Teil 6

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Schweren Herzens ging Zoe zu Fuß zum Hauptquartier. Es graute ihr vor der Standpauke, die sie gleich bekommen würde, war sie in diesem Aspekt doch noch immer Kind. Dabei konnte sie es ihrer Mum noch nicht einmal übel nehmen, denn sie hatte wirklich rücksichtslos und ohne nachzudenken gehandelt. Dass sie dieses Gespräch nun schon seit Wochen hinauszögerte, machte es nicht besser, sondern zeigte nur, wie feige sie doch eigentlich war.

Als sie nur noch wenige Häuserblöcke von der Gilde entfernt war, begangen schon die ersten Menschen auf sie einzureden. Genauso, wie das Glockenblümchen war sie stadtbekannt und über ihren Überfall und die Leiche war in vielen Medien berichtet worden. Auch wenn Dimitri es geschafft hatte- fragte sich alleine Gott wie er das gemacht hatte- die Dinge zu verharmlosen, so waren die Menschen doch immer auf eine Sensation fixiert. Oft entstanden Gerüchte, die völlig falsch waren und diese in den falschen Ohren, würde zu einem erneuten Blutbad führen. Der Turm musste stark wirken, uneinnehmbar für jegliche Feinde. Schon alleine deswegen, verdiente Zoe nichts anderes als eine saftige Strafe. Aber erstaunlicher Weise hatte noch keiner die Hand gegen sie erhoben. Dennoch wusste sie, dass sie mit Raphael darüber reden musste. Hier ging es nicht mehr länger um sie und ihre Gefühle. Wenn etwas solch brisantes, wie ein Mordversuch auf einen von Raphaels Sieben an die anderen Mitglieder des Kaders gelangte, dass würden dies auch ihre Feinde nutzen und perfektionieren. Zoe hatte in jener Nacht nicht nur sich, sondern auch Raphael in ein verdammt schlechtes Licht gerückt. Dafür gab es keine Entschuldigung. Das wusste sie. Denn wenn ein Erzengel Gnade zeigte, dann war er schwach.

Mit großer Mühe schaffte sie es den Reportern aus dem Weg zu gehen und auch die neugierigen Blicke versuchte sie zu ignorieren, aber ganz gelang es ihr dann doch nicht. Oft schwappte ihr offenes Interesse entgegen und dann schaute sie dem einen oder anderen einen Moment lang zu lange in die Augen. Die Folge dessen war, dass sie von einer Horde Menschen verfolgt wurde, als sie bei der Gilde ankam. Auch die Kollegen der Gilde überhäuften sie mit Fragen, da nur sehr wenige direkten Zugang zu den Informationen des Turmes hatten. Es war einfach nicht gut für die geistige Gesundheit eines Sterblichen, wenn er zu lange in den Kreisen der Unsterblichen verkehrte. Davon konnte sie ganze Bücher füllen.

Doch eine einzige Peron in ganz New York schien heute kein Interesse an ihr zu haben- ihre Mum. Diese hatte noch nicht einmal aufgesehen, als sie das große imposante, jedoch keineswegs protzige Büro betreten hatte und sich weiter mit irgendetwas vollkommen Unwichtigem beschäftigt. Seufzend ließ sie sich auf einen der gepolsterten Ledersessel fallen und beobachtete sie bei der Arbeit.

Sara Haziz war klein, hatte rabenschwarzes Haar, das jedoch schon einige silbergrauen Strähnen aufwies und durchdringende Augen. Ihr entging nichts, wobei ihr Blick genauso warmherzig, wie stahlhart sein konnte. Dazu kamen noch ihr messerscharfer Verstand und die Gabe auch in den brennzlichsten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und frei von Emotionen zu denken. Die Jäger vertrauen ihr allesamt, da sie keinem von ihnen das Gefühl gab unwichtig zu sein. Sie war perfekt für diesen Job, weswegen sie diesen jetzt auch schon über 20 Jahren tat. Und heute zeigte sie sich mal wieder von ihrer knallharten Jägerseite. Das war also ihre Strafe für das vergehen der einzigen Tochter. Man machte ihr ein schlechtes Gewissen.

Die Strategie wirkte, denn schon nach zehn Minuten war aus der Jägerin ein weinendes Nervenbündel geworden, dass nur noch in die Arme ihrer Mutter wollte. Und da konnte dann auch Sara nicht mehr an sich halten und stürmte halb schluchzend auf sie zu. „Es tut mir leid", stammelte Zoe immer und immer wieder, begriff sie nun endlich ganz, welche Sorgen und Ängste ihre Eltern ausgestanden haben mussten. Jedoch entging weder Sara noch Deacon, der unauffällig ebenfalls zu den weinenden Frauen getreten war, dass sie keinem versprach, es nicht wieder zu tun.

Seufzend sahen sich die beiden Elternteile an, beide mit dem Versprechen in den Augen, sich bei dieser Angelegenheit nicht in das Leben ihres Kindes einzumischen. So gern sie Zoe hatten, sie verstanden doch, dass auch sie ihre Freiheit brauchte. Ansonsten würde sie kaputt gehen. Sowohl Deacon als auch Sara wussten auf welch schmalen Pfad sie sich da bewegten. Einerseits wollten sie Zoe jeden erdenklichen Schutz zukommen lassen, den es gab. Jedoch wussten sie auch, dass ihre Tochter als Jägerin geboren war. Wenn sie nicht ihre Bestimmung ausleben konnte, würde sie verrückt werden. Doch ihr Beruf brachte ganz automatisch den Tod mit sich. Dass sie nun mit dem Turm zusammenarbeitete, machte es nicht besser und doch war sie so sicherer, wie sie es anderes nicht hätte sein können.

Das Summen von Zoes Handy riss alle miteinander aus ihren Gedanken. Ein flüchtiger Blick auf das Display verriet ihr, wer es war. Irritiert versuchte sie sofort den Kontakt mit dieser Person herzustellen, jedoch auf mentaler Ebene. Denn genauso, wie die Sieben Raphael den Bluteid geschworen hatten, hatten es auch die Frauen und Männer von Elenas Himmelsgarde getan, sodass sie nun alle miteinander mental kommunizieren konnten. Eine äußerst nützliche Tatsache, wenn man sich in einer Schlacht befand oder gerade nicht laut reden konnte. Oftmals nutze Zoe die Verbindung auch einfach, als Ablenkung, wenn sie manchmal stundenlang bei einer Jagd auf ihre Beute wartete und sich nicht bewegen durfte.

„Was ist los?", fragte sie sofort nach. Lautlos verabschiedete sie sich von ihren Eltern und ging geistesabwesend Richtung Turm zurück. Vivek antwortete ihr ohne Umschweife: „Du hattest Recht, was deinen Verdacht, des Tattoos wegen betraf. Es ist wirklich ein Symbol. Ich habe unsere Computer mächtig zum Rauchen gebracht, doch mein Vertrauen in dein untrügliches Gedächtnis hatten mich vorangetrieben." An dieser Stelle konnte Zoe nicht anders, ein breites Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, zeugte es doch davon, wie sehr sie sich untereinander vertrauten, dass sogar der kleinste unwichtigste Kommentar ernst genommen wurde. Währenddessen ihre Gedanken ein wenig abschweiften, sprach Vivek unbeirrt weiter, sodass ein kleiner Teil ihres Gehirns gar nicht anders konnte, wie die Informationen in sich aufzusaugen. „Oftmals wurde es in Verbindung mit grausamen Anschlägen gesehen und ich spreche hier von wirklich grausam.", berichtete er weiter. „Hat das Symbol einen Namen?", fragte Zoe dazwischen. „Nein, aber die Organisation, zu dessen Zeichen es geworden ist. Sie nennen sich Golden Birds."

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