02| Der Typ im Gebüsch

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Ich war bereits die Hälfte der Strecke, also 2,5 Kilometer, gejoggt. Ich befand mich in einem kleinen Waldabschnitt von einem Naturgebiet. Um das Gebiet herum waren es fünf Kilometer, weswegen ich einfach nur die Wegstrecke entlang joggen musste. Simpel und übersichtlich. Geht es noch besser? Außerdem fuhren hier im Naturgebiet keine Autos oder Motorräder oder ähnliche Maschinen. Nur Fußgänger, Jogger und Radfahrer. Yuma lief brav neben mir her, wobei er aufmerksam die Gegend beobachtete. Wahrscheinlich stiegen ihm gerade tausend verschiedene Gerüche in die Nase. Und wahrscheinlich würde er jetzt liebend gern wie ein Irrer durch den Wald rennen und irgendwelchen Fährten folgen. Aber dies ging leider nicht.

Wir kamen zu einer Kurve, wonach eine große Pfütze kam. Yuma hatte durst, weswegen wir kurz Halt machten. Ich machte ihn sogar von der Leine, sodass er fünf Minuten für sich selbst Dinge verrichten konnte. Wie erwartet markierte er jeden Baum hier... und hier warn sehr viele Bäume. Rüden eben. Ich lief langsam im Kreis und atmete tief durch, wobei ich schnell merkte, dass mein Puls sank. Momentan war ich noch niemandem begegnet, was ziemlich cool war. Wenn ich niemanden sah, konnte ich besser abschalten. Menschen störten bei sowas immer. Wenn man seinen Kopf freikriegen wollte und seine Gedanken in Ruhe sortieren wollte, dann ging es nicht, wenn dir ständig irgendwelche Leute entgegen kamen.

Das Bellen von Yuma riss mich aus meinen Gedanken. Sofort schaute ich hoch und suchte für ein paar Sekunden den schwarz-braun-weißen Körper, bis ich ihn dann endlich gefunden hatte. Mit der Rutenspitze hoch und einem Bein angehoben stand er da, wobei er aufmerksam etwas vor ihm beobachtete. Hier kam ernsthaft sein Jagdinstinkt durch. Diese typische Jagdhund-Haltung. Plötzlich rannte er los und durch die Büsche, worauf ich ihn nach nur einer Sekunde nicht mehr sehen konnte. Wie von der Hummel gestochen rannte ich hinterher.
>>Yuma!<<, schrie ich seinen Namen, worauf allerdings keine Reaktion kam. Na gut, er war ja auch ein Hund, aber er hätte doch bellen können. Und dann, als ob ich das nicht kommen gesehen hatte, stolperte ich über etwas, was sich genau hinter einem Busch versteckt hatte und ich flog kopfüber in die feuchte Erde. Sofort erhob ich meinen Oberkörper wieder und sah in das geschockte Gesicht eines Jungen.... na ja wohl eher eines jungen Mannes.
Anscheinend hatten wir beide die Situation nicht wirklich realisiert, da wir uns für Momente nur schweigend anstarrten. Dann aber stand er auf und hielt mir eine Hand hin. >>Sorry. Geht es dir gut?<<, fragte er dann und brach das Schweigen. Seine Stimme klang wirklich erwachsen, auch wenn er aussah wie 18 oder so. Kurz zögerte ich noch, bis ich dann auch endlich mal die Situation realisiert hatte.>>J-Ja.<<, murmelte ich nur und nahm zögernd seine Hand an, welche mich dann mit einem kraftvollen Ruck zurück auf die Beine holte. Heiliger Strohsack war diese Situation peinlich! War ich gerade ernsthaft über diesen Typen gestolpert?! Was macht der Typ hier eigentlich hinterm Busch?
>>Warum joggt man denn querfeldein durch den Wald? War da hinten nicht irgendwo ein Steinweg?<<, brach er dann das erneute Schweigen. Ich zögerte mal wieder, da ich mich zu sehr auf seine braunen Augen konzentriert hatte, welche beiläufig erwähnt ziemlich hübsch aussahen. >>I-Ich... äh... Suche meinen Hund. Einen Beagle.<<, stammelte ich und starrte immer noch in seine Augen, welche mich irgendwie fesselten. Er fing an zu grinsen. >>Oh, der ist wahrscheinlich zu meinem Hund gerannt...<<, kratzte er sich am Hinterkopf und sah in eine Richtung, wo man eigentlich nur Bäume und Büsche erkannte. Ich sah ihn fragend an und wartete auf eine genauere Erklärung, welche ich dann auch teilweise bekam. >>Also... Mein Hund wartet da hinten.<<, erklärte er jedoch nicht so ganz ausführlich. Ich zog eine Augenbraue hoch. >>Und... was genau hast du hier gemacht?<<, und genau nachdem ich diese Frage ausgesprochen hatte, wurde ich knallrot. >>D-Du hast doch nicht etwa....!<<. Er fing an zu grinsen. >>Nein, ich hab nicht gepinkelt. Und ein Geschäft erledigt schon gar nicht. Ich hatte mich versteckt.<<, lachte er. Wieder zog ich eine Augenbraue hoch, war jedoch erleichtert, dass ich nicht über ihn gestolpert war, als er gepinkelt hatte. >>Vor wem?<<, sprach ich meinen Blick in Worte aus. Er zeigte mit seinem Zeigefinger in die selbe Richtung wie vorhin. >>Vor meinem Hund. Wir spielen verstecken. Ich hab ihm beigebracht zu warten und mich bei einem Kommando zu suchen. Das trainiert die Nase.<<, erklärte er ausführlich. Ich nickte, da ich es endlich verstanden hatte. Wieder schauten wir uns für eine gefühlte Ewigkeit nur an. Dann fuhr er sich durch seine blonden Haare. >>Also... wollen wir unsere Hunde holen gehen? Bevor sie noch irgendetwas... hundeartiges verrichten?<<, fragte er und war bereit loszulaufen. Ich nickte und folgte ihm. Ja gut, das war kein normales Joggen wie geplant. Mir war diese ganze Situation immer noch total peinlich, weswegen ich wohl auch die ganze Zeit über rot wie eine Tomate war. Normalerweise stolpert man ja auch nicht über Leute, die sich vor ihren Hunden verstecken hinter einem Busch. Haha, das ist eine Gesichte, die man erzählen konnte.

>>Wie heißt du?<<, fragte er beiläufig, als wir wie solche Wanderer durch die wild gewachsenen Büsche und Pflanzen liefen. Na wenn das mal keine Zecken gab. Ich sah auf den Boden und passte auf, wo ich hin trat. >>Summer. Und du?<<, fragte ich und schaute ihn an. Er währenddessen schaute durch die Gegend.
>>Caleb.<<, antwortete er. Cooler Name. Klang nicht so einfallslos wie Marc.
>>Welche Rasse ist dein Hund?<<, stellte ich diesmal die Frage. >>Border Collie. Sie ist allerdings erst 1 einhalb Jahre alt.<<, sagte er.

>>Wow, nur ein halbes Jahr jünger als meiner...<<, kommentierte ich und schaffte es endlich, nicht beim reden wie ein schüchternes, verwirrtes Mädchen zu klingen.

Wir liefen durch einen weiteren Busch, bis wir endlich den Steinweg auf der anderen Seite erreicht hatten, wo unsere Hunde sich amüsierten und sich pausenlos beschnüffelten. Und irgendwie spielten sie miteinander, was für junge Hunde kein Wunder war. Dieser Anblick brachte mich sogar zum grinsen. Endlich mal ein Spielkollege für Yuma, auch wenn ich diesen Typen wohl nie wieder sehen werde.
>>Also dann...<<, fing Caleb wieder an und streichelte seinen Hund. Ich rief Yuma zu mir und leinte ihn wieder an, was ihm anscheinend nicht so gefiel. Ich beobachtete Caleb, wie er seinen Hund anleinte und die Leine mit seinen auffallend, muskulösen Armen festhielt. >>Vielleicht treffen wir uns irgendwann mal wieder.<<, lächelte er. Ich nickte zögernd und lächelte ebenfalls. >>Ich werde dann hoffentlich nicht über dich stolpern.<<, lachte ich dann, worauf er grinste. Und dann, als hätte man uns umprogrammiert, drehten wir uns beide um und liefen getrennte Wege.

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Haha, diese Situation könnte mir passieren beim joggen... Nur laufe ich nicht querfeldein und suche meinen Hund xD
Wie findet ihr es? Zu lang? Zu langweilig? Bin offen für Kritik c:


Altersunterschied...  juckt mich nicht! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt