34. Kapitel

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LISI

Ich hatte das Thema nicht mehr angesprochen. Ich glaubte ihm. Louis erschien mir nicht der Typ für derartige Aggressionen.

"Ich koche heut für dich", flüsterte er neben meinem Ohr, als er die Tür zu seiner Wohnung aufschloss. Meine Taille weitergehend umschlungen, zog er mich in den Flur, schloss die Tür mit dem Fuß und griff nach meiner Jacke.

"Du hast es aber eilig", bemerkte ich, als er mein Tuch der Jacke hinterher auf einen Stuhl schmiss. Frech grinsend schnappte er sich meine Hand, zog mich zu ihm. Ich schnappte in der letzten Sekunde nach Luft, bevor er begann mich zu küssen.

Der Kuss gewann die Oberhand, ich verdrängte meine Sorgen. Er allein existierte. Mit mir, hier. "Was kochst du denn?" fragte ich schweratmend, hielt ihn etwas auf Abstand um reden zu können.

"Hm, kommt darauf an, wie lange du dich alleine vor den Fernseher setzten möchtest", grinste er und ließ mich los.

"Nudeln sind vollkommen in Ordnung." Ich lief ihm in die Küche nach und lehnte mich an die Anrichte. "Meinetwegen auch ohne Soße, hauptsache du hast Parmesan." Ein Lächeln huschte ihm über die Lippen, zwinkernd drehte er sich um und ging in die Hocke. Aus einer der unteren Schubladen holte er einen Topf und eine Pfanne heraus.

"Du hast es aber eilig", wiederholte er meine Worte von vorhin. Ich nahm grinsend meine Unterlippe zwischen die Vorderzähne und betrachtete mit verschrenkten Armen, wie er Wasser aufsetzte. "Möchtest du mich etwa beim Kochen beobachten?" Als ich nichts erwiderte, drehte er sich vom Herd weg und kam auf mich zu. "Nichts da! Los, such dir in meinem Zimmer Klamotten zum Schlafen aus." Seine Hände schoben mich sanft zur Tür.

Schlafen? Moment mal. "Ich übernachte hier?" fragte ich und blieb abrubt stehen.

"Ja, ich ... es wäre toll, El." verlegen zog er einen Mundwinkel schief nach oben, süß. "Also, ... natürlich nur, wenn du möchtest."

"Klar." Was für eine Frage. "Hatte damit nur nicht gerechnet." Mit einem leichten Lächeln durchquerte ich den Flur und betrat sein Schlafzimmer. Die Luft war frisch und kühl, als hätte man kurzfristig gelüftet. Vielleicht spiegelte aber auch der Raum mit seinen wenigen Möbel nur die Kühle wieder. Das schwarze Metallbett mit der grauen, meliierten Bettwäsche; der graue, wuchtige Schrank; die weiße Kommode. Der einzigen Farbtupfer im Bild waren die Fotos auf dem Nachttisch. Auf dem zweiten Blick erkannte ich seine Familie, es musste vor mehreren Jahren gemacht worden sein - Lottie und Louis sahen um einiges jünger aus. Es könnte Lotties Konfirmation gewesen sein, die Verwandten standen in einem Kreis um sie.

Das zweite Bild ließ mich erschrecken. Es war ebenfalls ein älteres Bild - vielleicht andertalb Jahre her. Er und ich. Glücklich. An seinem Geburtstag, wir saßen unter dem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer der Tomlinsons.

Ich riss den Blick vom Foto und stieß die schwere Tür des Kleiderschrankes auf. Kurzerhand zog ich ein graues T-Shirt heraus, das mir eindeutig als Nachthemd dienen konnte. Der Geruch frischen Wascpulvers stieg mir sofort penetrant in die Nase.

Aus den Augenwinkeln fielen mir zwei Kartons auf; ich wollte mich bereits umdrehen, da sprang mir etwas Schwarzes in den Blick. Zögernd ging ich darauf zu, hob die dunkle Waffe vom Boden auf. Schwerer als gedacht lag sie in meiner Hand. Mächtig, bedrohlich. Weshalb hatte Louis eine Pistole in seinee Wohnung?

"Etwas gefunden?", die Stimme ließ mich zusammen zucken. Er lehnte im Türrahmen, nickte dem T-Shirt in meiner Hand zu.

"Ja", murmelte ich und legte die Pistole auf den Karton. "Essen fertig?"

"Ja, so gut wie." Mit den Händen in den Hosentaschen versenkt, kam er auf mich zu. "Oh, was hast du da?" Der Blick gleitete zu den Kartons.

"Ich habe mich nur etwas umgesehen", wisperte ich leiser als geplant und biss die Zähne zusammen. C'mon Ellie, er hat nur eine Pistole in der Wohnung. Kein Grund zur Hektik.

Shut up, TomlinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt