Kapitel 7

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Als ich am nächsten Morgen wach wurde, musste ich erst einmal realisieren, wo ich mich überhaupt befand. Allein der Ton der mich geweckt hatte, passte nicht zu meinem Zimmer. Als ich mich dann dazu durchringen konnte endlich mal meine Augen zu öffnen blickte ich in ein mir relativ fremdes Zimmer und zu meiner Schande musste ich gestehen, dass ich einen Mordsschreck erlitten habe, als sich neben mir auf einmal ein Körper aufsetzte. Dieser brach durch mich dann in schallendes Gelächter aus und auch ich wusste mittlerweile wo und warum ich hier war. Julian erhielt dann erst mal nen Stoß in die Seite und einen bösen Blick von mir, was ihn aber nicht am Lachen hinderte. Grummelnd schwang ich meine Beine aus dem Bett, schnappte mir frische Klamotten und begab mich ins Badezimmer um mich fertig zu machen. Als ich wieder zurückkam, hatte der Herr sich auch mal zum Aufstehen durchgerungen und grinste mir nur leicht zu bevor er selber im Badezimmer verschwand. Ich packte schnell meine Tasche für den heutigen Tag und begab mich dann schon einmal runter zu seiner Familie, die ich natürlich höflich mit einem „Guten Morgen" grüßte. Seine Mum sprang direkt auf und fragte, ob ich gut geschlafen hätte und was ich gerne zum Frühstück hätte sowie ob das Pausenbrot meinem Geschmack entspräche. Da ich nicht die gesprächigste bin, war ich etwas überrumpelt, bejahte die Fragen dann aber schnell und meinte, das Angebot auf dem Tisch reiche mir vollkommen. Julian saß mittlerweile auch schon und unterhielt sich mit seiner Schwester. Als wir beide fertig waren mit essen, schlenderten wir gemütlich zu seinem Auto und machten uns auf den Weg zur Schule. „Leah? Wie lange hast du heute eigentlich Unterricht?" Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch und merkte dann, dass er auf eine Antwort wartete. „Äh, ähm bis halb drei. Du?" „Ebenfalls. Falls wir uns dann nicht über den Weg laufen sollten, treffen wir uns einfach bei meinem Auto?" Ich nickte nur schnell und stellte dann fest, dass wir schon auf dem Schulparkplatz waren. Schnell stieg ich ebenfalls aus und wir machten uns gemeinsam auf den Weg ins Schulgebäude, da wir erst unterschiedliche Stunden hatten, trennten sich unsere Wege allerdings recht schnell. An meinem Raum angekommen entdeckte ich auch schon meine Freunde die mich interessiert musterten. „Hey Leute. Alles in Ordnung?" „Hey" kam es beidstimmig zurück. „Leeeaaah? Warum genau bist du mit Julian zusammengekommen?", fragte mich Cathi dann allerdings neugierig. „Ich ähm wir äh wir sind uns zufällig über den Weg gelaufen und er hat mich nach den Mathehausaufgaben gefragt.", antwortete ich scheinbar nicht sehr überzeugend zumindest hatte ich das Gefühl, dass beide mir nicht glaubten. Scheiße, darüber haben wir überhaupt nicht geredet...Fuck ey...ich kann ja nicht jedes Mal die selbe Ausrede bringen...

Schnell entsperrte ich mein Handy und schrieb ihn an

Hey

Ich will echt nicht nerven,
aber was sagen wir den Leuten,
wenn sie uns auf uns ansprechen?

Hey :)
Alles gut du nervst nicht.
Ganz ehrlich, da hab ich auch noch
nicht drüber nachgedacht :')

Na super, er ist ja ne große Hilfe...Nicht

Okay...Hmm...
Wie wärs, wenn wir
einfach sagen, dass unsere Eltern
befreundet sind und ich aus Platzgründen,
weil bei mir zu Hause gerade so viel Besuch ist, erst mal bei euch wohne?

Jap, klingt gut.
Bis nachher  :)

Ich seufzte nur genervt auf und wand mich dann wieder dem Gespräch meiner Freunde zu. Der restliche Schulalltag verlief ereignislos und kurz nach halb drei fuhren Julian und ich wieder zurück zu ihm nach Hause.

„Hallo, sind wieder da!", rief er einmal laut um uns bemerkbar zu machen. „Leah! Julian! Perfekt, das Essen ist gerade fertig geworden. Ach ja und danach gibt es etwas Theorie und Praxis Unterricht im Bezug auf das Gestaltwandeln. Ich spürte wie die Nervosität aber auch Freude so langsam von mir Besitzt ergriff. Mal sehen, was man da so lernt. Erst einmal räumten wir aber alle gemeinsam auf und Julian erzählte von meiner Idee um anderen unsere Lage zu erklären, seine Familie reagierte sehr positiv darauf. Anschließend begaben wir uns ins Wohnzimmer, wo der theoretische Teil erklärt wurde. Einiges wusste ich schon von Julian, anderes war allerdings neu und ich sog alles mit Begeisterung auf. Beispielsweise trugen an Neumond immer alle Kontaktlinsen mit der eigentlichen Augenfarbe, damit niemand durch Zufall bemerken konnte, dass sich die Augenfarbe ab und zu mal änderte. Das an Neumond das Verlangen stärker war wusste ich ja schon durch meine Mutter, allerdings hatte sie mir verschwiegen, dass man das Wechseln der Augenfarbe nicht beeinflussen konnte und es somit mit Kontaktlinsen deutlich sicherer war. Ebenfalls neu war, dass es sogenannte „Jäger" gab, die ganz genau über uns und unseresgleichen Bescheid wussten und es sich zum Ziel gesetzt hatten uns auszulöschen. Die Ironie dabei ist, dass die meisten Jäger ebenfalls als „Jäger" geboren werden und somit übernatürlich sind, aber damit prahlen das sie das Übernatürliche vernichten. Ganz großartig, wirklich... Eigentlich sind sie dafür da, für Recht und Ordnung in unseren Gesellschaften zu sorgen und einige Familien leben auch nach diesen Traditionen, doch die Mehrheit hat leider ihre wahre Natur und Bestimmung verdrängt. Deswegen ist es noch wichtiger im Verborgenen zu Leben und sich nichts Übernatürliches anmerken zu lassen. Ich weiß schon, warum ich noch nie ein Fan von der Menschheit war, nun, jetzt ergibt sich auch so langsam ein Sinn. „Also kommen Jäger und Gestaltwandler immer weniger miteinander aus?", fragte ich neugierig. Julians Vater antwortete: „Ja, kann man so sagen. Allerdings auch nicht pauschal, wie immer. Es gibt sogar Familien, wo sich Jäger und Gestaltwandler in einander verliebt haben und auch Hochzeiten durchgesetzt haben und eine Familie hat dies sogar auf beiden Seiten." „Wie genau muss man das verstehen?", fragte ich jetzt leicht verwirrt. „Die jüngste Generation dieser Familie müsste jetzt etwa in eurem Alter sein, dass bedeutet das die Großeltern auf beiden Seiten jeweils zu den Jägern und den Gestaltwandler gehören. Normalerweise vererbt sich immer nur ein Gen sowie das „normale" menschliche weiter, aber in dieser Familie treten alle auf, was schon eine kleine Besonderheit ist, besonders wenn man bedenkt, dass es jetzt schon so viele Jahre gut geht, denn schließlich könnten die Jäger relativ einfach ein paar Gestaltwandler verraten, aber glücklicherweise ist dies noch nie aufgetreten.", erklärte mir diesmal seine Mutter die Geschichte. Ich konnte meine Mutter echt immer weniger verstehen, den es gab so viele „Übernatürliche" das man da echt nicht von einer Genmutation sprechen konnte, schließlich wäre die ja sonst irgendwann so langsam aber sicher wieder verschwunden...

Anschließend gingen wir in den Garten um die Praxis zu festigen und mehr zu verstehen bzw. zu erkennen und auch das richtige Handeln lernten wir. Man musste beispielsweise beim Sport aufpassen, dass man sich nicht zu sehr reinsteigert um eine ungewollte Verwandlung zu verhindern. Ebenso lernten wir bzw. hauptsächlich ich, seinen Körper in Stresssituationen und anderen unter Kontrolle zu halten. Eigentlich war es gar nicht so kompliziert allerdings merkte ich erst jetzt wie oft ich mich schon unwissentlich hätte verwandeln können und dankte innerlich dem Schicksal, das es so wie es ist gekommen ist. An diesem Abend fiel ich tot müde ins Bett und war auch direkt weggetreten.

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