Malia blickte sich in ihrer neuen, kleinen Eineinhalbzimmerwohnung um. Es roch nach frischer Farbe, überall standen Kartons herum und sie und Loba waren plötzlich ganz allein.
Kendra und Damian hatten ihnen zwar geholfen, alles aus dem Lastwagen hinauf zu tragen; vierter Stock, Fahrstuhl dauerhaft außer Betrieb, doch dann hatte Kendra sie geküsst und gemurmelt:
„Sorry, Baby! Wir müssen zur Arbeit. Ich helf' dir heute Abend beim auspacken, in Ordnung?" Und war einfach wieder verschwunden.
Loba hatte gleich mal den Fernseher eingeschaltet und war nun für's Erste abgetaucht in eine andere Welt. Dieses Mädchen liebte jede Art der Zerstreuung.
Malia schloss die Zimmertür, ließ sich auf ihre nackte Matratze sinken und plötzlich kamen ihr beträchtliche Zweifel.
Wegen dieser Kendra war Malia einmal durch den halben Staat von Los Angeles nach San Francisco gezogen, aber eigentlich kannten sie sich doch noch gar nicht so richtig, oder?
Das mit ihnen hatte als Urlaubsbekanntschaft begonnen; aufregend, unerwartet, sexy... !
Danach hatten Kendra und sie sich noch ein paar mal an den Wochenenden gesehen, doch man konnte wirklich nicht behaupten, dass sie in diesen Momenten viel Zeit damit zugebracht hätten, miteinander zu reden und Zukunftspläne zu schmieden.
Vielmehr waren sie die meiste Zeit nackt gewesen und hatten...nun ja...nonverbal kommuniziert.
Ja sicher, sie hatten auch viel geskypt und telefoniert, aber so richtig darüber gesprochen, wie Malias neues Leben in San Francisco werden würde, hatten sie irgendwie nicht. Kendra wusste ja noch nicht einmal, dass Malia momentan in gewissem Sinne Single-Mutter einer Fünfzehnjährigen war, denn das hatten Stiles, Derek und sie sozusagen in letzter Minute entschieden.
Kendra hatte zwar gestutzt, als sie Loba gesehen hatte, doch offensichtlich hielt sie sie für eines der Straßenkinder, die Malia in L.A. betreut hatte und wusste nicht, dass das Mädchen in Wirklichkeit Familie war. Natürlich war das auch nicht auf den ersten Blick zu erkennen: Lobas Haare und Augen waren beinahe schwarz und die Haut hellbraun. Ihre mexikanischen Wurzeln waren nicht zu leugnen, aber sie waren ja auch nicht bluts- sondern vielmehr wahlverwandt.
Malia griff zum Telefon und wählte eine Nummer. Erst nach dem sechsten Klingeln ging jemand ran:
„J...J...Ja?" Stiles klang atemlos:
„Verfluchte Scheiße! Vögelt ihr zwei etwa gerade?" knurrte Malia in den Hörer:
„Nö!" behauptete Stiles und dann kicherte er:
„Verdammt!" fluchte Malia: „Sag meinem Cousin, er soll seine Zunge aus deinem Ohr, oder aus was auch immer ziehen und dann konzentrier' dich gefälligst auf mich. Es ist ein Notfall! Und überhaupt: Ich dachte, du hast keine Zeit für irgendwas, weil du für die Prüfungen büffeln musst! Deswegen passe ICH doch schließlich gerade auf Loba auf."
„Lass' mal Schatz. Jetzt nicht!" murmelte Stiles mit beiseite gehaltenem Hörer und wieder an Malia gerichtet sagte er: „So, jetzt gehöre ich ganz dir!"
„Pah!" machte die Angesprochene verächtlich und dann begann sie, ihrem Ex ihr Leid zu klagen: „Warum bin hier, Stiles?"
„Huh?" machte dieser dümmlich: „Wird das jetzt hier ein philosophischer Diskurs, oder was? Wie soll ich dir denn darauf antworten?"
„Ach halt die Klappe! Du weißt genau, was ich meine, Blödmann! Ich habe ein Leben, dass ich im Grunde recht gern hatte aufgegeben, um völlig neu anzufangen. Und das alles für eine Frau, die ich kaum kenne. Und ich habe noch nicht einmal entschieden, welcher Teil des Satzes mir mehr Angst macht: 'Frau' oder 'Ich kenne sie gar nicht'! HILFE!"
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Die Schwachen und die Skrupellosen
FanfictionMalia zieht in eine neue Stadt, hat einen neuen Job, eine neue Liebe und ist überdies Babysitter für eine Fünfzehnhjährige. Peter probiert zur Abwechslung einmal die Sache mit der Liebe aus, doch er ahnt eigentlich schon, dass das in die Hose geht. ...