Ich weiß noch nicht mal genau, warum mein Gehirn auf die Idee kam, es sei meine Schuld. Wahrscheinlich, weil sie in einem Auto saßen. Möglicherweise wollten sie mich ja besuchen kommen. Oder sie wollten ein Geschenk für mich kaufen. Oder ich habe ihnen zu wenig zurück gegeben und deshalb wollten sie eine Therapie besuchen, um ihre Depression zu bekämpfen.
Mein Gehirn dachte sich die verrücktesten Dinge aus, um mir die Schuld zu zuschieben. Und ich glaubte sie. Ich stellte sie noch nicht einmal in Frage. Ich war einfach nur der festen Überzeugung, es sei meine Schuld gewesen. Und das machte mich krank. Stück für Stück - so langsam, dass ich noch nicht mal die Chance es zu erkennen oder etwas dagegen zu unternehmen. Diese Kälte kroch ganz langsam in meine Knochen und setzte sich dort fest. Wenn ich meinen Freunden davon erzählte, sagten sie mir nur Sachen wie: "Du bist noch geschockt und das ist auch verständlich. Aber keine Sorge, die Zeit heilt alle Wunden." Aber das stimmte nicht. Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Zumindestens nicht, wenn sie so tief waren wie meine.
Ich begann, mich in meiner Arbeit fest zu beißen. Ich saß Tag und Nachts am Schreibtisch. Solange, bis ich mich nicht mehr nur krank fühlte, sondern auch so aussah. Wenn ich mir jetzt Bilder von mir aus dieser Zeit ansehe, dann frage ich mich, warum mich niemand sofort in eine Praxis verschoben hat. Ich sah aus wie eine Leiche. Aber meine Freunde taten einfach so, als wäre alles in Ordnung. Immerhin mochte ich meine Eltern eh nie. Dann würde ich mit ihrem Tod doch wohl auch klarkommen. Im Nachhinein denke ich mir, dass ich ihnen einfach egal war. Aber das stimmt nicht. Sie wussten nur nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Dabei wäre die Antwort so einfach gewesen. Sie hätten mir Hilfe besorgen sollen, ja das hätten sie wirklich machen sollen. Doch ich weiß selber genau, dass ich selber wohl nie angenommen hätte. Und wahrscheinlich wussten sie das genauso gut wie ich.
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Touch the Skyline
Conto"Wer sagt, dass es nicht noch viel weiter geht?", sagte sie mit ihrer weichen Stimme und blickte mich an. "Wer sagt, dass es nicht noch viel mehr gibt, als dass wir uns es je vorstellen könnten?" Sie schaut wieder auf die leuchtende Stadt unter uns...