Sentenced to Death

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Bevor ihr hier anfangt zu lesen, könnt ihr bei TheFallenComrade in ihrem Kurzgeschichtenbuch ebenfalls einen Teil mit dem Namen "Sentenced to Death" lesen. Dieser ist meinem voran gesetzt, da wir unsere Ideen vereint haben.

Dieser Teil kann natürlich auch unabhängig davon gelesen werden ;)

9.45 Uhr, Huntsville, USA

Wie soll man seinem Mörder begegnen? Mit Höflichkeit und freundlicher Zurückhaltung? Oder eher abweisend und voller Verachtung? Der Tag, an dem ich diese Welt verlassen sollte, erwachte in bestem Frühlingswetter. Naja, ich rede es mir so ein. Immerhin stirbt man doch lieber an einem schönen Frühlingstag, als an einem grauen, tristen Tag im Winter. Ohne Fenster und mit circa 50 Zentimeter reinem Beton um mich herum, konnte ich das jedoch schlecht beurteilen. Eigentlich war es mir mittlerweile auch egal. Ich hatte mich mit dem Grau abgefunden. Mit dem Grau der Wänd, des Bodens, der Decke, dem Grau meines Lebens. In meinem Augenwinkel vernahm ich eine Bewegung. Die schwere Stahltür öffnete sich und ein Wärter kam herein. Er brachte mich durch lange Flure, mehrere Sicherheitstüren und an etlichen Wächtern vorbei, zu meinem letzten Psychologengespräch. Heute war wohl ein besonderer Tag. Ich hatte die Ehre, eines letzten Quacksalbergespräches und einer letzten wahrlich besonderen Mahlzeit – undefinierbarer Brei mit Brot. Ein wahrlich besonderer Tag also. Das Büro von Herrn Dr. Dr. Wilkins sah nicht wirklich einladender aus, als meine Zelle. Genauso grau, genauso trist. Ich nahm auf dem unbequemen Plastikstuhl vor dem Schreibtisch Platz. „Dominique Malone. das wird unsere letzte Sitzung sein", meinte der Psychologe bedrückt. Ich nickte „Die berühmt berüchtigte Henkerssitzung, obwohl das eher auf einen Toilettengang schließen lässt", überlegte ich laut. „Dominique, hören Sie, wir hatten das doch bereits. Sie können bei mir ihren Sarkasmus ablegen. Nutzen Sie die Zeit lieber um Frieden zu finden.", bat er mich.
„Ich habe meinen Frieden gefunden, Herr Wilkins. Ich bin unschuldig. Ich habe viel Schlechtes in meinem Leben getan, jedoch habe ich nie einen Menschen getötet! Die haben mich zu Unrecht eingesperrt."
Der Mann mir gegenüber seufzte „ Dann kann ich leider nichts mehr für sie tun". Erneut nickte ich „Das dachte ich mir. Schade, dass diese Sitzung nur halb so besonders war, wie erwartet." Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich hatte 1387 Tage Zeit dazu gehabt, mich mit dem Gedanken anzufreunden, sterben zu werden. Auch wenn ich seit über 30 Jahren wusste, dass jedes Leben ein Ende hat, hatte meines vor 1387 ein besonderes Limit bekommen.
Kennt ihr das, wenn man beim Arzt im Wartezimmer sitzt und die Zeit will und will nicht vergehen? Man schaut auf die Uhr und sieht, dass doch erst drei Minuten vergangen sind, obwohl es sich wie zehn Minuten angefühlt hat? Vergesst das! Es wird euch lächerlich vorkommen, wenn ihr in eurer Zelle sitzt und auf eure Exekution wartet.
Die Handfesseln scheuerten an meinen Handgelenken, als ich von zwei Wärtern den Gang entlang zu einer Tür geführt wurde. Mit einem Summen öffnete sich diese und ich sah ein letztes Mal hoch zur Überwachungskamera, in der sich mein Spiegelbild abzeichnete. Ich musste leicht lächeln. Vor sechs Jahren hatte Eva, meine Frau, meinen geliebten orangenen Pullover ohne mein Wissen weggeworfen. Als ich sie darauf angesprochen hatte, meinte sie lediglich: „Ein Schwarzer trägt kein orange!". Nun wusste ich, was sie gestört hatte, das orange an meinem Körper sah scheußlich aus.
Der Raum, der sich mir hinter der Tür offenbarte, kannte ich bis jetzt nur von Bildern. Die Wände, der Boden und die Decke waren, wie schon erwartet, grau. An einer Wand hing ein riesiger Vorhang. In der Mitte der Raumes stand eine weiße Liege, die mit Fesseln ausgestattet war. Im Raum stand ein großer, dunkelhaariger Mann. Er trug nicht die gewöhnliche Wärteruniform, auch wenn seine sehr ähnlich aussah. Ruhig stand er da und beobachtete mich aus grauen Augen. Bevor ich auf die Liege geschnallt werden konnte, hielt ich inne. „Ich möchte stehen, während ich spreche", bat ich. Ein Vorteil hatte das schon, eine letzte Bitte wurde einem nicht ausgeschlagen. Der Vorhang öffnete sich und gab den Blick auf meine Frau frei. Sie sah müde aus, hatte tiefe Ringe unter den geröteten Augen und Tränen bahnten sich ihren Weg über ihr wunderschönes Gesicht. Dieser Anblick traf mich mehr als die Tatsache, dass ich gleich sterben würde
Es tat mir leid, dass sie mich hier so sehen musste, Eva hatte etwas Besseres verdient. Bis jetzt hatte ich mich immer darüber lustig gemacht, wenn in Westernfilmen der berühmte Satz „Irgendwelche letzten Worte" kamen. Dass ich irgendwann an dem selben Punkt stehen würde - zumindest früher, als erhofft - hatte ich mir damals nicht überlegt.
Ich hob meinen Blick und sah der Frau meines Lebens fest in die Augen
Tief holte ich Luft. „Zuerst möchte ich meiner Familie, dir Eva sagen, dass ich dich und unsere Tochter über alles liebe. Ich hoffe jeder wird daraus etwas lernen. Ich bin unschuldig. Ich habe in meinem Leben Fehler begangen, für die ich eine Strafe erhalten habe. Doch ich habe keinen Menschen auf dem Gewissen! Das Houston Police Department hat mich verurteilt, weil ich schwarz bin"
Den Blick wandte ich von meiner Frau ab und starrte ins Leere „Ich hoffe, dass jeder, der an diesem Fall beteiligt ist, damit klar kommt, einen Unschuldigen auf dem Gewissen zu haben. Ich bin unschuldig! Warum tötet ihr Menschen, die Menschen getötet haben, um Menschen zu zeigen, dass Menschen zu töten falsch ist? Ich hoffe, dass Diejenigen, die das hier zu verantworten haben keine Genugtuung oder sogar Gefallen daran finden."
Ich sah zu den Wächtern, die mich daraufhin auf der Liege festschnallten. Gurte wurden um meinen Oberkörper, meine Beine und Arme geschnallt. Als ich mich nicht mehr bewegen konnte, verließen die Wärter den Raum und der Mann, der die Exekution durchführen würde, trat auf mich zu. An meinem linken Arm spürte ich einen pieks, als mir der Zugang für das Gift gelegt wurde. Ich sah ruhig zu dem Mann „Dürfte ich Ihren Namen wissen?" fragte ich ihn. Er musterte mich erstaunt – anscheinend kam es nicht oft vor, dass ein Sterbender seinen Namen wissen wollte. Bevor er sich abwandte ertönte seine dunkle Stimme „Christian Steele". Ich nickte. „Freut mich, Sie kennen zu lernen, auch wenn ich mich über bessere Umstände gefreut hätte" murmelte ich leise. Ein letztes Mal sah ich durch die Scheibe zu meiner Frau, meiner geliebten Frau. Wir würden uns wiedersehen. Irgendwann. Irgendwo. Ich richtete den Blick zur Decke. In meinem Fall ist die Frage, wie man seinem Mörder begegnen soll, eher zweitrangig. Viel mehr würde mich interessieren, wer diesen Mord eigentlich zu verantworten hat.
In den letzten Minuten seines Lebens gehen einem wirklich merkwürdige Dinge durch den Kopf. Christian wird auf einen Knopf drücken, der mir das Leben nimmt. War also er mein Mörder? Oder sind es die Wächter, die mich auf der Liege festgekettet hatten? Immerhin hatten sie mich meinem Schicksal überlassen.
Oder war es doch der Richter, dessen Schlag mit dem Richterhammer das Urteil verkündet hatte?
Oder fing der Mord schon wesentlich früher an? Zum Beispiel beim Staat, der die Todesstrafe billigte. Dessen Gesetze es als richtig erachteten Menschen mit Giftcocktails zu töten, zu hängen, zu erschießen oder zu grillen? Fing der Mord nicht schon beim Gesetz an?
Das klicken eines Schalters riss mich aus den Gedanken. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Christian auf einen Knopf drückte und so den Vorgang startete.
An sich war es doch egal, wer einen umbrachte, ob ein kleiner Krimineller auf der Straße, ein Gesetz oder irgendwann das Leben. Sterben mussten wir so oder so.
Langsam spürte ich wie mein Körper taub wurde. Ich fühlte mich immer schwerer und schwerer. Bevor ich nicht mehr Herr über meine Sinne war, wandte ich mich ein letztes Mal an Christian. „Auf Wiedersehen, Christian Steele" murmelte ich leise, als alles um mich herum schwarz wurde.

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Hello :)

Ich freue mich euch hier zu sehen!

Vielleicht kennt ihr ja das neue Kurzgeschichtenbuch meiner lieben TheFallenComrade.
Wenn ihr hier neugierig geworden seid, was es mit dem Henker Christian Steele auf sich hat, dann schaut doch mal bei ihr vorbei ❤

Eure JoJo2797❤

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