Vor der Party

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Ich hielt die Luft an und verharrte vor dem offenen Kühlschrank. Ein hohes schrilles Lachen hallte durch die Wohnung. Ich rümpfte angewidert die Nase.

„Ach nein, du bringst mich doch immer wieder zum Lachen, Verni!“, quiekte eine mir sehr vertraute Stimme. Ein gedämpftes Grunzen war zu hören. Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich musste mich unwillkürlich schütteln.

„Meine Eltern sind nicht da, wir haben das Haus ganz für uns.“, schnurrte die hohe Stimme. Ich überlegte kurz, ob ich die Beiden auf mich aufmerksam machen sollte, doch es war einfach zu komisch, Petunias jämmerlichen Flirtversuchen zu lauschen.

„Oh wie verlockend.“,  brummte „Verni“. Ich unterdrückte den Lacher, der mir in der Kehle steckte. Das nächste, das ich hörte waren Brechreiz erregende Schmatz-geräusche und ich entschied mich diesem Drama so schnell wie möglich ein Ende zu setzen. Ich knallte den Kühlschrank mit einem lauten Scheppern zu ohne etwas heraus zu nehmen. Der Appetit war mit vergangen. Ich drehte mich in Richtung Flur und streckte den Kopf um die Ecke.

„Lily!“, zischte Petunia und funkelte mich böse an. „Was machst du hier?“, verlangte die zu erfahren. Ich lächelte sie höflich an.

„Ich wohne hier, falls du es noch nicht bemerkt hast.“, säuselte ich und ignorierte Vernon, der sich mit dem Handrücken über den Schnauzbart fuhr um sich womöglich Petunias Sabberreste abzuwischen.

„Hau einfach ab!“, kam es knapp von Petunia. Ich sah sie unempfänglich an.

„Warum denn ich? Ich kann genauso gut zu dir sagen, dass ihr euren Paarungstanz woanders aufführen sollt.“, zischte ich sie an. Petunia machte schmale Augen und griff mit ihren langen knochigen Fingern an Vernons Handgelenk. Es sah ziemlich albern aus, Petunia war weder in der Lage sein speckiges Handgelenk zu umfassen, geschweigenden hatte sie genug Kraft in ihren dürren Armen, ihn mit zu zerren. Vernon jedoch folgte ihr stumm die Treppe hinauf. Ich versuchte darauf zu achten, wer auf der Treppe mehr Krach machte; Petunia, die wie eine wilde Furie mit ihren Stöckelstuhen auf die Stufen eindrosch, oder Vernon, der wie üblich im Elefanten-Stil die Treppe rauf marschierte. Ich seufzte genervt. Nur noch drei grausame Tage mit meiner Schwester und ihrem Nilpferd von Freund, und ich würde mein geliebtes Hogwarts widersehen. Ich vermisste Mary, die mir schon fast jeden Tag eine Eule schickte, wir hatten uns in den Ferien auch hin und wieder getroffen, aber sie fehlte mir trotzdem. In der Schule waren wir unzertrennlich. Seit dem ersten Schultag hockten wir beinahe pausenlos aufeinander. Wenn ich könnte würde ich Petunia auf der Stelle durch sie ersetzen. Mary war schon wie eine Schwester für mich. Mit ihr hatte man immer was zu Lachen. Ich war in den endlos langen Sommerferien schon so gelangweilt, dass ich es mir vorkam, ich würde selbst die ätzenden Rumtreiber und ihre kindischen Streiche ein wenig vermissen, doch ich wusste, ein auf Hogwarts mit ihnen würde ausreichen, um meine Meinung zu ändern.

„Lily? Bist du da?“, rief meine Mom, als sie die Haustür öffnete.

„In der Küche.“, sagte ich und machte mich auf den Weg zu ihr. Sie trug einen großen Strauß Blumen im Arm, in der anderen Hand hielt sie eine Flasche Sekt.

„Oh, sehr gut. Wir wollen gleich los. Meine Güte, du bist ja noch im Pyjama! Warst du bis gerade eben im Bett?“, sagte Mom schockiert und musterte mich. Ich sah an mir herunter. Ich trug ein weites und viel zu großes T-Shirt von meinem Dad, mit dem Aufdruck seines Firmenlogos. Es war ein Werbegeschenk. Dad arbeitete als Klempner für ein ziemlich kleines unbekanntes Unternehmen. Meine Mutter hatte ihren eigenen kleinen Blumenladen, am Ende der Straße. Sie hatte das kleine Geschäft vor knapp zwei Jahren eröffnet und sich bis jetzt noch wacker durchgeschlagen. Ich hatte ihr schon oft in dem kleinen Laden geholfen. Ich mochte es, ihr mit den Blumen zu helfen und außerdem roch es immer so schön in dem kleinen Laden.

„Lily?“, sagte Mom laut und riss mich aus meinen Gedanken. Sie sah mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank.

„Hm, was?“ machte ich. Mom seufzte.

„Geh und zieh dich um, wir wollen gleich zu Tante Franny.“, sagte Mom und stellte die Flasche Sekt in den Kühlschrank.

„Was?“, stöhnte ich. „Wieso denn?“ Mom warf mir einen bösen Blick zu.

„Weil deine Tante heute Geburtstag hat, wie du dich vielleicht erinnerst.“, sagte Mom und sah mich vorwurfsvoll an.

„Wir bleiben doch aber nicht lange, oder?“, fragte ich hoffnungsvoll.

„Lily! Heute ist ihr siebzigster Geburtstag und wir bleiben bis zum Abend.“ Sagte Mom bissig.  Oha, ein runder Geburtstag… Das hieß Großveranstaltung. Tante Franny war berühmt für ihre Betrunkene-Erwachsene-über-Vierzig-Partys. Jedes Mal, wenn es auch nur annähernd etwas zu feiern gab, machte Franny eine riesen Fete draus. Ich stöhnte innerlich bei dem Gedanken an all die Familienmitglieder und Fremden. Ich war mir zu 99 Prozent sicher, dass Tante Franny etwas in die Drinks mischte, um ihren Gästen ein wenig einzuheizen.

Ich stapfte lustlos hoch ins Bad und stieg unter die Dusche. Das Wasser erfrischte mich und gab mir neuen Mut, Frannys Party entgegen zu treten. Ich verließ das Bad in ein Handtuch gewickelt und suchte nach etwas passendem zum Anziehen. Ein Großteil meiner Garderobe bestand aus Petunias abgelegter Kleidung. Petunias Kleidergeschmack war einfach beängstigend. Grelle Tops und knappe Shorts, verziert mit Pailletten und glitzernden Steinchen. Glücklicherweise verbrachte ich über die Hälfte des Jahres in Hogwarts, wo ein einfacher Umhang zur Schuluniform gehörte. Ich kramte missmutig nach etwas einigermaßen sehenswertem und fand ein geblümtes Kleid mit einem schmalen Hüftgürtel. Ich hatte es vor einem Jahr von Mary zu Weihnachten geschenkt bekommen. Es passte noch wie angegossen. Ich begutachtete mich kurz im Spiegel, dann machte ich mich über meine Haare her. Ich trocknete sie auf bequeme Weise mit einem Zauber und ließ mir das rote Haar in ihrem natürlichen welligen Zustand über die Schultern fallen.

„Lily, dein Dad ist da.“, rief meine Mom von unten. „Kommst du?“

„Ja eine Minute, Mom.“, antwortete ich schnell und zog eilig einen Lidstrich und tuschte meine Wimpern. Die Auswahl an Schuhen war begrenzt. Ich besaß genau vier Paar Schuhe: Meine schwarzen Sneakers, ein paar Ballerinas, ein paar ausgelatschte Boots vom letzten Winter und Puschel-Hausschuhe. Ich entschied mich für die Sneakers und beeilte mich, in den Flur zu kommen, wo die anderen schon auf mich wartete. Zu meinem Entsetzen hatte Petunia ihren dünnen mit Spitze bedeckten Arm bei Vernon untergehakt. Ich unterdrückte ein Stöhnen und sah meine Mom mit stummen Entsetzten an.

„Vernon kommt auch mit. Franny hat gesagt je mehr Gäste zum Geburtstag kommen, desto lustiger wird es.“, beantwortete Mom meine unausgesprochene Frage. Das klang nach Franny. Die verrückte schrille Tante Franny, sie konnte es nicht lassen ihre Partys zu schmeißen.

Besser als Feuerwhiskey (Lily+James FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt