Kapitel 4: Verzweiflung

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Ich konnte nichts sehen. Ich wurde geblendet. Das kalte und künstliche Licht strahlte mir in die Augen und erfüllte mich. Ich sah an mir herunter und erkannte, dass ich vollkommen verdreckt war. Alles war voll mit Erde und schmutz, doch es störte mich nicht. Ich schüttelte mich wie ein Hund und der ganze Dreck fiel von mir ab. Es war, als wäre er von mir abgeperlt. Dieser Anzug scheint aus einem abweisenden Stoff zu bestehen, denn auf ihm blieb kein Schmutz zurück. Ich sah auf meine Hände herunter. Ich zitterte. Ich spürte, wie eine Träne über meine Wange lief. Was hatte ich bloß getan? Hatte ich nicht den Schmerz in seinen Augen gesehen? Hatte ich seinen Schmerz wirklich genossen? Was war bloß los mit mir? Ich war nicht mehr ich selbst, als ich gegen ihn kämpfte. Ich war so von der Angst überlagert, dass sie mich komplett einnahm. Zum zweiten Mal an diesem Tag sank ich ihn dem Startraum auf die Knie. Und ich weine. Ich weinte so unendlich viele Tränen, weil ich doch niemanden hatte verletzen wollen. Ich war viel zu sehr auf mein eigenes Überleben bedacht, sodass ich gar nicht mehr an etwas anderes denken konnte. Doch als ich kurz davor war, ganz zusammenzubrechen, ertönte das Dröhnen erneut in meinem Ohr.

„Nana mein Schatz. So schlecht warst du doch gar nicht. Du warst sogar ganz gut, meine Liebe. Kein Grund sich zu schämen. Hör doch bitte auf zu heulen, du siehst ja schon total aufgequollen und krank aus!"

Dieser Idiot. Er hatte doch auch nichts anderes im Sinne, als sein Aussehen. Wahrscheinlich war ich eine Schande für sein kranken Unternehmen, oder was sonst hinter diesem Wahnsinn steckte. Ich richtete mich auf und schaute mich um. Doch ich konnte den Ursprung seiner Stimme nicht ausmachen. Sie kam von überall und nirgends. Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

„Wo bist du?", schrie ich.

„Das ist doch ganz egal Yuki-Schätzchen. Heute zählt nur..."

„Nenn mich nicht so du krankes Schwein! Wo bin ich? Was soll denn dieses ganze Spielchen hier? Wenn das ein Witz sein soll, dann ist er nicht komisch. Denn das, was ich gerade da drin tun musste, werde ich sicher nicht nochmal tun. Warum hast du mich gezwungen, dieses Ding da drin umzubringen? Warum hat es mich immerzu angegriffen? Was habt ihr mit ihm getan?"

„Yuka, Yuka, Yuka, jetzt beruhige dich doch. Ich bin dein Freund, ja? Ich will doch wirklich nur das Beste für dich. Und natürlich wirst du das nochmal tun, du bist ein Naturtalent."

„Ich werde niemanden verletzen, der es nicht verdient hat. Und der Einzige, der es in meinen Augen verdient hat, verletzt zu werden, bist im Moment du."

„Yuka, ich..."

Ich hörte, wie seine Stimme brach und er tief durchatmete. Ich hatte ihn also aus dem Konzept gebracht, das war gut. Je besser ich die Schwachstellen meiner Feinde kenne, desto einfacher wird es, hier wieder rauszukommen.

„Ich würde dich jetzt bitten, ganz ruhig zu bleiben. Ich versuche nur, dir alles zu erklären, in Ordnung? Also wenn du mir jetzt bitte zuhören könntest, ohne sofort durchzudrehen, wäre das sowohl für mich, als auch für dich vorteilhaft."

„Ok, dann rede. Bin ganz Ohr."

Hoffentlich klang das gelassen. Innerlich war ich so angespannt, dass ich die Luft anhielt und meine Hände noch immer zu Fäusten ballte, in der Hoffnung, dass man nicht sieht, wie sehr ich zittere.

„Also meine Liebe, zuerst einmal will ich klarstellen, dass ich nicht dein Feind bin, in Ordnung? Und dieses Monster, gegen welches du kämpfen musstest, brauch dir doch keinesfalls leid zu tun. Es ist beeindruckend, nicht wahr? Ihr Anfänger seid noch so leicht zu täuschen, weil die an diese künstliche Umgebung gewöhnt seid. Es war lediglich eine Produktion unseres Systems. Etwas, dass dir Angst bereitet. Wir kennen dich besser, als du selbst Schatz und wir wissen, was gut für dich ist."

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