Kapitel 13 - Alte Bekannte

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Das Geld, welches Xenos für seine Reise mitgenommen hatte, geht langsam aber sicher zur Neige. Zu oft hat er unfreiwillige Zwischenstopps eingelegt und tief in seine Tasche greifen müssen. Schon wieder muss Xenos sieben Gredim für eine einzige Übernachtung in der Herberge von Hinaso bezahlen. Wenn er sein Budget nicht wieder erhöht, muss er bald hungernd auf der Straße schlafen. Die Familie Nebraa ist zwar nicht arm, aber dennoch hat der Junge nicht mehr Geld mitgenommen, als er braucht. Mit unnötig viel Geld erregt man womöglich die Aufmerksamkeit von Dieben oder Räubern.
        Der Junge verlässt die alte Herberge und sattelt sein Perd, welches die Nacht vor dem Haus verbracht hatte. Auf dem Markt Hinasos besorgt er sich noch eine kleine Mahlzeit für die Mittagszeit. Dabei achtet er darauf, etwas möglichst Günstiges zu wählen. Anschließend macht er sich auf den Weg zum Stadttor.
        Dort angekommen, merkt er jedoch schnell, dass momentan kein Passieren möglich ist. Mitten in diesem Tor stehen eine Kutsche und ein Planwagen. Die beiden nobel aussehenden Gefährte sind außerordentlich hübsch und reich verziert. Einige Soldaten stehen um sie herum und scheinen zu warten. Xenos steht vor dem Tor und wartet, dass die Karawane ihre Reise fortsetzt. Das Gespann hat so ungünstig gehalten, dass ein Vorbeikommen mit dem Pferd unmöglich ist. Der Junge wartet lange, zieht sogar in Betracht, über ein anderes Stadttor die Stadt zu verlassen. Der Umweg durch die dicht bebaute Stadt zum nächsten Tor würde ihn jedoch ebenfalls viel Zeit kosten. Aus diesem Grund beschließt er, mit einem der Wachmänner zu sprechen. Vielleicht können sie für ihn den Durchgang frei machen. Er nähert sich einem stark wirkenden Mann, welcher, im Gegenteil zu den anderen Soldaten, einen prunkvollen Brustschutz trägt. Als dieser den Jungen bemerkt, kommt der Soldat auch auf ihn zu.
        „Hallo, mein Name ist Tenshi", beginnt er den Jungen genau zu mustern. „Du bist doch wohl keiner von den Söldnern, die wir erwarten, oder?"
        „Nein, ich kann zwar kämpfen, aber ein Söldner bin ich nicht", antwortet Xenos. „Gibt es etwa Probleme?"
        „Nein, es ist alles in Ordnung", dreht sich Tenshi um und geht.
        „Wäre es dann möglich, die Kutsche etwas vorzufahren? Ich muss nämlich noch nach Anchor", fragt Xenos mit aufgesetzter Nettigkeit.
        Der Soldat dreht sich noch einmal um: „Entschuldige Kleiner, das ist im Moment nicht möglich."
        Innerlich leicht gereizt, doch nach außen weiterhin höflich, fragt Xenos weiter: „Wie lange wird es denn noch dauern, bis Ihr die Straße freimachen könnt?"
        Der Soldat überlegt einen Moment: „Vielleicht zwanzig Minuten oder auch dreißig."
        Xenos bedankt sich und nimmt Abstand von der Karawane. Er verdreht die Augen. Eine halbe Stunde zu warten ist immer noch schneller als den Umweg über ein anderes Tor zu gehen. Mit diesen Gedanken setzt er sich neben sein Pferd an eine Hausfront.
        Eine knappe Stunde verstreicht in den Tag und noch immer macht das Gespann keine Bewegungen. Xenos' Geduld ist am Ende. Selbst die Torwachen drängen mittlerweile darauf das Tor wieder freizugeben. Mittlerweile muss auch ein anderer Händler die unfreiwillige Pause einlegen. Schließlich dringen vier bewaffnete Krieger zu den Wachen vor. Das scheinen die Söldner zu sein. Endlich kann es losgehen. Xenos macht sich bereit zum Aufbruch, als auch dieses Mal nichts geschieht. Scheinbar gibt es weitere Probleme.
        Genervt tritt Xenos wieder zu Tenshi vor: „Was ist nun schon wieder? Eure Söldner sind eingetroffen, also macht endlich die Straße frei!"
        Tenshi und die vier Söldner schauen ihn an. Schließlich äußert sich der Wachmann: „Du sagtest, du kannst kämpfen, Kleiner? Willst du uns vielleicht als Söldner begleiten?"
        „Ich kann Euch nicht irgendwohin eskortieren. Ich muss mein eigenes Ziel erreichen", winkt Xenos ab.
        „Du sagtest doch, du bist auf dem Weg nach Anchor. Wir auch. Begleite uns bis Anchor und wir können los. Diese unzuverlässigen Söldner hier sind nämlich nur zu viert erschienen, obwohl wir ausdrücklich mindestens fünf angeheuert hatten."
        Xenos überlegt einen Moment. Er kommt voran nach Anchor, muss keine Umwege gehen und er bessert sein verbliebenes Taschengeld auf. Außerdem setzt sich nur so diese Karawane endlich in Bewegung. Der Junge stimmt zu, als Söldner auszuhelfen.
        „Wunderbar", freut sich Tenshi: „Aber wir zahlen dir nur die Hälfte des normalen Söldnergehaltes. Immerhin nehmen wir dich nur mit, um unser Minimum an fünf Söldnern zu erreichen. Außerdem bist du ohnehin nur ein halber Söldner."
        Diese Bedingungen findet Xenos diskriminierend. Wenn sie wüssten, was der Junge wirklich kann. Dennoch möchte er nun endlich los. So akzeptiert er Tenshis Angebot widerwillig.

Buch 1: Atra-Regnum - Das dunkle KönigreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt