Wie lange sie sich schon danach sehnte. Seine Fingerspitzen berührten sanft ihre Wange. Es war ihr unmöglich dagegen anzukämpfen und so liess sie ihn machen. Goldbraune Augen schauten sie an als würde er ihre Gedanken lesen können.
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All Our Scars
RomanceAuf der Flucht vor ihrem gewaltätigen Onkel findet Jane Zuflucht auf Lord Tristans Herrenhaus. Der gutaussehende aber distanzierte Tristan zeigt sich mit der Zeit als wahrer Gentleman. Seine sanfte und vertrauenswürgide Seite lässt Jane's Gefühle fü...