Kapitel 4

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Da Percy den ganzen restlichen Tag verschlafen hatte, bevor sein Vater ihn geweckt hatte, war er nun hellwach und hibbelig. Wahrscheinlich würde er sich erst etwas zu essen holen müssen, da sein Magen so laut knurrte, das Percy befürchtete das ganze Camp wieder zu wecken. Der Halbgott zog sich um und füllte eine der Phiolen aus Glas, die er von Annabeth zum siebzehnten Geburtstag bekam, mit Meerwasser aus dem Brunnen und verließ seine Hütte. Er schlich Barfuß durch das Camp zum Haupthaus. Argus, der Sicherheitschef des Camps, stand vor der Tür und schaute Percy mit all seinen Augen an. Percy fand das noch immer so gruselig wie an dem Tag, an dem er Argus zum ersten mal gesehen hatte. Argus hatte nämlich am gesamten Körper Augen und manche schwörten, das er selbst auf der Zunge eins hatte. Aber Percy hat es nie gesehen, denn so lange er hier war, hatte er Argus noch nie sprechen gesehen oder gehört.

Er wollte sich an Argus vorbei schleichen, aber dieser hielt ihn auf in dem er sich Percy in den Weg stellte. "Bitte, Argus. Ich habe Hunger. Ich hol nur was und verschwinde gleich wieder in der Arena." Aber Argus schüttelte den Kopf, hob Percy unter den Achseln hoch und stellte ihn vor der Veranda wieder ab. Er wusste, dass er keine Chance gegen Argus hatte und versuchte daher gar nicht erst, mit ihm zu streiten. Er verzog sich und überlegte, wo Percy etwas zu essen her bekam. Die Erdbeerfelder des Camps fielen Percy erst ein, als er daran vorbei zur Arena wollte. Und auch wenn es nicht besonders viel war, war es immerhin ein wenig,

das seinen Magen füllen würde. Hungrig verschlag Percy mehr als zwei Duzend Erdbeeren und schlenderte dann in die Arena. Mit einem Feuerzeug, das er vor einigen Jahren mal von Beckendorf, Sohn des Hephaistos, zum Geburtstag bekommen hatte, zündete er vier Fackeln in der Arena an. Das spendete Percy nicht besonders viel Licht aber das was er hatte, reichte ihm um kämpfen zu können. Und dann fing er wieder an, Strohpuppen zu zerschlagen. Aber dieses mal kamen sie nicht so leicht davon wie sonst. Percy steckte in jeden Schwerthieb seine gesamte Wut über Luke, Ares und seinen Vater und Fluchte auf Altgriechisch was das Zeug hielt.

Percy zerstörte jede Strohpuppe in der Arena, die er finden konnte und war nach einigen Sunden zehn mal so wütend wie am Anfang seines einsamen Trainings. Wieso wollte die ganze Welt, verflucht noch mal, dass er sich mit Luke Castellan vertrug und, schlimmer noch, Freundschaft pflegte?

"Wie ich sehe bist du immer noch ziemlich wütend auf mich." Percy fuhr vor Schreck so heftig zusammen, das er Anaklysmos mit einem lauten klirren fallen ließ. Er drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme kam und sah Luke auf der obersten Stufe der Treppe stehen, die in die Arena führte. "Was zum Hades willst du denn schon wieder hier? Zieh leine, ich hab zu tun!" zischte Percy. Luke jedoch grinste nur schief, das Percys Blut beinahe zum überkochen brachte. "Daraus schließe ich, dass selbst dein Vater deine Meinung nicht ändern konnte."

Percy verzog das Gesicht. "Woher weißt du denn, das Dad hier war?" Percy erinnerte sich nicht daran, das seit Vater auch bei Luke war. Hatte er ihnen etwa nachspioniert?

"Seitdem ich von den Toten wieder auferstanden bin pflegt Hermes mehr Kontakt zu mir, weißt du. Er erzählte mir vor einigen Stunden, das sowohl Ares als auch Poseidon hier bei dir waren."

Percy knurrte ihn zur antwort nur an und hob sein Schwert wieder auf. Wie er es hasste, Hermes zu einem gewissen Grad etwas Schuldete" Wieso konnte er nicht von Percy verlangen nach San Francisco zu ziehen? (Halbgötter können aufgrund der hohen Anzahl an Monstern nicht in San Francisco leben, da diese die Halbgötter schnell finden und töten würden.)

"Sei bloß froh, das Hermes mir damals geholfen hat, Grover zu finden. Andernfalls hätte ich dich bis an dein Lebensende ignoriert!" Wieder grinste Luke. "Danke, Percy."

Jetzt stutze er.

"Wofür denn das?" fragte Percy misstrauisch und zog eine Augenbraue in die höhe.

"Dafür, dass du mir noch eine Chance gibst."

"Nur weil Dad mich darum gebeten hat, Luke. Merk dir das!"

Lukes blaue Augen blitzen. Er sprang mit gezogenem Schwert die Treppe runter und holte aus. Percy wehrte den Schwerthieb ab und zum zweiten mal entbrannte ein ernsthafter Kampf zwischen den beiden Halbgöttern.

Sie verletzten sich beide gegenseitig leicht mit den Schwertern. Ungefähr um zwei Uhr am Morgen musste Percy seine Phiole mir Meerwasser über sich ausschütte, um wieder ein wenig zu kräften zu kommen. Er ließ Luke auch eine kleine Ruhepause, ehe sie wieder mit voller kraft mit den Schwertern aufeinander einschlugen.

Es war noch dunkel, als Luke und Percy erschöpft nebeneinander auf dem staubigen Boden der Arena lagen und nach Luft japsten. "Das könnten wir ruhig öfters machen", gab Luke keuchend von sich. Percy schlug ihm mit dem Handrücken auf den Oberarm. "Nur in der nähe des Flusses. Dann kann ich wieder Energie tanken. Hier, in der trockenen Arena, geht mir schnell die kraft aus" flüsterte Percy. Er war Todmüde und jedes Wort und jede Bewegung schmerzte ihn. Luke drehte seinen Kopf zu Percy.

"Bist du so fertig?"

Percy nickte nur. Er war genau so ausgelaugt wie nach dem Kampf gegen Kronos und seine Armee. Jeder Muskel zog sich schmerzhaft zusammen. Luke setzte sich mit einem müden stöhnen wieder auf und steckte sein Schwert in seine Scheide aus Gold und schwarzem Leder, die an seinem Gürtel fest gebunden war. Percy hatte sein Schwert Anaklysmos einfach in irgendeine Ecke geschmissen. Es würde sowieso wieder in seiner Hosentasche auftauchen.

Dann tat Luke etwas, womit Percy in einer Milliarde Jahre nicht gerechnet hätte: Luke hob den kleineren hoch und machte sich auf den Weg in den Wald. Percy war so Müde und erschöpft, dass er schlaff in Lukes Armen hing und kaum noch die Augen auf halten konnte. Er konnte nicht mal widersprechen.

Der Fluch des Achilles hatte auch einen gewaltigen Nachteil. Die Unverwundbarkeit hatte seinen Preis und dieser war, dass der träger sehr schnell müde wurde. Chiron hatte Percy in den Ruhepausen im Kampf gegen Kronos und seine Armee gesagt, er solle schlafen gehen. Percy widersprach damals natürlich und meinte, er könnte in einer solchen Situation doch nicht einfach schlafen gehen. Aber Chiron sagte nur: "Ich habe Achilles selbst erzogen, Percy. Wenn der Junge nicht gekämpft oder gegessen hatte, hatte er geschlafen. Achilles hat mindestens zwanzig Nickerchen am Tag gemacht." Und keine zwei Sekunden später konnte Percy kaum noch die Augen auf halten.

Luke trug den jüngeren Halbgott ächzend durch den Wald zum einzigen Fluss im Camp, der Meerwasser führte. Er zog sich die Schuhe aus und lief hinein. In der Mitte des Flusses war eine Sandbank und eben diese steuerte Luke an.

Er legte Percy, der die Augen geschlossen hatte aber trotzdem noch wach war, ins Wasser auf die Sandbank. Zwar war Luke durchaus bekannt, das Percy als Sohn des Poseidon unter Wasser atmen konnte, aber er wollte dann doch kein Risiko eingehen.

In dem Moment, in dem Percy das Wasser berührte, schlug er die Augen auf, atmete tief ein ud war wieder hellwach. Seine Wunden heilten und noch bevor Luke sich in den angenehm warmen Fluss setzen konnte, war Percy wieder einigermaßen bei kräften. Aber er blieb trotzdem liegen. Es tat Percy gut, wieder ganz im Wasser zu sein. Nur sein Gesicht ragte noch aus dem Wasser, damit er die Sterne und einige Baumkronen sehen konnte. Luke saß bis zur Hüfte im Wasser. Percy hatte nicht damit gerechnet, das er doch so weit im Wasser versank. Luke war immerhin über einen Kopf größer als er selbst. Percy umfasste Lukes muskulösen Oberarm und ließ seine Wunden heilen, in dem er dem Meerwasser eben dies befahl.

"Danke", sagte Luke.

"Glaub ja nicht, dass ich dir so schnell verzeihe, Luke. Das dauert noch eine Ewigkeit, das verspreche ich. Aber ich werde zumindest versuchen, dir nicht an die Gurgel zu springen."

Luke quittierte dies mit einem Lächeln und dann schwiegen sie beide, bis die Sonne ihre strahlen durch den Wald lenkte.

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