Kapitel 6

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Kaum hatte Henry die Autotür hinter sich zugezogen fuhr der alte VW auch schon los. Henry rutschte auf den Mittelsitz, schnallte sich an und lehnte sich zu den beiden Vordersitzen nach vorne.

„Und du bist dir ganz sicher, dass du weißt, wo er ist?", fragte Henry mit keuchender Stimme, da er den gesamten Bahnhof in Rekordzeit durchquert hatte.

„Ja, ziemlich sicher. Es war gar nicht so schwer seinen Standort ausfindig zu machen.", fing Elisa vom Beifahrersitz aus an zu erklären und hielt Henry ihre Mappe unter die Nase.

„Durch die Angabe seiner Maturazeit konnte ich seinen Standort auf drei Bezirke eingrenzen. Zu unserem Glück existiert nur in einem der drei Bezirke ein Schwimmbad. Es ist gar nicht so weit von hier, gleich hinter Wiens Stadtgrenze in einem der Außenbezirke." Elisa tippte mit ihrem grünlackierten Finger auf die Karte, die sie in die Mappe eingeklebt hatte.

„Du bist einfach die Beste, Elisa!" Henry war glücklicher denn je eine so neugierige und begabte Freundin zu haben und schloss sie in eine verrenkte Umarmung, so gut das möglich war von der Rückbank des Autos aus.

„Sag das nicht zu früh. Wer weiß, ob er wirklich dort ist und ob wir nicht schon..." Elisas Stimme wurde immer leiser und sie schüttelte den Kopf. „Nein. Wir müssen positiv denken. Es wird sich ausgehen."

„Leute, könntet ihr mir endlich sagen um was es überhaupt geht?", meldete sich Luis vom Fahrersitz und sah gleichermaßen verwirrt als auch genervt auf seine beiden Freunde. Luis hatte das Pech, dass er der Einzige in ihrer WG war, der ein Auto besaß. Natürlich hatte er nicht widersprechen können, als Elisa ihm mitteilte, dass es um Leben und Tod ging. Trotzdem war er alles andere als begeistert an einem Freitagabend mit seinem ohnehin lädierten Auto quer durch Wien zu fahren ohne einen Anhaltspunkt zu haben um was es ging.

„Nein.", erwiderte Elisa mit dem bestimmenden Ton den sie nur zu gut konnte. „Aber bitte fahr etwas schneller, es ist schon fast dunkel."

„Also ich helfe euch ja gerne, aber ich würde schon gerne wissen wo ihr mich da hineinzieht.", antwortete Luis etwas eingeschnappt, beschleunigte jedoch trotzdem.

„Es ist wirklich zu kompliziert um es jetzt zu erklären.", meinte Elisa mit einer Stimme die verdeutlichte, dass sie das Thema als beendet betrachtete. Doch Henry wollte Luis nicht komplett vor den Kopf stoßen, immerhin tat er ihnen einen großen Gefallen.

„Ich verspreche dir, dass ich dir all deine Fragen beantworten werden, wenn all das hier vorbei ist."

„Danke Henry, das reicht mir schon.", kam es von Luis, der Elisa einen bösen Blick zuwarf, den diese geflossen ignorierte.

Während der gesamten Fahrt herrschte eine gespenstige Stille im Wagen. Henry konnte nicht normal denken, geschweige denn eine Konversation führen. Seine Gedanken kreisten nur um Noah und ob er es schaffen würde ihn zu retten. Vor lauter Nervosität fingen Henrys Hände an zu zittern und es kam ihm vor als würden sie kein Stück vorankommen.

„Wir sind da.", riss Elisa Henry aus seinen Gedanken und er blickte auf. Die Dunkelheit war bereits eingebrochen. Eine flackernde Straßenlaterne tauchte das Gebäude vor dem sie standen in ein schummriges Licht.

Luis parkte sein Auto auf einem der freien Parkplätze und stellte den Motor ab. Elisa verstaute ihre Mappe neben ihrem Sitz und stieg dann aus. Henry folgte ihrem Beispiel. Die kühle Abendluft wehte ihm entgegen und ließ ihn augenblicklich erschaudern.

„Bist du bereit?" Elisa hatte einen ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt. Henry nickte und wollte ihr gerade über die Straße folgen, da hörte er das Zufallen einer Autotür. Er drehte sich um und sah wie Luis auf ihn zukam.

Dear Henry (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt