4. Rosa, wie die Zuckerwatte

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Der Weihnachtsmarkt begrüßte uns mit lauter Musik, den Stimmen von Menschen und Kinderlachen. Darüber hinaus konnte ich schon die brutzelnden Bratwürste, die warmen Crêpes und die klebrige Zuckerwatte riechen (auch wenn ich Zuckerwatte eigentlich nicht riechen konnte – zumindest nicht auf diese Entfernung). „Das ist ein Weihnachtsmarkt?", fragte Potter mit leuchtenden Augen und versuchte in alle Richtungen gleichzeitig zu gucken. Wie ein Kind, welches das erste Mal alleine die Rutsche benutzen durfte, blickte er mich an und fragte freudig: „Und sowas gibt es überall?"

Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, zu gut, war der Anblick von James Potter, dem Quidditchstar, der sich wegen eines einfachen Weihnachtsmarktes beinahe in die Hose machte. „Ja, in so gut wie jeder Stadt. Unglaublich, dass du noch nicht einmal davon gehört hast!" Er wandte den Blick ab und sah auf das Riesenrad am Ende des Marktes, welches jedes Jahr dort aufgestellt wurde und mit bunten Lichtern für sich Werbung machte. „Wow!", rief er aus und zog mich am Handgelenk. „Da müssen wir hin, Lily! Da sieht aus wie ein riesiger Quaffel!"

„Du bist so ein Freak", lachte ich, ging aber mit ihm mit. „Das ist ein Riesenrad. Man steigt in eine Gondel und wird dann nach oben getragen. Dann hält man für drei Minuten, kann den Ausblick genießen, während einem die Finger einfrieren und dann fährt man wieder runter." Potters Blick war einfach unbezahlbar. „Wahnsinn!"

Er manövrierte uns durch die Menschenmassen, blieb hier und da mal stehen, um sich einen der Stände anzusehen („Nein, du kannst später Dosenwerfen spielen!") und schließlich kamen wir vor dem Schalter zum Riesenrad zum Stehen. „Zwei Karten bitte", sagte ich, bevor er auch nur den Mund öffnen konnte. Ich reichte etwas Geld durch den Schalter und der junge Teenager, der sich wohl etwas dazu verdienen wollte, nahm es mir ab und riss dann zwei knallrote Karten von einer Rolle ab.

„Danke", erwiderte ich schnell und zog meine unfreiwillige Begleitung mit. „Und was passiert jetzt?", fragte er aufgeregt und nahm die Karte entgegen, die ich ihm hinhielt. „Jetzt warten wir, bis wir dran sind", sagte ich seufzend.

Wir reihten uns in die Schlange der bereits Wartenden ein und erschreckend musste ich feststellen, dass diese außerordentlich lang war. Das würde bestimmt eine Viertelstunde dauern. Stumm fluchte ich, dann stopfte ich meine Hände wieder in die warmen Taschen meiner Jacke, wobei sie gegen meine kalten Schlüssel stießen.

„Warst du schon mal auf einem Weihnachtsmarkt?", fragte mich Potter, als wir einen Schritt vorangehen konnten und gerade ein älteres Ehepaar kichernd in eine Gondel stieg. „Merlin, machst du Witze, Potter?", entgegnete ich ihm entgeistert und starrte ihn an, als hätte er mir gesagt, Slytherins seien seine besten Freunde. „Ich war jedes Jahr auf diesem Markt! Als meine Schwester und ich noch Kinder waren, sind wir immer zusammen zu den Zuckerwatteständen gelaufen und mein Dad hat uns dann jeweils eine gekauft. Tuni wollte immer eine in Rosa haben, während ich mir eine in Grün gewünscht hatte, die es nicht gab. Am Ende bekamen wir beide Rosa." Ich erinnerte mich gerne an diese Zeit zurück, als noch alles in Ordnung mit mir und Petunia war, als sie mich nicht dafür verabscheute, eine Hexe zu sein. Damals waren wir beiden die besten Freundinnen und heute bekam sie Krämpfe, wenn sie mir etwas Gutes tun sollte. Meine Eltern sagten immer, es mache ihnen nichts, so seien Schwestern eben, wenn sie in der Pubertät waren, aber ich wusste, es ging ihnen auch an die Seele.

„Seit ein paar Jahren gehe ich nur noch alleine hier her", schloss ich langsam und wir konnten noch einen Schritt vorangehen. „Wieso das?", fragte James argwöhnisch. Ich seufzte leise. „Weil ich mit niemanden mehr herkommen will. Wenn ich nur mit meinen Eltern gehen würde, wäre meine Schwester beleidigt, aber ich kann mit meiner Schwester nicht mehr hierherkommen, weil sie mich und meine magischen Kräfte verabscheut." Einen kurzen Moment erlaubte ich mir, bedrückt zu gucken, dann sah ich wieder zu James. „Aber es macht alleine auch genug Spaß, nicht das du denkst, ich würde hier einfach nur trostlos herumlaufen. Manchmal kommt Ellie auch mit, wenn sie mich besuchen kommt."

Vierundzwanzig Stunden (Harry Potter/Jily)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt