-Emma-
Ich blicke in die Dunkelheit, in die Richtung in der sie aus meinem Blickfeld entschwunden ist. Zwar höre ich noch immer den Motor ihres Wagens in der Ferne leise summen, aber auch dieses Geräusch nehme ich schon nach wenigen Minuten nicht mehr wahr.
„Sie ist weg", flüstere ich, die Stille der Industrieanlage umgibt mich wieder. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür das sie mir nur ansatzweise Beachtung geschenkt hatte, für sie war ich wohl nur ein kleines Mädchen das sich in irgendeiner Lagerhalle herumtrieb. Ich dagegen werde von der beginnenden Nacht umhüllt die sich kühl auf mein Gesicht legt, dabei bekomme ich diese hübsche Fremde nicht mehr aus meinem Kopf, ihre liebliche Stimme verhallt immer wieder in meinen Ohren, prallt an den Wänden meiner gefangenen Empfindungen ab und zeigen mir ihr wunderschönes Gesicht. In meinem Bauch entsteht warmes Kribbeln wie ich es noch nie erlebt habe, sodass sich alles zu einem warmen Wohlbefinden vereint. Diese unbekannte Schönheit schwirrt weiter und weiter bis meine Knie weich werden. Die letzten glühenden Sonnenstrahlen hatten es mir gestattet sie zu erspähen, wie sie am Steuer ihres Wagens an mir vorbeigerast war. Nur die Zeitspanne eines Wimpernschlages bemessen, doch genügte diese mir vollkommen um ihr Antlitz nicht mehr aus meiner Gedankenwelt verbannen zu können. Die braunen Haare im Fahrtwind glichen einer seidigen Flüssigkeit, wirbelten und tanzten in alle Richtungen. Ihre grünen Augen hatten im Licht der Scheinwerfer kurz gefunkelt. Nase und Mund schmeichelten lieblich ihrem zarten Aussehen. Dieser Moment lässt mich einfach nicht mehr los, es fühlt sich toll an. Sie ist mir völlig unbekannt und dennoch fliegen mir Schmetterlinge in meinem Bauch umher, verleihen mir das Gefühl ich wäre verliebt. Aber das kann nicht sein, das kann nicht sein, versuche ich mir logisch zu erklären.
Ich bin völlig verwirrt.
„Bitte bleib bei mir", fispere ich erdrückt der Fremden hinterher, die schon längst aus meiner Reichweite entschwunden ist. „Ich will nicht das du aus meinem vermasselten Leben gehst."
Die angeflehten Worte aus meinem Munde vernimmt sie nicht mehr, sind zu trocken und sachte um sie noch zu erreichen, aber ich möchte sie unbedingt wiedersehen, möchte sie in meiner Nähe spüren und ihr gestehen wie sie mir den verwirrten Kopf verdreht. In mir werden rationale Denkmuster erstickt und machen einer unerklärbaren Sehnsucht platz. Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Auch wenn mein Gefühlszustand einer holprigen Achterbahnfahrt gleicht, bringt dieser Zustand sie ganz nah zu mir, dennoch schleicht sich allmählich doch Furcht in meine Kehle, kriecht hinunter bis zu meiner Brust und belegt mich mit dort mit weichen Knie sie nie wieder zu sehen. Ich zittere in diesen Kampf hinein und will meine Gedanken und Gefühle nicht in diese Richtung lenken, die mir Szenarien aufzeigen in denen ich sie nie wieder erblicken werde. Noch nie hat jemand solch Verwirrtheit und doch Liebe in mir ausgelöst. Moment mal, denke ich an Liebe? Ich versuche diese eingebildete Zuneigung in Worte zu fassen um mir etwas von diesem Gefühlschaos auszureden: „Ich bin Emma Sommer und ich habe einen an der Klatsche, ich habe mich in eine Frau..."
Ich stocke mitten im Satz, traue mich nicht ihn zuende zu denken, habe Angst davor mir meine Gefühle einzugestehen. Da ich doch noch nie etwas für das gleiche Geschlecht empfunden habe, hatte mich noch nie zu Mädchen hingezogen gefühlt.
„Zu lieben und ihr hinterher zu weinen."
Noch immer ist die Nacht kühl und seit den letzten Minuten hatten sich wohl keinerlei Temperaturschwankungen in der Erdatmosphäre eingestellt, jedoch brennen die Tränen bitter und heiß, die mir über die Wangen laufen. Unwillkürlich werde ich mir diesem Zustand bewusst und versuche damit umzugehen, aber gelingt mir keinerlei Ausweg daraus. Will ich denn einen Ausweg finden, oder gar diese neu entdeckten Gefühle verbannen? Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Fragil zerbricht dieser Bann bestehend aus Zweifel und Sehnsucht in meinem Herz und dieses Trümmerfeld in mir bleibt liegen, die übrig gebliebenen Splitter jedoch melden sich umso stärker und deutlicher, fügen sich heilend wieder zu etwas kleinerem aber klareren zusammen.
„Ich liebe dich du unbekannte Schönheit", stelle ich unerschütterlich fest. „Habe aber schreckliche Angst davor dich nie wieder zu sehen."
Es vergehen wohl Stunden oder doch nur Sekunden mit dieser Erkenntnis, bis meine weichen Knie endgültig nachgeben und ich dem Boden entgegen sacke, dort fange ich dann einfach an zu schluchzen.
„Ich will doch nur geliebt werden."
Verwechsele ich gerade die unerwiderte Liebe meiner Mutter mit der Liebe die man zu einer Person aufbauen kann? Gibt es Liebe auf den ersten Blick? Verzerren sich meine Empfindungen wieder zu etwas anderem das ich wieder nicht deuten kann? Ich war mir doch so sicher das ich meinen Gefühlen trauen kann, wodurch diese eine Begegnung hindeutet, wiederum darf ich mich nicht in falscher Zuneigung verlieren. Zuneigung die ich mit Liebe verwechsele. Bin ich wieder an den Anfang angelangt der mir verwirrend Liebe vorgaukelt? Ich drehe mich im Kreis, dabei war ich mir doch sicher. Ich liebe sie. Ich schluchze immer mehr in meine Arme die auf meine angewinkelten Beine liegen, ergehe diesem Kreislauf von für und wider, glaube nicht mehr was in meinem Kopf vorgeht. Glaube an gar nichts mehr. Oder glaube ich doch noch? Liebe ich? Oder will ich einfach nur geliebt werden? Die Liebe, die ich schon zu lange nicht mehr verspüren durfte, kann es sein das mein Verstand langsam nicht mehr weiß was ich will?
„Ich weiß es nicht mehr", verlässt das gesagte meinen Mund, nein ich hatte es geschrien , fällt aber hohl über mich hinweg. „Ich sehne mich nach dir."
Aus dem Augenwinkel nehme ich Bewegung wahr die mir brennend in die Augen sticht, meine verklebten Wimpern lassen klare Sicht nur bedingt zu und der Schleier aus Tränen schwimmt noch immer über meine Augen. Etwas unförmiges kommt auf mich zu umhüllt von grellem Licht, greift nach meiner Aufmerksamkeit, doch die Intensität nimmt von Sekunde zu Sekunde immer mehr zu, umgibt mich gleißend, sodass nicht mal meine zusammengekniffenen Lider mir Finsternis schenken können. Das schrillende aber kurze Geräusch quält durch die Gehörgänge, aber der spitze und doch dumpfe Schmerz beendet dieses Martyrium. Ein kurzer aber heftiger Ruck ist das letzte was mein Körper zum Gehirn sendet, dann setzt mein Bewusstsein aus.
***
Lieber Leser/innen,
hier ist das siebte Kapitel, viel Spaß beim lesen! Für Kommentare, Kritik oder auch Lob bin ich immer zu haben.
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Bitte liebe mich
Teen FictionEmma kämpft um die Liebe ihrer Mutter, doch wird diese nicht erwidert. Die Vergangenheit spaltet ihr Verhältnis zusehends, doch auch die Gegenwart hält nichts gutes bereit. Bis eines Tages Sophie in Emmas Leben tritt. Warnung: Diese Geschichte kann...