Der Tag danach

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~*~

„Hey...", hörte Hotch ihre vertraute Stimme, als er langsam wieder zu sich kam. Das monotone piepen der Geräte beruhigte ihn und er realisierte das er im Krankenhaus sein musste. Doch etwas passte nicht ins Bild. Als er die Augen öffnete, sah er sie ganz deutlich vor sich.

Emily saß auf einem Sessel, mit hoher Lehne, direkt neben seinem Bett. War er wirklich wach?

„Bin ich tot?", fragte er leise und fürchtete sich vor der Antwort.

„Nein.", lächelte sie warm und nahm seine Hand. Er konnte sie spüren, sie war wirklich da. „Und ich auch nicht."

„Aber wie?"

„Ich hatte keine Wahl", gab sie traurig zu. „und ich werde es dir erklären, aber werd erst mal gesund ja?" Hotch, der immer klarer im Kopf wurde, begriff langsam. Emily war tatsächlich am Leben. Sie sah erschöpft aus, aber sie lebte und erleichtert ließ er den Kopf zurück in die Kissen sinken.

„Chloe?"

„Ihr geht es gut, sie ist bei den Anderen."

„Ich dachte ich hätte dich....", Hotch blieb der Rest des Satzes im Halse stecken und Emily, die immer noch seine Hand hielt war, aufgestanden und strich ihm mit der anderen Hand über die Stirn.

„Ich weiß und ich kann dich wieder nur um Vergebung bitten."

Traurig sah sie ihn an und Hotch bemerkte, dass ihre Augen sich mit Tränen füllten. Er drückte ihre Hand und wollte ihr signalisieren das alles in Ordnung sei. Es gab nichts zu vergeben. Er war einfach froh das sie lebte und nur das zählte im Moment.

Nach einer Weile, in der die Beiden einfach nur da saßen, kamen Rossi und der Rest des Teams in das kleine Zimmer. Sie begrüßten Hotch und waren froh das er alles so gut überstanden hatte. Wie er selbst vermutet hatte, litt er an inneren Blutungen. Der Unfall und die Schläge des Senators, hatten einige alte Wunden aufgerissen, die ihm George Foyet damals zugefügt hatte. Aber nach einer langen Operation, war er nun auf dem Wege der Besserung.

Nachdem sie ihn alle umarmt hatten, bemerkte er CJ, die am Fuße des Bettes stand.

„Hey...", sagte sie leise.

„Hey.", erwiderte Hotch und lächelte. „Gehts dir gut?"

Sie nickte: „Und dir?"

„Das wird schon. Ich bin hart im nehmen.", sagte er beinahe beiläufig und ihr Gesicht erhellte sich. Sie war froh, das er überlebt hatte und konnte ihre Gefühle nicht länger zurück halten. Sie schob sich an JJ und Reid vorbei, fiel Hotch um den Hals und weinte. Er schloss seine Arme um ihren Oberkörper und strich ihr mit einer Hand, sanft über den Hinterkopf. Emily legte beruhigend ihre Hand auf CJs Rücken und strich vorsichtig hin und her.

„Sie sind eine Familie.", schniefte Garcia leise in Richtung Morgan und er legte tröstend seinen Arm um sie. Rossi deutete den Anderen das sie gehen sollten und so zog sich das Team zurück und ließ die drei alleine.

Nachdem CJ sich beruhigt hatte, erzählte sie Emily und Hotch von sich. Danach lauschte sie der Geschichte ihrer Eltern, wie sich kennengelernt und verliebt hatten, bis zu dem Punkt an dem Emily nach Italien ging.

„Was geschah in Italien?", fragte Hotch und Emily wich seinem Blick aus. Sie sah auf den grünen Linoleum Boden und druckste ein wenig rum.

„Nja kurz nach unserer Ankunft in Italien stellte ich fest das ich schwanger war. Ich wusste damals nicht was ich tun sollte und vertraute mich meiner Mutter an. Sie zeigte Verständnis für meine Situation, war aber auch nicht wirklich begeistert davon. Sie nahm es deutlich besser auf als mein Onkel. Er drohte mir schon damals, das er nicht zulassen würde, das diese Schwangerschaft seine Karriere ruinierte. Da ich aber bereits im fünften Monat war, als er es heraus fand, war eine Abtreibung ausgeschlossen. Während all der Zeit lernte ich John und Matthew kennen. Sie waren für mich da und standen das ganze mit mir durch." Emily ging absichtlich nicht zu sehr ins Detail. Sie war noch nicht bereit so offen darüber zu reden, vor allem nicht über John und Matthew. Der Schmerz saß einfach noch zu tief. „Nach der Geburt sagte man mir, dass sie nicht nicht überlebt habe und ich versuchte all das zu verarbeiten." Auch die Tatsache das sie Hotch nichts gesagt hatte, ließ sie aus. Was sollte sie auch sagen? Die Schuldgefühle zermürbten sie und das sollte nicht dieses Beisammensein überschatten. „Naja und der Rest.... Ihr wisst schon."

Nachdem Emily erzählt hatte, begann Hotch über Haley zu sprechen. Er umschrieb kurz und knapp die Geschichte mit George Foyet. So dass CJ auch eine Verbindung zu den Verletzungen herstellen konnte, die zu Hotchs Inneren Blutungen geführt hatten. Irgendwann war Hotch aber müde geworden und so verließen die Beiden das Krankenhaus und ließen ihn schlafen.

~*~

Nach zwei Wochen konnte Hotch das Krankenhaus wieder verlassen. Zwar durfte er noch nicht wieder zur Arbeit, aber er konnte nach Hause und er wollte, nach all den Strapazen, auch einfach nur für Jack da sein.

„Hey mein Großer.", begrüßte er seinen Sohn, als Jack ihm die Tür öffnete. Er nahm seinen Sohn fest in die Arme und begrüßte Jessica mit einem Lächeln. Rossi, der Hotch aus dem Krankenhaus abgeholt hatte, trug die Taschen direkt ins Schlafzimmer und begrüßte Jessica und Jack dann ebenfalls.

„Danke Dave.", sagte Hotch und setzte seinen Sohn wieder ab.

„Kein Problem.", sagte er nickend. „Erhol dich gut, Aaron. Wir sehen uns morgen." Dann verabschiedete er sich und verließ die Wohnung.

„Du musst morgen schon wieder arbeiten Daddy?", fragte Jack neugierig und zog Hotch mit zum Sofa.

„Nein. Daddy muss nur ein paar Dinge regeln damit er in ruhe gesund werden kann. Und dafür muss ich morgen einmal ins Büro fahren.", erklärte er seinem Sohn und nahm ihn auf den Schoß.

„Achso. Tante Jessica hat übrigens ganz wunderbar auf mich aufgepasst. Sie hat hier übernachtete damit wir Sergio nicht alleine lassen müssen und dann haben wir Oma und Opa besucht."

Der Junge strahlte und erzählte voller Freude. Natürlich wusste er nicht was mit seinem Vater geschehen war und wieso er verletzt wurde. Hotch fürchtete das Jack das ganze nicht sonderlich gut aufnehmen würde. Immerhin hatte er schon seine Mutter an einen Wahnsinnigen verloren und es sollte ihm mit seinem Vater, nicht genauso ergehen.

Jack erzählte immer noch, während Jessica etwas zu essen kochte und Hotch ein wenig mit dem Haushalt half. Nach dem Essen machte sich Jessica auf den Weg nach Hause. Sie verabschiedete sich von Hotch und betonte ihrem Schwager gegenüber, das er anrufen soll, falls er Hilfe benötigt. Hotch war dankbar für ihr Angebot und umarmte sie zum Abschied.

„Daddy darf ich heute Nacht bei dir schlafen?", fragte Jack und sah seinen Vater mit großen Augen an.

„Na klar.", willigte er ein. „Aber du musst beim Betten machen helfen."

Jack nickte und gemeinsam richteten sie das Bett zum schlafen her. Nachdem sie sich beide die Zähne geputzt hatten und Hotch noch schnell das Schulbrot für den nächsten Tag geschmiert hatte, kuschelten sie sich beide ins Bett und Jack schmiegte sich eng an seinen Vater.

Noch hatte Hotch ihm nichts von Chloe erzählt. Er war sich nicht sicher wie er das aufnehmen würde, gerade jetzt wo Hotch im Einsatz verletzt worden war.

Was hatte er sich nur dabei gedacht. Er hätte sich ohne zu zögern für Chloe geopfert, doch hatte er dabei nicht an seinen Sohn gedacht. Was wäre wenn er wirklich gestorben wäre? Was wäre aus Jack geworden. Hotch sah auf den kleinen Jungen in seinem Arm hinunter und ein schlechtes Gewissen überkam ihn. Er musste diese beiden Leben nun irgendwie unter einen Hut bringen und auch Emily war unbewusst wieder ein bedeutender Teil seines Lebens geworden.

Er dachte an den Schmerz zurück den er Empfand, als sie in seinen Armen starb und wusste nicht wie er ihr begegnen sollte.

Im Krankenhaus gab es eine so selbstverständliche Vertrautheit zwischen ihnen, das Hotch sich fragte was das zu bedeuten hatte. Er liebte sie, daran gab es keinen Zweifel. Aber wie sah es bei ihr aus? Empfand sie genauso, ähnlich oder überhaupt nicht wie er? All diese Fragen strömten ihm durch den Kopf und irgendwann konzentrierte er sich nur noch auf den ruhigen Atem seines Sohnes.

All diese Fragen mussten warten. Jack brauchte ihn und so zog er den kleinen Jungen noch etwas fester an sich und schlief ebenfalls erschöpft ein.

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Love never diesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt