Dark Soul

《20》

"Wer ist der Perversling hier?"

"Was hälst du von Lasagne?"

Hunter's Stimme ließ mich kurz von meinem Handy aufsehen, doch mein Blick schweifte schon kurz darauf wieder ab.

"Klingt lecker. Aber haben wir überhaupt die passenden Zutaten dafür?", fragte ich ihn laut zurück, da ich mir nicht sicher war, ob er mich anderenfalls mit dem Kopf in meinem Kühlschrank überhaupt hören würde.

Die letzte Woche über haben wir immer nur zusammen zu Abend gegessen. Am Anfang bin ich immer wieder zu ihm runter gekommen, aber mittlerweile kam er lieber zu mir hoch. Kein Wunder, ich besaß auch mehr Küchengeräte und nach einem ziemlich langem Besuch der Putzfeen seines Freundes sah meine Küche wieder wie neu geboren aus - auch wenn sie es im Grunde sogar war.

"Es überrascht mich zwar, aber dein Kühlschrank scheint auf eine mysteriöse Weise immer gefüllt zu sein. Da drinnen findet man immer alles, was man braucht. Wie stellst du das an? Besitzt du etwa starke Zauberkräfte, die du vor mir versteckst?"

"Du hast es erfasst. Leider sind sie nicht so stark, wie du denkst. Ich kann mir zum Beispiel kein fertiges Essen herzaubern. Oder meine Küche selber wieder auf Vordermann bringen. Das ist die bittere, traurige Wahrheit."

Mittlerweile war ich seine Anwesenheit auch auf eine angenehme Weise gewohnt und wusste sie sogar irgendwie zu schätzen. Manchmal half ich ihm beim Kochen oder aber wir unterhielten uns einfach während des Essens. Wenn man ihn etwas besser kannte, dann war er eigentlich gar nicht so schlimm - wobei von Kennen gar keine Rede war. Immer wenn wir dem Thema Hunter's Leben zu Nahe kamen, wechselte er es ganz schnell. Ich wusste immer noch kaum etwas über ihn. Er aber über mich. Hunter hatte nämlich eine Vorliebe für Fragen und die stellte er mir im Überfluss.

Fragen wie "Wie sah deine Kindheit aus?" oder "Was machst du, wenn du mal nicht deine Küche in Brand setzt?"

Er hatte jeden Abend neue Fragen parat und ehrlich gesagt freute ich mich sogar irgendwie schon darauf. Es waren nämlich nicht immer nur gewöhnliche Fragen, sondern auch welche, über die ich eigentlich sonst nie nachgedacht hätte.

"Mit wem schreibst du da?"

Erschrocken zuckte ich leicht zusammen, als Hunter's Stimme direkt neben meinem Ohr erklang. Mit schneller klopfendem Herzen drehte ich meinen Kopf leicht in seine Richtung und wedelte dann andeutend mit meinem Handy rum.

"Mit meiner Mutter. Shalby hat bald eine weitere Anprobe, zu der sie sie begleitet, aber davor möchte sie noch etwas wichtiges mit mir besprechen."

In einer schnellen Bewegung hat er mir da schon mein Handy weggenommen und flüchtete hastig ein paar Schritte zurück.

"Hey! Was wird das bitte, wenn es zu Ende ist?!", meinte ich verärgert, sprang selbst vom Sofa auf und blieb mit in den Seiten gestemmten Händen vor ihm stehen. "Gib mir sofort mein Handy wieder!"

Nach der Sache mit dem kleinen Unfall in meiner Küche hatte mein Handy nur durch ein Wunder überlebt - ich würde es mir also jetzt nicht wegnehmen lassen.

"Hol es dir halt", gab er amüsiert zurück und hielt mein Handy ganz weit hoch, dass ich hundertprozentig nicht mehr daran kam.

Er hatte sie ja nicht mehr alle! Wie alt war er? 4?!

Hunter war einen guten Kopf größer als ich - da würde ich mir bestimmt nicht die Blöße geben, es auch noch zu versuchen.

"Sag mal, was ist dein Problem?!", schimpfte ich gleich weiter und funkelte ihn wütend an, während er immer noch kindisch mein Handy von mir zu trennen versuchte.