Chapter 2

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Unsanft wache ich durch ein rütteln an meiner Schulter auf. Verschlafen hebe ich mein Gesicht von der schon beschlagenen Fensterscheibe und schaue zum grimmig drein blickenden Busfahrer der seine Hand von meiner Schulter löst. » Wach auf Penner, ich hab Feierabend und defintiv besseres zutun als einen stinkenden Knasti ohne Zukunft in meinem Bus schlafen zu lassen «.

Mit diesen Worten spuckt er mir ins Gesicht und verzieht sich grummelnd in die Zentrale am Busbahnhof. Um nicht noch mehr Hass des Fahrers auf mich zu ziehen verlasse ich schnell den Bus, durch die noch offene Tür.

Es ist bereits am dämmern und die Straßenlaternen gehen nach und nach an. Orientierungslos schaue ich mich um. Doch nach einigem drehen um meine eigene Achse merke ich, dass ich an diesem Ort meine halbe Kindheit  verbrachte, nur nicht im dunkeln.

Doch jetzt fällt mir alles wieder ein, der hohe Baum neben der Zentrale, von dem man auf deren Dach schauen kann. Früher kletterte ich mit meinem bestem Freund hinauf und gemeinsam warfen wir Beschwerdebriefe über die Verspätung der Busse auf das Dach. Leicht lache ich, wenn ich an das Gesicht seiner Mutter zurückdenke. Jedesmal wenn wir ihr davon erzählten strich sie uns über den Kopf und sagte wie stolz sie auf uns wäre, dass wir Sachen selbst in die Hand nehmen würden. Mein lachen wurde zu einem seufzen. Ich habe sie Jahre nicht mehr gesehen. Genau genommen sieben Jahre. Auch sie wurde befragt, im Todesfall meiner Mutter. Sie versuchte mich zu beschützen, dennoch entging mir ihr enttäuschter Gesichtsausdruck nicht, als ich ein letztes mal bei ihr klingelte um › Ciao ‹ zu sagen. Sie hatte mir nicht geblaubt.

Wie alle anderen.

Kopfschüttelnd reiße ich mich aus den Erinnerungen. Hoffentlich wohnt Marc hier noch. Sein Traum war es früher in eine Großstadt zu ziehen. Eine Stadt die nie schläft.

Meine Versuche mich an das Haus zu erinnern gelingen und so stehe ich gut zehn Minuten später vor der dunklen Holztür meines damaligen besten Freundes. Mit zittrigen Fingern drücke ich die Türklingel, an welcher wie damals auch schon kein Name klebt. Ein gutes Zeichen.

Drinnen höre ich ein Poltern und die Tür wird mir geöffnet.

Es ist jedoch nicht Marc der mir  gegenüber steht, sondern ein kleines Mädchen. Lange blonde Haare und blaue Augen welche durch die halb geöffnete Tür ängstlich zu mir aufschauen.

Sie fing an zu sprechen: » Wer sind sie..?« , fragt sie mit fester Stimme, diese Art von Stimme, mit der Kinder sprechen wenn sie ihren Eltern erklären wie mutig und unabhängig sie doch sind.

Bevor ich überhaupt ansetze etwas zu sagen füllen sich ihre Augen mit Tränen und sie schluchzt ein leises: »Mami wollte kommen.. Sie sind nicht meine Mami«

Ihr lautes schluchzen schallte durch die gesamte Straße und innerhalb weniger Sekunden trat eine weitere Person hinter das Mädchen.

I'm FreeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt