1. Abreise

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TEIL 1

Fred

Ich wache davon auf, dass jemand die Tür von Rons Zimmer aufreißt und keift: "George, Fred, Harry, Ron! Aufwachen, wir verpassen sonst den Zug!"

Ich stöhne und drücke mein Gesicht tiefer in das weiche Kissen, als könnte ich darauf hoffen, wieder einzuschlafen.
Es ist doch unfair, dass Gott ausgerechnet meine ohnehin nicht sehr zarte Mutter mit einer Stimme gesegnet hat, mit der sie ohne weiteres die Quidditchweltmeisterschaft kommentieren könnte.
Ich sehe mich leicht bedröppelt im Zimmer um.
Auf dem Bett neben mir liegt mein Zwillingsbruder, der mir bis aufs Haar gleicht und ebenfalls versucht, sich mit dem Kissen zu ersticken.
Auf zwei weiteren Lagern sind Ron und Harry gerade damit beschäftigt, sich grummelnd die Haare zu richten.

Widerwillig stehe ich schließlich auf, werfe meinen kleinen Bruder Ron aus dem Bett und gehe in die Küche, wobei ich nebenbei noch Percys Tür eintrete und den Träumen meiner kleinen Schwester Ginny und ihrer Klugscheißerfreundin Hermine ein unangenehmes Ende bereite.

Unten angekommen setze ich mich an den runden Küchentisch. Außer mir sind noch mein Vater, meine Mutter und mein großer Bruder Bill im Raum, der im Tagespropheten liest. Ich kann die Schlagzeile sehen, es geht immer noch um das Desaster bei der Quidditch-Weltmeisterschaft, die wir vor einigen Wochen gemeinsam besucht haben. Ein großes Bild vom dunklen Mal prangt über der reißerischen Überschrift „Todesser bei der Weltmeisterschaft - was das Ministerium Ihnen verschweigt".
Ich bin mir sicher, dass dieser Artikel aus der Feder der Klatschautorin Rita Kimmkorn stammt.

Ein seltsames Geräusch, das vom Kamin kommt, reißt mich aus dem Versuch, den Artikel über den Tisch hinweg zu entziffern. Mein Vater, der einen Umhang falsch herum trägt und dessen Haare in alle Seiten abstehen, unterhält sich gerade mit einer Art Ei, das im Feuer liegt; das habe ich schon öfter gesehen, es handelt sich um eine Möglichkeit, per Flohpulver nur mit dem Kopf an einen bestimmten Ort zu reisen, der Rest des Körpers bleibt zuhause zurück.
Sehr praktisch für Eilnachrichten, die im Ministerium eben häufig versendet werden.

Ich höre genauer hin, kann aber in den  hastigen Ausführungen des Eis nur noch die Worte „Moody... zuhause angegriffen... neue Stelle" verstehen, aber aus diesen mickrigen Informationen kann ich mir keinen vernünftigen Satz bilden. Also konzentriere ich mich lieber darauf, zu erkennen, mit wem mein Vater da überhaupt spricht.

Als ich näher hinsehe, erkenne ich, dass es sich um Amos Diggorys Kopf handelt, der mit unfassbarer Geschwindigkeit auf meinen Dad einredet und ich bin mir sicher, er kniet gerade auf allen vieren in seinem Wohnzimmer, mit seinem Kopf im Kamin und hat ein fettes Maurerdekolleté. Bei der Vorstellung grinse ich und will meinen Kopf, der vor Müdigkeit schwer ist, auf den Tisch legen, weshalb ich auf unangenehme Weise merke, dass mir meine Mutter eine Müslischale vor die Nase geschoben hat.

Die Abreise ist wie immer ein stressiges Durcheinander und als ich endlich in einem Abteil im Hogwartsexpress sitze, George und Lee Jordan mir gegenüber, kann ich das erste Mal tief durchatmen.

Ich lasse meine Gedanken schweifen.
Was das wohl für ein Ereignis ist, über das alle reden? Meine Eltern und meine großen Brüder kündigen schon seit Monaten an, dass dieses Jahr in Hogwarts ein großartiges Ereignis stattfinden wird. Das erste Mal seit meiner schulischen Laufbahn kann ich es nicht erwarten, nach Hogwarts zu kommen. Während mein Zwillingsbruder mit Lee Jordan, unserem besten Freund, über die Weltmeisterschaft redet, schaue ich nur aus dem Fenster, anstatt wie üblich laut in der Unterhaltung mitzumischen.

Die Landschaft zieht an dem ratternden Zug vorbei und ich kann nur wenig erkennen, da sich jetzt auch noch dunkle Wolken am Himmel auftürmen und es beginnt zu nieseln.

Die Landschaft zieht an dem ratternden Zug vorbei und ich kann nur wenig erkennen, da sich jetzt auch noch dunkle Wolken am Himmel auftürmen und es beginnt zu nieseln

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Es ist wirklich interessant, dass es jedes Mal, wenn wir auf dem Weg nach Hogwarts sind, urplötzlich anfängt zu regnen.
Oder, wenn ich so darüber nachdenke: nicht interessant, eher furchtbar nervig.

„Fred, was meinst du?"
„Mhm? Was?"
Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch und sehe die anderen beiden überrascht an.
„Was ist denn los mit dir?" fragt George kopfschüttelnd. „Du bist so still."
Ich zucke mit den Schultern und damit scheint auch für George die Sache erledigt zu sein.

Lee und mein Bruder haben inzwischen aufgehört, lautstark über das Spiel zu diskutieren, deshalb herrscht jetzt ein angenehmes Schweigen.

Für den Rest der Fahrt entwickeln wir zu dritt neue Bestellformulare für Weasleys Zauberhafte Zauberscherze und spielen Zauberschnippschnapp. Oder wir regen uns einstimmig über ein Mitglied des Lehrkörpers mit fettigen schwarzen Haaren auf, dessen Name ich nicht nennen möchte und streiten uns darüber, welches Event in Hogwarts stattfinden wird, das in allen solche Begeisterungsstürme auslöst.

Dann sind wir endlich da. Wir nehmen unser Handgepäck und quetschen uns durch die Schülermassen, die aus den Abteilen strömen, zum nächstbesten Ausgang. Draußen erwartet uns ein Gewitter, das es in sich hat.
Wunderbar.

Beim Festmahl zum Schuljahresanfang beeile ich mich mit dem Essen, um endlich zu erfahren, wovon meine Eltern und meine großen Brüder den letzten Monat durchgehend gefaselt haben, ohne aber auch nur ein Wort davon zu erwähnen, um was genau es sich handelt.

Ich hoffe, dass es irgendwas aufregendes ist und nichts mit Percys Kesseln zu tun hat, die mir in den Sommerferien so sehr auf die Nerven gegangen sind, dass ich kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt habe, ihn mit einem extrastarken Versieglungszauber in sein Zimmer einzusperren oder - die weit bessere Möglichkeit - den Guhl über seine Notizen kotzen zu lassen.

Endlich sind alle fertig und der Tisch sieht aus wie vor dem Essen. Gespannt blicke ich hoch zum Lehrertisch und sehe, wie sich Dumbledore erhebt, um seine alljährliche Rede zu halten.

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