3. Kapitel

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Es war wundersam mitanzusehen, wie die Leute vor Hagrid zusammenzuckten und ängstlich davonhuschten. Sie hatten Respekt vor ihm, ohne ihn zu kennen. Oder war es eher Angst? Harry war noch nie gut darin gewesen, die Gefühle anderer Menschen zu deuten. Wahrscheinlich, weil er zu sehr mit seinen eigenen Gefühlen und Ängsten beschäftigt war. Dennoch fühlte er sich nicht arrogant oder gar ignorant. Was hatten die Menschen ihm geholfen, dass er sich um ihre Gefühle mehr als einen Gedanken machen sollte?
Sie schritten durch die Masse, die auf den Straßen Londons ihren täglichen Besorgungen nachging und Hagrid schirmte ihn mit seiner massigen Gestalt fast gänzlich ab, so dass er in seinem Rücken Schutz vor dem Gewusel fand.
Er war das erste Mal in London. Mit Hagrid in der U-Bahn nach London zu fahren, war auch ein Erlebnis gewesen, er hatte ihm so viel erzählt. Über seine Eltern, die gestorben waren, um ihn zu beschützen. Nicht bei einem Autounfall, wie es seine Verwandten ihm immer hatten weißmachen wollen. Als er von der Lüge erfahren hatte, war er wütend gewesen. Wütend und enttäuscht. Wie konnte seine Tante, die doch die Schwester seiner Mutter war, das so stehen lassen und seine Eltern in so ein schlechtes Licht rücken? Er verstand nur, dass das kein Verhalten eines guten Menschen war. Was hatte er auch anderes erwartet..
Er war ein Held! Er hatte den größten Schwarzmagier seit Gellert Grindelwald besiegt und dessen Todesfluch überlebt! Todesfluch!
Er war nicht Nichts, er war Harry James Potter, der Junge, der lebt.
Der Name war Lord Voldemort. Selbst diese schlichte Bezeichnung hatte etwas an sich, was ihm Gänsehaut verschaffte. Aus einem Grund, den er selber nicht verstand.
Jetzt schlenderte er nun, zusammen mit einem Riesen, oder was auch immer Hagrid war, durch die Gassen und Straßen Londons.
Der Boden war feucht und mit Pfützen übersät. Es musste vor längerer Zeit geregnet haben...
Plötzlich blieb Hagrid stehen, sodass Harry fast gegen ihn lief, sich aber noch rechtzeitig stoppen konnte.
,,Das hier, Harry-", er breitete die massigen, in den Mantel gehüllten, Arme aus und lächelte breit, ,,-ist der Tropfende Kessel, der Eingang zur Winkelgasse."

Harry sah sich stirnrunzelnd um, sie standen vor einem runtergekommenen Pub, der seltsam eingeengt von den Häusern um ihn herum aussah. Seltsamerweise schien ihn keiner, außer ihnen, zu bemerken.
Hagrid sah sich um, nickte ihm zu, um ihm zu signalisieren, dass er ihm folgen sollte, und betrat den Pub.

Die Winkelgasse war ein wundersamer Ort. Die enge Gasse war vom puren Leben und einem magischen Knistern erfüllt. Überall wurden die wundersamsten Dinge angeboten.
Kröten, die man als Haustier halten konnte, kleine Goldkessel und sogar Besen.
Harry wünschte sich, dass er mehr Zeit gehabt hätte, um sich näher umzusehen, aber nachdem er mit Hagrid in Gringotts gewesen war, um Gold aus dem Verlies seiner Eltern abzuholen, war er gänzlich damit beschäftigt, die Sachen zu besorgen, die er für Hogwarts brauchte. Seine Eltern waren nicht arme Säufer gewesen. Sie hatten Gold. Eher gesagt, sogar ein riesengroßes Verlies voll mit abertausend Goldmünzen.

Das, was ihn aber eher beschäftigte, war das eng verschnürte und kleine Paket, das Hagrid aus einem anderen Verlies geholt hatte, dessen Nummer er sich nicht gemerkt hatte. Das war insofern interessant, da er sich so verhalten hatte, als wäre es eine absolut geheime Spezial-Mission und so fing er an, darüber nachzudenken, was so Wichtiges in diesen kleinem Paket sein könnte.

Inzwischen war er sich ziemlich sicher, dass aus den Taten seiner Tante nichts als purer Neid sprach und das ließ einen bitteren Nachgeschmack zurück. Sie hatte ihn wie Dreck behandelt und zugelassen, dass sein Onkel, der nicht mal mit ihm verwandt war, und sein Cousin Dudley ihn quälten, als Sklaven missbrauchten und ihn leiden ließen. Sie war erbärmlich. Er dachte an all die Tagen zurück, an denen er sich gefragt hatte, womit er dieses Leben verdient hatte, warum er überlebt hatte. Und jetzt hatte alles einen Grund. Er war ein Zauberer; er war speziell. Er hatte es verdient, zu leben.

Er blickte auf den letzten Punkt auf seiner Hogwarts-Liste. ,,Ein Zauberstab", murmelte er vor sich hin und betrachtete den Rücken von Hagrid, der gerade damit beschäftigt war, einen geeigneten Kessel für Harry am Stand vor ihnen zu besorgen.
Hatte Hagrid nicht kurz erwähnt, dass er seinen ehemaligen Stab, von dem er noch einen Teil besaß, bei Ollivanders gekauft hatte; einem Zauberstabmacher, der die besten Zauberstäbe ganz Englands anfertigte?
,,Hagrid?", fragte er vorsichtig. Hagrids wuchtiger Kopf drehte sich zu ihm. ,,Ja, Harry?", fragte er leicht abgelenkt. ,,Ich hatte mich gefragt, ob ich schon einmal meinen Zauberstab holen kann, während Sie sich um meinen Kessel kümmern? Natürlich komme ich später zu Ihnen zurück. Treffen wir uns hier wieder?" Ein unschuldiges Lächeln zierte Harrys Gesicht und er hatte einen fragenden Ausdruck in seinen Augen. Hagrid nickte lächelnd und wandte sich wieder dem Stand zu.
Harry fing an zu grinsen und drehte sich um. Jetzt musste er nur noch Ollivanders Laden finden, um seinen Eintritt in die Zauberwelt entgültig zu besiegeln. Er fragte sich, wie genau man einen Zauberstab bekam. Wurde er einem zugewiesen? Wenn ja, dann wie? Das waren die Fragen, von denen er dachte, dass Ollivander sie bestimmt beantworten konnte.

Pure Aufregung zuckte durch seinen Körper. Er würde bald in der Lage sein, richtige Magie anzuwenden. Eventuell konnte er es Dudley dann sofort heimzahlen oder er könnte ihm wenigstens Angst machen, so dumm wie sein Cousin normalerweise war.
Nachdem er weiter der Gasse gefolgt war, türmte sich ein Laden zwischen vielen, kleinen Ständen auf, an dessen Eingangstür ein Ziel angebracht war, das darauf hinwies, dass dies Ollivanders Laden war.
Er lächelte befreit und ließ seinen Blick über die verzierte Tür wandern. Sie glänzte wie Gold und selbst diese Tür schien eine Art von Magie auszustrahlen, die Harry begierig in sich aufnahm, um sie spüren zu können. Die Magie, die bald ein Teil seines Lebens sein würde oder es gar schon war. Er atmete durch und öffnete die Ladentür, um in den Landen einzutreten. Wenn er die Schwelle dieses Ladens das nächste Mal übertreten würde, wäre er ein richtiger Zauberer; mit einem Zauberstab, der seine Magie katalisierte und ihn sie anwenden ließ.


Er hatte sich noch nie so gut gefühlt.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 09, 2017 ⏰

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