Vor 5 Monaten und 25 Tagen
Ich war richtig erleichtert zu sehen dass es ihr offenbar besser ging. Jedenfalls sah sie so aus: Ihre Wangen hatten deutlich mehr Farbe und ihr ganzes Erscheinungsbild glich viel mehr dem, unserer ersten Begegnungen.
Sie lächelte mich an, als ich zu ihr in den Aufzug stieg. Ich lächelte zurück. Stellte mich neben sie. Suchte nach Worten, die ich sagen konnte.
"Alles wieder gut bei dir?" fragte ich endlich.
Im gleichen Augenblick sagte sie:
"Entschuldige mein Verhalten letztes Mal. Ich war nicht besonders höflich..."
Wir mussten beide lächeln. "Da gibt es nichts zu entschuldigen! Wenn überhaupt dann bin ich derjenige, der das machen sollte! Ich hab dich verschwinden lassen ohne auch nur zu fragen, was los ist. Du glaubst nicht was für ein schlechtes Gewissen ich hatte! Die ganzen letzten drei Tage hab ich mich gefragt, ob du inzwischen vielleicht Suizid begangen hast."
"Oh Gott, so schlimm sah ich aus? Na vielen Dank auch!" Sie tat als wäre sie beleidigt.
Nicht sehr überzeugend; ihre schmollend Miene wich sofort wieder einem freundlichen Lächeln und ihre Augen glänzten. Glänzten voll Leben und Energie.Vor 5 Monaten und 14 Tagen
"Hi"
"Hi"
Schweigen.
Ein Lächeln.
Schweigen.
"Und wie geht's?" fragte ich, weil ich keine Ahnung hatte was ich sagen sollte, nur wusste, dass ich ein Gespräch anfangen wollte.
Sie grinste mich an. "Hast du immer noch Angst ich könnte Suizid begehen?"
Ich musste lachen und beschlossen einfach die Wahrheit zu sagen. "Nein, ehrlich gesagt wusste ich einfach nicht, was ich dich sonst fragen sollte."
"Hm, dabei gibt es doch so viel wissenswetes... " sie zwinkerte mir zu.
"Ach ja?" fragte ich "Was denn zum Beispiel?"
Sie überlegte kurz.
"Also, ich bin 22 Jahre alt, am allerliebsten esse ich Blubeermuffins –es gibt nichts besseres als Blubeermuffins–, mein Sternzeichen ist Waage, genau wie das meiner fünf Schwestern. Als Kind wäre ich mal fast erfroren, weshalb mir bei Kälte immer noch Hände und Ohren wehtun. Der peinliche Höhepunkt meines Lebens war, als ich in unserem Kaff, Tittingdorf, den Marathon gewonnen habe, was, wie ich leider gestehen muss, nicht an meiner extremen Sportlichkeit, sondern an meinen, im Durchschnitt 50 Jahre älteren, Gegnern lag. Und, ich schäm mich deswegen richtig, obwohl meine Schwestern immer wieder versucht haben mich auf den Geschmack zu bringen, hasse ich lesen. Es gibt nur ein Buch welches ich gelesen habe und das immer und immer wieder. Ich kann es ich inzwischen auswendig..."
Ich ertappt mich dabei, wie ich ihr aufmerksam lauschte und alles was sie über sich preis gab fest in mir verankerte. Mit jedem Wort machte sie auf mich einen faszinierendern Eindruck und von mir aus hätte sie ewig weiter reden können. Doch mit einem Mal brach sie ab und schaute mich schon fast entschuldigend an.
"Na ja und, last but not least, ist Tatsache, dass ich viel zu viel rede und fremden Menschen definitiv zu schnell vertraue."
"Dass ist doch nicht unbedingt eine schlechte Eigenschaft! Stell dir mal vor, alle Menschen könnten so schnell vertrauen schließen. Was für ein schöner Ort wäre doch unsere kleine Erde."
Sie wirkte immer noch verlegen doch ihr Lächeln war schelmisch, als sie mich mit funkelnden Augen ansah.
"Dann kannst du ja auch mal einem verrückten Mädchen aus dem Aufzug trauen und ihr bei der nächsten Fahrt etwas über dich erzählen. Denn wie sagte Gandhi doch so schön: »sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt«"
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Begegnung in Fahrt
عاطفيةIch schätze mal, ihr kennt alle diesen Moment, wenn man mit einer anderen Person in einem Aufzug steht und die Zeit einfach nicht verstreichen will?! Wohin mit den Händen? Wohin mit deinem Blick? Ist ein "Auf Wiedersehen!" angebracht oder doch liebe...