" Guten Morgen mum, guten Morgen dad". Ich gab den beiden glücklich einen Kuss auf die Wange.
Heute würde ich mich das erste Mal mit meinem Freund Lion treffen, da war ich natürlich sehr aufgeregt.
" Guten Morgen Ela, gut geschlafen? ", erkundigte sich meine Mutter bei mir, während mein Vater genüsslich seinen Kaffee schlürfte. Anscheinend war meine Mutter gut gelaunt, denn sie sprach meinen Namen " Ella " aus und nicht wie sonst, wenn sie gestresst oder genervt war, "Ela". Ich nickte ihr unschuldig zu. Wenn die wüsste, dass ich die ganze Nacht nicht hatte schlafen können. Mein ganzer Körper kribbelte wie wild, so sehr freute ich mich auf das Treffen mit Lion. Gestern hatte ich noch einmal mit ihm telefoniert und er erzählte mir, dass er es kaum erwarten konnte, mich wiederzusehen. Getroffen hatten wir uns schon viele Male, doch damals bloß als Freunde. Heute war das erste offizielle Date mit ihm.
Schnell aß ich mein Frühstück und beeilte mich dann aus der Haustür zu kommen, da ich sonst meinen Bus verpassen würde.
Zu diesem Zeitpunkt war mein Leben ein absoluter Traum:
1. Meine beste Freundin Mareike war gerade vor ein paar Tagen erst aus Australien zurückgekommen, wo sie das letzte Jahr bei ihrer Gastfamilie verbracht hatte. Das hatte natürlich schon eine fette Willkommensparty für sie gegeben. Sie war total überrascht gewesen, hatte sich aber auch mega darüber gefreut.
2. Mit Lion war ich endlich zusammen und das war schon ein sehr großes Ereignis, schließlich war ich schon seit zwei Jahren nahezu unsterblich in diesen wunderbaren, gut aussehenden Jungen verliebt. Lion war schon siebzehn, fast achtzehn und ich war gerade vor einem Monat, dem Juli, erst sechzehn geworden.
3. Meine Eltern stritten sich kaum noch, nicht, wie sie es früher einmal getan hatten.
Also wie man bemerkt, ein absoluter Traum. Meiner Familie, meinen Freunden und mir ging es einfach super. Doch da wusste ich noch nicht, wie schnell sich der Traum in einen Albtraum verwandeln konnte.
Ein paar Stunden später war die Schule dann auch vorbei, ich packte meine Schulsachen in meinen Rucksack und verließ eilig das Klassenzimmer. Auf dem Weg nach Hause begegnete ich einer sehr merkwürdigen Frau. Die ältere Dame fuchtelte ununterbrochen mit den Händen in der Luft herum und stieß etwas hervor, dass wie :" Oh Herr im Himmel, was mag da nur passiert sein. Möge Gott sie beschützen" oder so etwas in der Art klang. Ich schüttelte nur leicht verwirrt mit dem Kopf und setzte meinen Weg in Richtung Zuhause weiter fort. Bei so welchen Ereignissen dachte ich mir als gebürtige Berlinerin nun wirklich nichts mehr.
Wie sollte man auch?
Schließlich traf man ihr alle naselang auf solche Leute, die wirre Geschichten zum Besten gaben oder gruselige Gespenster bei sich im Kleiderschrank gefunden hatten.
Trotzdem lief ich etwas zügiger.
Ich musste mich nämlich mit dem Essen beeilen, da ich sonst zu spät zu meinem ersten Date kommen würde. Und das durfte mir nicht passieren, denn ich war perfekt dafür vorbereitet.
Gestern hatte ich mich extra wegen dem Treffen mit Lion nach der Schule mit Mareike getroffen, damit wir Makeup, Klamotten und Frisur besprechen konnten. Ich hatte sie die ganze Zeit mit meinem nervösen Verhalten verrückt gemacht, doch kannte sie diese Situation bereits von ihrem ersten Date, nur war da alles natürlich andersherum verlaufen.
Plötzlich nahm ich einen merkwürdigen Geruch wahr.
Was mochte das wohl sein?
Ich kannte einen derartigen Geruch nicht, also konnte ich ihn nicht zuordnen, was mich nervöser machte, als ich ohnehin schon war.
Je näher ich meinem Zuhause kam, desto stärker drang der intensive Geruch in meine Nase. Ich wurde zunehmend hibbeliger. Es war mir fremd, etwas nicht bestimmen zu können. Sonst gab es das Handy, welches mich über alles mir Unbekannte aufklärte. Es gab für mich nichts Schlimmeres als Ungewissheit.
Etwas nicht verstehen zu können machte mich einfach verrückt, was mir in der Schule allerdings zugute kam, da ich so immer nachfragte und fast alles verstand.
Immer noch auf dem Weg nach Hause, aktuell total nervös und aufgeregt, hatte ich es dann mit der Angst zutun bekommen und wurde schneller, ich lief fast schon.
Währenddessen schossen mir einige, teilst verzweifelte, teilst die Situation neutral betrachtende Gedanken durch den Kopf.
War ein Mülleimer umgekippt? Das roch manchmal auch schon sehr , sehr intensiv. Den Geruch allerdings kannte ich nur zu gut, da es bei uns in der Gegend öfters Mal Jugendliche gab, sie waren meist betrunken, die es sich aus irgendeiner Laune heraus zur Aufgabe machten, die ganzen Mülltonnen umzukippen. Das war für die betroffenen Anwohner natürlich eher weniger lustig. Doch das kam eher weniger infrage, da ich diesen Geruch leider schon kannte.
Hatte jemand spontan einen Komposthaufen auf der Straße eröffnet? Nein, das war zu absurd, außerdem roch das bestimmt ganz anders. Aber was war es denn dann?
Oder hatte etwa wieder jemand ausprobiert, wie lange die Holzbänke neben den großen Linden brauchten, bis sie Feuer fingen und völlig abfackelten, wie es neulich schon einmal passiert war? Was natürlich auch immer mit der Gefahr verbunden war, dass die Flammen der Bänke bis zu den Bäumen reichten und diese dann auch abbrannten.
Das kam dem Geruch schon etwas näher, aber das war es auch nicht, es war noch... noch intensiver, der Geruch war... ja man könnte sagen, aufdringlich.
Ich fing an zu laufen.
Schließlich war ich in der Straße, wo sich mein Haus befand, angelangt und schaute mich suchend um.
Da entdeckte ich es. Diesen Anblick werde ich niemals vergessen können.
Wie das Haus meiner Eltern dort in Flammen stand. Es war ein schrecklicher Anblick. Die Flammen stoben aus den Fenstern, sie hatten bereits den Dachstuhl erreicht und wanderten immer weiter nach oben.
Am liebsten hätte ich mich auf die Straße gelegt, meine Arme und Beine ausgebreitet und einfach nur geschrien.
Zuerst war ich wie gelähmt, doch dann spürte ich, wie das Adrenalin sich sehr zügig in meinem Körper verbreitete. Zuerst durch meine Beine, in meinen Oberkörper bis zu meinen Armen, bis es schlussendlich in meinem Kopf endete. Dann passierte alles eigentlich ganz schnell. Ich erlitt einen Energieschub, spannte alle meine Muskeln im gesamten Körper an, ließ meinen Rucksack ruckartig fallen und rannte los, schneller und schneller.
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I don't care keep the pain in heaven
Teen FictionErschüttert von dem, was vor einigen Tagen passiert war, saß ich einsam, in mich zusammengesunken mit undurchschaubarer Miene auf der Bank, gegenüber eines völlig ausgebrannten Hauses, welches ich mal "mein Zuhause" genannt hatte. Ich hatte alles v...