Lieber Henry,
Es ist nun schon drei Wochen her seit Fabian mit mir Schluss gemacht hat. Und was soll ich sagen? Ich fühl mich elender als je zuvor. Vor drei Wochen war ich so wütend und ich dachte es könnte nicht schlimmer werden... das ist es aber. Die Wut ist abgeklungen und alles was mir geblieben ist, ist Traurigkeit. Diese unheimliche Verzweiflung frisst mich jeden Tag aufs Neue von Innen auf. Meine Gedanken brauchen nur kurz zu ihm abwandern und ich spüre einen Stich in der Brust. Früher dachte ich die Leute übertreiben, wenn sie gesagt haben, dass sie sich fühlen als hätte ihnen jemand das Herz heraus gerissen aber ich verstehe nun vollkommen was sie meinen. Ich würde diese Traurigkeit sofort wieder gegen Wut eintauschen. Als ich wütend war hatte ich noch etwas zu tun, ich konnte ihn hassen, ich konnte seine Freundin hassen, ich konnte meine Wut in die Welt hinausschreien und jetzt? Alles wozu ich im Stande bin ist in meinem Bett zu liegen und zu weinen. Noch nie in meinem Leben habe ich so viel geweint, ich weine mich in den Schlaf und weine in meinen Träumen weiter. Ich dachte immer, dass man sich während man Liebeskummer erleidet nur von Schokolade und Eis ernährt, doch das trifft wohl nicht auf mich zu. Ich esse wenig bis gar nichts. Jedes Mal wenn ich etwas Essbares ansehe wird mir schlecht. Hungergefühl habe ich auch keines mehr. Da die wenigen Mahlzeiten die ich zu mir nehme meine Eltern beunruhigen würden verstreue ich manchmal Essensrest auf einem Teller um den Schein zu wahren. Ich weiß nicht wie lange ich noch so weiter machen kann.
Bis bald, Noah
Henry atmete zittrig ein und musste sich an der Wand anlehnen um nicht umzukippen. Der Aussetzer hatte ihn völlig unvorbereitet getroffen und die überwältigende Traurigkeit die sich von einer Sekunde auf die andere auf Henry übertragen hatte haute ihn fast um. Langsam ließ er sich die kühle Mauer hinunterrutschen um seine wackligen Beine zu entlasten. Erst jetzt bemerkte er, dass er aus besorgten Augen angeschaut wurde.
„Henry? Was ist los? Brauchst du Hilfe?", fragte Yannick voller Sorge und durchquerte den Gang mit schnellen Schritten.
„Nein, alles bestens, ich...", wollte Henry sich herausreden, doch als er versuchte aufzustehen durchzog ein heftiger Schmerz seinen Kopf und er kippte wieder zurück.
„Leute?!", vernahm Henry Yannicks etwas panische Stimme als er die Augen geschlossen hatte um die Kopfschmerzen zu lindern.
Das Getrampel, welches sich immer weiter näherte, ließ Henry erahnen, dass Yannicks Hilfeschrei die gesamte Wohnung erreicht hatte. Und tatsächlich, als er die Augen wieder öffnete blickten ihm vier Paar besorgte Augen entgegen.
„Was ist passiert?!", fragte Lina mit schriller Stimme und drängelte sich an den anderen vorbei um sich neben Henry niederzulassen und ihm besorgt die Hand auf die Schulter legte.
„Ich bin gerade aus dem Bad gekommen, da ist er einfach die Wand runtergerutscht.", erklärte Yannick und blickte die anderen schuldig an als könnte er etwas für Henrys plötzlichen Aussetzer.
„Lass mich mal zu ihm.", meldete sich Luis mit bestimmenden Ton und schob Lina zurück. Der Medizinstudent ging vor seinem Mitbewohner in die Hocke und musterte ihn mit einem schnellen Blick.
„Kannst du mich hören?", Henry quittierte die Frage mit einem Nicken, sein Schädel pochte noch immer und er musste seine ganze Konzentration darauf richten regelmäßig ein und aus zu atmen.
„Was ist passiert?", wollte der angehende Arzt mit ruhiger Stimme wissen.
Henry atmete noch einmal tief durch und als er das Gefühl hatte, dass er seine Kopfschmerzen im Griff hatte, blickte er auf und antwortete: „Ich hab plötzlich Kopfweh bekommen... dann wurde mir schwarz vor den Augen."
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Dear Henry (BoyxBoy)
RomanceHenry hört eine Stimme, eine ganz besondere Stimme. Sie gehört zu Noah, dieser trägt ohne sein Wissen jedes Mal wenn er Tagebuch schreibt Henry seinen Eintrag vor. Die Ärzte meinen Henry hat eine Krankheit, eine lange Zeit glaubt auch Henry, dass di...