Kapitel 2 ~ Die Jagd

78 7 2
                                    

Ein tiefer Schlaf, ich wachte nur schwer auf. Ich öffnete meine Augen, mir sah man förmlich an, dass die letzte Nacht keine gute war. Das Erste woran ich dachte, war mein Albtraum. Ich träumte davon, wie meine Eltern vor meinen Augen von Menschen geköpft wurden. Ich war eine Art Geist, die als Zuschauer alles sehen konnte oder eher sehen sollte. Ihre Köpfe wurden auf zwei Speere, die man zuvor in die durchnässte Erde gerammt hatte, desavouiert. Sie machten sich lustig über meine Eltern. Einer der drei schrie laut: "Da haben wir aber ein Zeichen gesetzt, meint ihr nicht Männer!"
"Halt das Maul, sonst kommen noch mehr von den Stinkern", sagte der andere. Der dritte schien mir ein wenig intelligenter und sagte: "Lasst uns aufbrechen, wir sind hier fertig, ich möchte noch ein wenig länger leben!"
Sie verschwanden mit klimpernden Geräuschen, die durch ihre schwere Rüstung entstanden, wieder in den Wald.
Ich konnte mich noch an die Stelle des Waldes erinnern, es war gar nicht so weit weg von der Schlammküste.

Ich öffnete erneut meine Augen und sammelte mich. Mein Blick ging von unten nach oben, ein bekanntes Bild ergab sich vor mir.
Wieder alleine, mein ganzes Leben bin ich alleine. Könnte nicht schaden, wenn mich mal jemand besuchen würde, bildete ich mir ein.
Mein Nest, mit dem gestrigen Fleisch, was ich im Wald aufgeschnappt hatte stand noch da. An meinem Tisch aus Kiefernholz.
Naja, nicht ganz meins.

Ich hatte es damals den Menschen gestohlen, als sie es von einer Stadt, zu der anderen bringen wollten. Die Menschen hatte ich nicht angerührt, wie könnte ich auch als Jüngling jemanden töten. Sie wurden von anderen Menschen überfallen, brachten sich gegenseitig um und nahmen das Gold, was für sie anscheinend wertvoll ist. Ich wartete geduldig und suchte nach dem Angriff alles ab. Die Leichen hatte ich mir schmecken lassen, ich war ja schließlich auch eine Woche schon vergeblich auf der Suche nach leichter Beute. Als ich den Tisch in der Kutsche sah, gefiel er mir. Ich wusste auch nicht wieso, doch eins war mir klar, jeder andere Ghul auf dieser Welt, hätte den Tisch stehen gelassen. Ich nahm ihn in mein Heim, alle sahen mich so an, als wäre ich ein Monster. Doch die Blicke war ich schon gewohnt.

Ich bin nunmal anders, ich habe keinen dicken, stachligen Buckel, meine Haut ist seidig glatt, mein Gesicht ist, wie ich finde, eine Laune der Natur. Ich sehe zwar nicht wirklich aus wie ein Ghul, jedoch besitze ich vieles, was einen Ghul ausmacht. Da wären meine messerscharfen Krallen und meine aneinander gereihten, spitzen Zähne. Aber das Einzigartigste an mir ist, dass ich aufrecht gehen kann. Ich wirke größer, als jeder andere Ghul, deswegen sehen sie mich auch höchstwahrscheinlich nicht als ihresgleichen. Sie sind nicht die intelligentesten Kreaturen, dafür aber gerissen, sie töten nur, wenn es sein muss und fressen dort wo es am leichtesten ist.

Als ich aus meinem Nest rausging, stach mir die Sonne ins Gesicht. Wieder sahen mich zwei Ghule an, die an mir vorbeigingen. Ich war es gewohnt. Ich ging ein paar Schritte und spürte schon, wie der stinkende Matsch meine Füße umgab. Am Himmel war nichts von der Sonne zu sehen, nur ein trübes Licht, dass den Sumpf noch unübersichtlicher machte, als er es schon ohnehin war. Der ganze Sumpf war umgeben von Nebelschwaden. Eigentlich hatte ich Hunger, doch mir war nicht nach stinkendem Fleisch von gestern. Die Fliegen legten auch bereits ihre Eier in mein Essen.
Das mag ich gar nicht!
Also machte ich mich auf, um zu jagen. Dieses Mal war ich nicht der ängstliche Leichenfresser, sondern was anderes. An diesem Tag konnte eine Veränderung in mir spüren, so als ob ich gereift wäre und Mut in mir fand.

Aus dem matschigen Sumpf, entwickelte sich langsam ein standfester Boden. Mit jedem Schritt den ich ging, konnte ich von der Ferne das Grüne sehen und besser die reine Luft einatmen. Ich kam näher und näher, bis ich schließlich am Waldrand stehen blieb. Vor mir war ein Schild aufgestellt:

MACHT KEHRT, HIER LAUERT DER TOT

Ich wusste, dass es die Menschen waren. Nur sie schreiben auf Schilder, jeden Blödsinn, der ihnen einfällt. Ich spazierte erstmal den Waldrand entlang und kam an der Stelle an, wo ich meinen Albtraum erlebte. Keine Speere, keine Köpfe. Trotzdem hatte ich ein schlechtes Gefühl, als ich so da stand, völlig regungslos und wartend auf ein Zeichen. Meine Eltern habe ich nie gekannt, sie sind wohl tot oder leben irgendwo anders.

Drog ~ Das Abenteuer von einem GhulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt