45. Die Beerdigung

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Der Morgen von Dumbledores Beerdigung bricht an.
Als wir nach dem Frühstück auf das sonnenbeschienene Gelände treten, kann ich von weitem eine Sitzgruppe erkennen, bei der sich schon eine Gruppe schwarzgekleideter Menschen versammelt hat. Sicher handelt es sich bei ihnen um eine Delegation Wichtigtuer aus dem Ministerium, die sich hinter ihrer aufgesetzten Trauermiene schon die Hände reiben.
Dumbledores Tod hat den meisten magischen Machthabern garantiert einwandfrei in die Hände gespielt, da er ihnen schon immer mit seinen liberalen Ansichten und seinem großen Herz Muggeln gegenüber nur ein Dorn im Auge war.

Als wir an der Stuhlgruppe ankommen, wäre ich am liebsten wieder umgekehrt und zum Schloss zurückgerannt, da ich sehe, welche Gäste sich sonst schon dort eingefunden haben:
Umbridge, die ich gerne mit einem gezielten Kick ins dunkle Wasser befördert und da dem Riesenkraken überlassen hätte, Scrimgeour, der seine gelben Augen bereits gierig auf Harry gerichtet hat, und... Fred, der in diesem Fall das größte Problem darstellt, denn ich habe keine Ahnung, wie ich ihm sagen soll, was ich zu sagen habe.

Ich weiche seinem bohrenden Blick aus, der mich bereits gefunden hat und nun festhält, und setze mich neben Harry und Ron in die vorletzte Reihe.

Plötzlich verstummt die flüsternde Menge, da der sonst so riesenhafte Hagrid, der nun aber vergleichsweise klein und verhärmt aussieht, auf uns zukommt und scheinbar einen reglosen Körper in den Armen hält, den ich bei näherem Hinsehen als Dumbledore identifizieren kann.

Ich schlage mir die Hand vor den Mund.
Bisher hat sich meine Trauer in Grenzen gehalten, vermutlich, weil es mir einfach so unwirklich erscheint, dass Albus Dumbledore, der größte Zauberer seiner Zeit, die Legende, die sogar Lord Voldemort in die Flucht schlagen konnte, gestorben ist. Einfach so.
Aber jetzt, da ich seine Leiche so leibhaftig vor mir sehe, kann ich die Tränen nicht zurückhalten und lasse sie ungehindert fließen. Ich lehne meinen Kopf an Rons Schulter, der mir beruhigend die Haare streichelt, obwohl er selber weiß ist wie die Schlossgeister, die mit gesenkten Köpfen hinter den Stuhlreihen schweben.

Nachdem Hagrid Dumbledores Leiche auf den Altar aus weißem Marmor, der vor uns am Rand des Sees aufgebaut ist abgelegt und auf einem extragroßen Stuhl Platz genommen hat, steht ein kleiner Mann mit spärlichem Haar und einem Gesicht wie ein Maulwurf auf und nimmt eine andachtsvolle Haltung ein, bevor er mit leiser, fisteliger Stimme anfängt zu reden.
Ich verstehe kein Wort und aus den gelangweilten Gesichtern reihum zu schließen, verpasse ich nicht besonders viel, weshalb ich meine Gedanken schweifen lasse.

Ich verbinde so viele Erinnerungen mit diesem Schloss. Das seine Schließung nun in Erwägung gezogen wird, kann ich einfach nicht ertragen, obwohl ich weiß, dass ich auch sonst nicht für mein letztes Jahr hierher zurückkehren würde.
Ich blicke zum See hinüber, der in der Sonne glatt und schwarz glitzert. Ich habe noch genau den Moment vor Augen, als ich Hogwarts von den Booten aus zum ersten Mal gesehen habe.
Und dort hinten hat mich Krum bei der zweiten Aufgabe aus dem See gezogen, um mir gleich danach seine Gefühle zu gestehen. Was aber hoffnungslos war, da ich damals endlich begriffen habe, wie verliebt ich in Fred war.
Ich sehe zu Fred hinüber, der den Kopf gesenkt hält und starr auf seine Schuhe blickt.

Endlich hört der kleine Mann auf zu reden und setzt sich wieder auf seinen Stuhl in der ersten Reihe.
Statt dass sich weitere Redner melden, wie ich es erwartet hätte, ergeben sich reihum die Gäste, als plötzlich der Marmoraltar in Flammen aufgeht und im Boden versinkt. Ich stoße einen kleinen Schrei aus, dann beschließe ich, dass das wohl die Zaubererart von Begräbnis ist.

Nachdem der ganze offizielle Teil vorbei ist, beginnen die Gäste, sich zu verteilen und miteinander zu reden, einige brechen in Tränen aus, manche stehen nur da und starren stumm in die Ferne.
Ich atme einmal tief durch und gehe dann hinüber zu Fred, der zu der zweiten Gruppe gehört und abwesend mit in der Tasche versenkten Händen den verbotenen Wald betrachtet.

„Hey" sage ich leise und er sieht überrascht auf.
Sein Gesicht ist so wunderschön, selbst, wenn es voller Trauer ist.
Er erwidert nichts, sondern nimmt mich nur fest in den Arm.
Als ich seinen vertrauten Duft in der Nase spüre, bildet sich schon wieder ein Tränenkloß in meinem Hals und ich merke, wie sehr ich Fred vermisst habe.
Irgendwann lasse ich ihn los.
„Du siehst gut aus" schniefe ich und richte seine schwarze Krawatte, die etwas verrutscht ist.
Er versucht ein Lächeln, das irgendwie misslingt und greift stattdessen nach meiner Hand.
„Komm, wir machen einen kleinen Spaziergang."

Ich lasse mich bereitwillig mitziehen.
„Fred..." murmele ich. „Ich kann dein... Angebot nicht annehmen, fürchte ich" sage ich ganz schnell, einfach, um es loszuwerden.
Er schließt kurz die Augen. „Oh."
„Nicht, weil ich es nicht will" sage ich schnell. „Glaub mir, ich will es mehr als alles andere auf der ganzen Welt. Aber ich werde meinen Abschluss nicht machen. Ich muss mich einer Aufgabe widmen, die... die ganze Welt retten könnte. Gemeinsam mit Harry und Ron. Und ich weiß nicht, wie lange das dauern wird, geschweige denn ob ich das überleben werde.
Es hat auf jeden Fall etwas mit Du-weißt-schon-wer zu tun."
„Was?" Fred sieht verwirrt aus.

„Also." versuche ich noch einmal langsam zu erklären. „Ich kann dir nicht versprechen, dass wir zusammenziehen werden, da ich mit Harry und Ron einen Auftrag erfüllen muss, der zum Sieg über den dunklen Lord führen kann. Und dieser Auftrag hat einen ungewissen Ausgang, weshalb ich dir nichts versprechen möchte, das ich nicht halten kann.
Außerdem... solange ich diesen Auftrag erledige, muss ich jeglichen Kontakt zu Menschen vermeiden, die ich liebe. Es ist nämlich sicher, dass die Todesser dich benutzen werden, um Informationen über unseren Aufenthaltsort und unsere... Mission aus dir herauszuquetschen, wenn ich mich nicht... von dir trenne."

Freds Augenbraue hat die Wanderung über sein Gesicht beendet und ist mittlerweile bei seinem Haaransatz zum Stehen gekommen. Er scheint eine Sekunde zu überlegen, dann schüttelt er den Kopf.

„Nein."
„Wie bitte?"
„Nein. Ich bin nicht einverstanden mit deinem Beschluss."
„Aber..."
„Wenn du Schluss machen würdest, weil du mich nicht mehr liebst, was anscheinend nicht der Fall ist, würde ich das akzeptieren. Aber bei einer Entscheidung zu meinem Schutz habe ich ja wohl mitzureden, zumal ich der ältere von uns beiden bin. Ich will nicht, dass unsere Beziehung endet. Ich kann schon auf mich selbst aufpassen."

Wut brodelt in mir hoch. „Du bist so..."
„...sexy?"
„Hältst du das alles für einen Witz? Ich tue das doch nicht, weil ich gerne möchte! Aber es wäre egoistisch von uns, zusammenzubleiben."
Freds Miene wird wieder ernst und er lässt meine Hand los, um mich stattdessen an den Schultern zu packen.
„Dann sind wir eben egoistisch!"
„Das ist nicht so einfach!"
„Ich liebe dich, Hermine. So einfach ist das. Und in solchen Zeiten... wenn wir anfangen, uns zu entzweien, ist niemandem geholfen."
„Fred!"
Er sieht mich provozierend an. „Hermine!"

Langsam spüre ich, wie ich nachgebe.
„Eine Bedingung" sage ich streng, und auf Freds Gesicht zeigt sich plötzlich ein kindliches Grinsen. „Wir sagen es niemandem. Alle sollen denken, wir wären nicht mehr zusammen."
Fred denkt kurz nach. „In Ordnung. Ich habe aber auch eine Bedingung."
„Und die wäre?"
„Ich darf dich jetzt küssen."
Ich lache, was sich nach dem vergangenen Schmerz seltsam anfühlt.
„Bedingung akzeptiert."

Ich weiß tief in meinem Inneren, dass Fred recht hat. Wir müssen das festhalten, was wir lieben, aber ich habe solche Angst, Fred zu verletzen, da ich nicht weiß, für wie lange ich noch...da bin.
Aber trotz des Risikos bin ich bereit, diese Aufgabe zu erfüllen, und wenn es das letzte ist, was ich tue.

ENDE TEIL 3

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