Kapitel 1

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Gigi's P.O.V.:
„Nein, bitte nicht!“ rief ich, doch sie lachten einfach nur und traten weiter auf mich ein. Tränen stiegen mir in die Augen. Warum? dachte ich wie jedes mal. Was habe ich ihnen getan?Es klingelte und sie ließen endlich lachend von mir ab und verließen somit Golgota. Golgota.. Ich hab den Platz mit der Bank hinter dem Schulgebäude so genannt, weil das hier der Ort ist, an den ich geschleppt werde, wenn meine Mitschüler sich mal wieder dazu entscheiden mein Ego,so wie meinen Körper zu demolieren. Golgota ist aus der Bibel. Der Platz ,an dem man gekreuzigt wird. Übersetzt SCHÄDELPLATZ. Vielleicht sollte ich aufhören so eine Streberin zu sein, dann würden diese Ausgeburten der Hölle aka. die “coolen“ Kinder, mich vielleicht in Ruhe lassen. Zitternd richtete mich auf. Ich hatte das Gefühl, dass sie sich heute besonders viel Mühe gegeben haben. Stöhnend hielt ich mir meine Rippen. Wie zur Hölle sollte ich meinen Eltern heute erklären, warum ich wieder überall blaue Flecken habe?! Die Entschuldigung, dass ich die Treppe runter gefallen bin, können sie mir ja nicht jedes mal abkaufen. Ich richtete mich auf und ging wieder in meine Schule oder auch meine persönliche Hölle mit meinen persönlichen Teufeln. Ich wollte definitiv nicht in den Unterricht gehen. Sehen, wie mich wieder alle auslachen. Von meinen Lehrern zusammengeschissen werden, weil ich mal wieder zu spät bin. Ich halte das einfach nicht mehr aus. Ich KANN einfach nicht mehr. Also nehme ich meinen Rucksack und laufe Richtung Mädchentoilette. Manchmal schaffe ich es mich hier zu verstecken, aber nur manchmal. Meine Mitschüler sind zwar grausame Arschlöcher, doch leider weder blöd, noch schwach oder langsam. Sie erwischen mich fast immer, bevor ich ihnen hier entkommen kann. Als ich in die Toilette trete, vergewissere ich mich erstmal, das niemand da ist. Dann sehe ich in den Spiegel. Ich habe dunkelbraune Haare, braune große Augen (Mein Bruder besteht darauf ,dass ich “Bambi Augen“ habe) einigermaßen dunkle Haut und ein paar Sommersprossen auf meiner Nase und meinen Wangenknochen.Eben typisch italienisch.Es gibt Leute ,die sagen, dass ich hübsch bin. Früher habe ich das sogar geglaubt. Mittlerweile denke ich da aber anders drüber. Wenn du geschlagen wirst,und dir an den Kopf geworfen wird ,wie hässlich und was für ein Loser du bist, kannst du einfach nicht glauben ,hübsch zu sein. Vor allem jetzt... mit meinen vom weinen gerötete Augen sehe ich bestimmt nicht besonders ansehnlich aus. Ich zog mein Handy aus der kleinen Tasche vorne an meinem Rucksack. Die Hülle streifte ich ab. In der Innenseite meiner Handyhülle hatte ich mit Klebeband eine Rasierklinge befestigt. Ich entfernte sie mit zitternden Fingern. Mein Bruder,Vinny, weiß ,dass ich mich ritze. Auch wenn er denkt, dass ich wie versprochen aufgehört habe. Das war die Bedingung, damit er es unseren Eltern nicht erzählt. Unnötig zu erwähnen, dass ich dieses Versprechen nicht gehalten habe...
Langsam ließ ich die Klinge über meinen linken Arm gleiten. Ich habe es immer nur dort getan. Damit nichts zu auffällig wird. Das Blut strömt meinen Arm hinunter. Es brennt, sehr, doch irgendwie fühlt es sich... befriedigend an. Das Blut vermischt sich mit meinen Tränen, die ebenfalls in unaufhörlichen Strömen fließen. Ich weiß nicht wie viele Schnitte es genau waren ,alles was ich weiß, ist ,dass sich um mich herum eine Blutlache gebildet hat. Ich lasse mich auf den Boden sinken und vergrabe mein Gesicht in meinen Armen. „Giselle?!“ höre ich auf einmal eine Stimme. Dammit.

Mr.Timmet's P.O.V.:
Der Unterricht hatte begonnen. Doch jemand fehlte. Definitiv. Der Fensterplatz in der letzten Reihe, der normalerweise von Giselle Mauro besetzt wurde, war leer. Aber ich hatte sie doch heute auf dem Schulflur gesehen?! Oder nicht?!Giselle ist ziemlich zurückhaltend und schüchtern. Ganz anders als ich großer Bruder Vinchenzo, der immer einer der beliebtesten war. Er müsste jetzt 23 sein ,soweit ich weiß. Aber wo war seine kleine Schwester? „Habt ihr Giselle gesehen?“ frage ich die Klasse. Die meisten fangen an zu kichern. „Wahrscheinlich ist sie auf dem Klo und heult!“ ruft Jennifer rein. Was haben diese Kinder nur wieder gemacht ? denke ich seufzend und stehe auf. Das arme Mädchen hat das nicht verdient. Immer wird sie von den anderen runtergemacht, dabei hat sie mehr drauf, als die meisten hier.Ich verlasse ohne ein Wort das Klassenzimmer. Ich hätte schon viel früher ihre Eltern informieren sollen. Über das Mobbing, doch meiner Kollegen sind der Meinung, dass das nun mal dazu gehört. Die wollen alle nur keinen Stress! Ich betrete die Mädchentoilette, nachdem ich schluchzen daraus vernehme kann.

Gigi's P.O.V.:
Ich blicke auf. Verdammt,Mr.Timmet steht im Türrahmen. „Das ist eine Mädchentoilette.“ ,stelle ich mit bröckelnder Stimme fest. Er erwidert nichts und hilft mir auf. Er ist mein Lieblingslehrer. Steinalt und sieht immer so aus und redet so ,als ob ihn der Scheiß nicht interessieren würde. Ironischerweise bin ich mir sicher ,dass er der einzige Lehrer an dieser Schule ist, den es interessiert ,wie es seinen Schützlingen geht. Als ich in den Spiegel sehe, erschrecke ich mich erstmal selber. Dadurch ,dass ich mein Gesicht in meinen Armen vergraben habe, ist es voller Blut. Ich seh aus ,wie ein Massenmörder. Und mein Pullover und meine Hose sind ebenfalls voller Blut. Jetzt verstehe ich zum ersten mal wirklich, den Begriff “Blutbad“. Mr.Timmet reißt mich aus meinen Gedanken,als er mich fragt, ob ich Wechselsachen dabei habe. Ich nicke. Das habe ich immer. Es passiert ziemlich oft, dass ich in der Cafeteria “ausversehen“ mit irgendwas überschüttet werde. Nach dem ich sie aus meinem Spind geholt habe, ziehe ich mich in der Umkleide um. Mein Chemielehrer ist in der Zwischenzeit ins Lehrerzimmer gegangen , um vermutlich meine Eltern anzurufen. Das könnte definitiv lustig werden. Als ich wieder einigermaßen normal aussehe, setze ich mich wie Mr.Timmet es mir gesagt hatte vors Sekretariat und warte auf meine Eltern.

Lil Sis (Motionless In White)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt