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Der Vormittag verlief wie jeder andere, und so fuhr mich meine Mutter in die Schule. Gleich nachdem sie mir aus dem Auto geholfen hatte, kamen mir meine Freunde entgegen. „Hey! Wie geht's dir?", rief mir einer von ihnen zu und umarmte mich so stürmisch, dass ich gar nicht mehr die Möglichkeit hatte, zu antworten. Nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten, schaute ich auf den Boden, weil ich spürte, wie sich meine Tränen wieder ankündigten. „Ganz gut, soweit...", sagte ich, doch ich wusste, dass sie es mir nicht glaubten.

„Ich fahre jetzt wieder heim, okay? Bis Mittag, mein Schatz.", sagte meine Mutter zu mir und stieg ins Auto. Und schon verschwand sie und lies mich alleine. Aber es war okay, so wie es jeden Tag war. Mein bester Freund meinte: „Kommst du? Es hat schon geläutet." Ich nickte und folgte ihm in das Schulgebäude.

Meine Lehrerin setzte sich auf ihr Pult und fing an zu erzählen: „Also, meine Schüler und Schülerinnen. Ich wünsche euch einen guten Morgen. Ihr dürft euch wieder setzten." Dabei schaute sie mich traurig an. Ich wusste, dass jeder mit mir Mitleid hatte. Aber ich brauchte es nicht. Es nervte mich eher. Dann fuhr sie fort: „ Wie ihr bereits erfahren habt, findet morgen unser großer Wandertag in das Naturparadies statt. Bitte nehmt..." Ich hörte nicht mehr zu. Es war zu schmerzhaft. Denn ich wollte schon immer dorthin und habe meine ganze Schullaufbahn darauf gewartet, jetzt ging es nicht mehr. Und das alles nur, weil... Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. Meine Lehrerin setzte sich zu mir und jetzt erst bemerkte ich, dass alle anderen schon gegangen waren. „Wie geht es dir heute?" Sie schaute mich vorsichtig an. Wieso fragte mich das heute jeder? Wer wusste denn noch alles Bescheid, dass heute dieser eine Tag war? Dieser Tag, der mein Leben von einem Moment auf den anderen von Grund auf verändert hatte.

Ich versuchte zu lächeln und antwortete: „Alles gut. Mir geht es sehr gut." Sie nickte und fragte dann: „Was wirst du morgen machen?". „Ich werde meinen Vater besuchen", sagte ich, ohne eine Miene zu verziehen. Ich spürte, wie sich bei diesem Satz alles in mir zusammen zog. Wieder nickte sie und begleitete mich zur Tür.


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