Ein neues Schuljahr

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Sechs Wochen Sommerferien waren vergangen und ich stand mit meiner besten Freundin Ellisa wieder hier.
An dem gleichen Ort, den wir vor sechs Wochen den Rücken gekehrt hatten.
Noch ein letzter Zug von meiner Zigarette und dann hieß es auf, in das neue Jahr unserer Berliner Schule.
Ein neues Jahr in dem ich noch so viel vorhatte.

Gleichzeitig schnipsten wir unsere Zigaretten weg und grinsten uns gegenseitig an: Auf in den Kampf.
Ellisa war in der 8. Klasse zu uns gestoßen und wir hatten uns relativ schnell angefreundet, da sie irgendwie wie ich war.

Total durchgeknallt.
Vom Aussehen war sie etwas mollig aber nicht dick und trug sehr figurbetonte Sachen, mit denen sie alle männlichen Blicke auf sich zog. 
Ach ja die Kerle. 
Wie oft hatte sie sich schon irgendwen angelacht und sich dann bei mir ausgeheult, wenn es nicht geklappt hatte?
Genau jedes Mal.
Ein Blick in ihre kristallblauen Augen sagte mir eins: Sie hatte wie ich keine Lust wieder hier zu sein.
Gähnend richtete ich mein schwarz rotes Cap mit der Aufschrift meines Lieblings Comic Charakters: Harley Quinn und blickte mich um. 
Es hatte sich in den sechs Wochen nichts verändert aber hey, wir waren wieder da um die Schule aufzumischen.
„Hast du Bruce gesehen? “, riss mich Ellisa aus meinen Gedanken und ich blickte mich auf den vollen Schulhof um.
„Der Typ aus unserer Klasse, der in deinen Mathe E-Kurs geht? “
Ellisa nickte eifrig und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor sie meinte: „Ich schwöre dieses Jahr wird mein Jahr. “
Bei ihrem entschlossenen Blick konnte ich nicht anders als automatisch loszulachen.
„Du weißt schon, dass es der beliebteste Typ der ganzen Schule ist? Jeder will ihn haben. “
Jap Bruce Mashall war der begehrteste Kerl. 
Sixpack, Sonnenbrille, die er außer im Unterricht nie abnahm, Designer Lederjacken und kurze braune Wuschelhaare. Kurz um: Mädchenschwarm und Badboy in einer Person.
Wenn er nicht gerade mit seiner Zwillingsschwester Francis zusehen war, hatte er einen halben Harem an Frauen um sich.
Francis hingegen war das komplette Gegenteil von ihm.
Im Prinzip sahen sie sich nicht einmal ähnlich, was aber auch daran liegen könnte, weil sie ein Gothic war mit Leib und Seele.
Der schöne Badboy und der stille Grufti.
Irgendwie musste ich über diesen Gedanken grinsen.
„Yas? “, Ellisa schnipste mit ihren Fingern vor meiner Nase.
„Erde an Yasmin Copper unserer Quotenlesbe. “
Sofort wendete ich mich zu ihr und nahm sie spaßeshalber in den Schwitzkasten.
„Hör auf mich so zu nennen. “
„Ok, Ok, aber du kaufst mir nachher ein Schoko Muffin aus der Cafeteria. “
Lachend ließ ich sie los. „Deal, aber nenn mich nicht so. “
Ich wusste zwar wie sie es meinte aber mir ging es immer auf den Sack, wenn man auf Grund meiner Homosexualität so etwas zu mir sagte. 
Es war genauso nervig, wie wenn man irgendwo von Freunden vorgestellt wurde mit dem Satz: „Das ist Yas und sie ist lesbisch. “                    Wusa ja ich war immer noch ein Mensch und kein Alien.
Aber um mich aufzuregen hatte ich keine Zeit, denn mittlerweile waren wir schon etwas spät dran und ich wusste noch nicht in welchen Raum wir mussten.
„Chill mal. Wir haben in unseren alten Klassenraum. Bevor du fragst, im Gegensatz zu dir hab ich noch eine Internetflat und der Plan stand im Netz. “
Manchmal könnte ich sie knuddeln. Oh wartet, dass tat ich auch. 
„ Mal sehen was Karamell so getrieben hat. “, meinte ich schließlich, als wir uns voneinander lösten.

Die Schule war recht groß aber übersichtlich, modern eingerichtet und hatte ganz individuelle Räume. Damit meine ich, dass sie Mathe, Chemie, Kunst etc. Räume jeweils dem Fach entsprechend dekoriert waren.  
Anscheinend war die Tür unseres Klassenzimmers schon offen, denn man hörte eine laute Klasse aus dem Raum. 
Das konnte nur unser Haufen sein!
Eins, zwei, drei: Auf in den Schulalltag!
Ellisa öffnete die angelehnte Tür und wir schlüpften in den Raum.
„Da sind ja unsere Chaosprinces. “, kam von ganz hinten hervor und ich erkannte Karamell. 
Eigentlich hieß sie Klara, aber durch ihren karamellfarbenen, lockigen Haaren und ihrer Sucht nach Karamellbonbons hatte sie sich schnell diesen Spitznamen eingefangen. 
Gerade als wir uns auf den Weg zu ihr machten warf uns Nadine einen gehässigen Blick zu und warf ein: „Da ist ja die Lesbe und ihr Betthäschen. “ in den Raum.
Wir hatten, wie ihr eben gemerkt habt nicht nur Freunde sondern auch ein paar Tussen und Machos die uns nicht mochten. 
In mir spielte gerade Teufel und Engel. 
Engel sagte: „Geh zu Karamell und lass dich nicht auf eine Diskussion ein.
Aber drauf geschissen der Teufel gefiel mir besser, denn ich lehnte mich zu Nadine auf den Tisch und sagte ihr lautstark, sodass es auch ja jeder mitbekam: „ Ist da jemand neidisch oder doch sauer das DU nicht mein Betthäschen bist? “
Grinsend lief ich weiter wobei mir ein: „Wer will schon mit so was hässlichen wie dir vögeln? “ hinterhergerufen wurde.
Darauf ging ich dann lieber doch nicht ein, weil mir die Liste im Kopf mit den ganzen Namen zu lang wurde.
Und bevor es so ausgelegt werden konnte, dass ich eine Schlampe war, beließ ich es dabei.
Vielleicht waren es ein paar Frauen zu viel aber was sollte ich denn machen, wenn die Richtige nicht dabei war?
Eine Beziehung mit jemand eingehen für den ich absolut nichts empfand? 
Ich stand weder darauf mich selbst zu belügen noch die Menschen aus meinem Umfeld.
Somit stand es 1:1  gegen meiner Lieblingsrivalin Nadine und mir.  Der erste Schultag ging schonmal gut los.
Das Jahr konnte noch heiter werden aber es standen noch alle Türen offen.
Die Bank vor Karamell war noch frei, was schon mal perfekt schien: Die Gruppe konnte zusammen bleiben. 
„Endlich sind wir wieder in der Schule. “, stöhnte Karamell auf und Ellisa und ich warfen uns fragende Blicke zu. 
„Wie schlimm? “, fragte Elli, so wie ich Ellisa manchmal liebevoll nannte.
„5 Wochen auf den Bauernhof meiner Oma in Bayern und in der letzten Woche hier in Berlin hat sich ernsthaft mein Freund getrennt und das nur weil wir nichts unternehmen konnten.”
Autsch.
Da war selbst mein Urlaub angenehmer und das obwohl ich größtenteils nur am zuhause rumgegangen hatte.
Ich hobbyloses Mädchen.
„Wenn er sich deshalb von dir getrennt hat, war er es einfach nicht Wert. “, sprach ich Karamell zu, die mich ermutigt ansah.
„Du hast Recht. “
Wir redeten noch ein wenig bis wir von unserem Klassenlehrer Herrn Ricke gestört wurden.

Hateful and Loveable Creatures (GirlxGirl) AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt