2.414 Worte
Nach dem Wochenende, das mehr Desaster als Entspannung war, muss ich mich wieder dem Schulalltag stellen und kann nur hoffen, dass Ginger nichts von der Aufnahme weiß und dass auch Reece nichts damit vorhat.
Normalerweise fährt mein Dad mich morgens, da diese Option dank dem von mir verursachten Autounfall aber nun flach fällt, nehme ich den Schulbus, der einen Block weiter jeden Morgen hält. Rasch quetsche ich mich in eine der Sitzreihen ans Fenster und stelle meine Schultasche auf meinem Schoß ab. Zum Glück lässt sich kein Schüler neben mich sinken. Warum auch? Wer will schon neben mir sitzen?
Auf dem Schulgelände angekommen, erwartet mich bereits Sammy, der mich wie gewohnt umarmt. Liebevoll erwidere ich die Umarmung. Von Ginger ist keine Spur.
»Hat Ginger ihren Schock von vorgestern abend immer noch nicht überwunden, oder was?«, frage ich, um meine Nervosität herunterzuspielen, und schaue mich irritiert auf dem Gelände um.
»Welchen Schock?«
»Ich habe ihr fast ein Büschel Haare ausgerissen«, antworte ich eher beiläufig, weil meine Augen die Umgebung immer noch nach potenziellen Angreifern abtasten, und schlendere mit Sammy auf den Schuleingang zu.
»Du hast was?«, fragt mein bester Freund leicht schockiert und reißt die Augen auf. »Warum hast du das gestern nicht erwähnt?«
»Ich wüsste nicht inwiefern, das relevant gewesen wäre.«
»Na, du hast dich gegen diese Stelzenschlampe zur Wehr gesetzt. Das ist doch toll.«
Mit einem Ruck drehe ich mich zu Sammy um und bleibe stehen, nehme ihm den Wind aus den Segeln. »Sammy, ich habe sie vor versammelter Mannschaft angegriffen und für einen kurzen Moment von ihrem Thron gestoßen. Glaubst du, das wird sie so einfach auf sich sitzen lassen? Verstehst du, warum sie auf keinen Fall von dieser Aufnahme wissen darf? Sie wird mich fertig machen.« Verzweifelt schlage ich die Hände überm Kopf zusammen und will gar nicht erst über die Folgen nachdenken. »Warum habe ich nicht einfach auf dich gehört? Warum habe ich bloß geglaubt, sie könnten tatsächlich anfangen mich zu mögen?«
»Hey«, sanft legt er mir eine Hand auf die Schulter und schaut mich mit festem Blick an, »jeder macht mal Fehler. Du hast dir einfach Hoffungen gemacht. Das ist doch verständlich. Und ehrlich: Ich habe mir wirklich gewünscht, dass sie dich endlich akzeptieren würden. Außerdem mache ich mir schon genug Vorwürfe, dass ich dich nicht stärker davon abgehalten habe.«
Ich nicke und presse die Lippen aufeinander, dann schlendern wir weiter. Als Sammy und ich den Eingang ins Schulgebäude passieren, ertönt gleichzeitig das Klingeln, das den Unterrichtsbeginn einläutet. »Mach dir nicht so einen Kopf. Wir sehen uns in der Pause«, verabschiedet er sich von mir und zieht mich nochmal in eine Umarmung, dann macht er sich auf den Weg zu seinem Kursraum.
Ich hole mir eben noch mein Buch aus meinem Schließfach und begebe mich zu Mathe. Zum Glück habe ich dieses Fach weder mit Ginger noch mit einem ihrer Gefolgsleute zusammen und kann für's Erste aufatmen, muss mich für kein Gefecht wappnen. Auch in Geschichte bleibe ich noch verschont, doch in Englisch kann ich ihr nicht mehr aus dem Weg gehen. Und ich habe keinen Sammy bei mir, der mir helfen könnte. Den sehe ich erst in der Mittagspause wieder.
Deshalb mache ich mich auf meinem Platz in der Mitte des Raumes so klein wie möglich und verstecke mich hinter meiner Tasche, die ich vor mir auf den Tisch stelle. Ginger ist noch nicht da.
Doch als sie, sich mit ihren treusten Gefolgsfreundinnen unterhaltend, den Raum betritt, bemerke ich das auch, ohne dass ich sie sehe. Ihr Stimme würde ich zwischen tausenden erkennen. Augenblicklich spannt sich mein gesamter Körper an und ich sinke noch ein Stück weiter auf meinem Stuhl zurück. Aber als sie an ihrem Platz vorbei auf mich zuläuft, weiß ich, dass ich einem erneuten Wortgefecht nicht ausweichen kann.

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More than me
Teen Fictionalter Titel: Mailbox Call TRIGGERWARNUNG Giovanna hat nur zwei Wünsche. Wunsch Nummer 1: Endlich schlank sein! Davon träumt sie, seit sie denken kann. Und Wunsch Nummer 2: Endlich mit dazugehören. Sie glaubt, ihren zweiten Wunsch erreicht zu haben...