2.133 Worte
Das Bild von mir als Cartoonfigur verfolgt mich noch den restlichen Schultag, selbst als ich mit Sammy auf dem Weg nach Hause bin. Seiner Planung für den morgigen Abend höre ich nur mit halbem Ohr zu.
Meine Aktion war hochgradig peinlich. Ginger braucht mich nicht zu demütigen, das schaffe ich ganz alleine. Anstatt mich normal zu benehmen und wie alle anderen den Raum zu verlassen, ziehe ich lieber die Aufmerksamkeit der versammelten Schülerschaft auf mich und springe wie ein Elefant in die Luft.
Beschämt vergrabe ich das Gesicht in meinen Händen und würde am liebsten die Zeit zurückdrehen. »Ich bin so ein Idiot!«
Sammy hält abrupt in seiner Planung inne. »Ähm, okay ... Ich schätze mal, du hast mir nicht zugehört, oder?«, stellt er von der Seite fest und seufzt. »Was ist los?«
»Ginger hat ihre Ruhephase anscheinend beendet. Vor dem Englischunterricht ist sie wieder auf mich los.«
Sammy wirft mir einen entgeisterten Blick zu. »Warum erzählst du mir erst jetzt davon? Was hat sie gemacht?«
»Was sie gemacht hat, ist egal. Viel schlimmer ist meine Reaktion darauf.« Wieder schlage ich mir die Hände vors Gesicht und widerstehe dem Drang, meine Knie an die Brust zu ziehen, denn dann würde ich mit meinen Schuhen Sammys Sitz verdrecken.
»Und?«, fragt er vorsichtig, nachdem ich nicht weiterrede.
Ich hole tief Luft und lege den Kopf in den Nacken, während ich die Flecken im Stoff der Autodecke zähle. Es auszusprechen, macht die ganze Aktion noch peinlicher als sie sowieso schon ist. »Sie hat gesagt, ich würde jedes Mal, wenn ich einen Schritt mache, Erdbeben auslösen. Deshalb habe ich mich nach dem Unterricht so leichtfüßig wie möglich bewegt. Das ist ihr natürlich aufgefallen. Wahrscheinlich hat sie genau auf diese Reaktion abgezielt. Als ich ihr zufriedenes Gesicht gesehen habe, ist dann irgendwie eine Sicherung bei mir durchgebrannt. Wütend habe ich den Stuhl an den Tisch geknallt und gefragt, ob sie die Erschütterung schon spürt. Dann bin ich wie eine Bescheuerte einmal auf der Stelle gesprungen und aus dem Raum gerauscht.«
Die kleinen, dunklen Sprenkel an der Decke, die von einer Coladose stammen, erregen meine Aufmerksamkeit. Sie sind da gelandet, nachdem Sammy und ich bei Mc Drive Essen bestellt haben und noch in einen Supermarkt gefahren sind, um zwei Dosen Cola zu kaufen, weil die Sirupcola von Mc Donalds einfach nicht schmeckt.
Sammy hat meine Dose auf dem Weg zum Auto geschüttelt, ohne dass ich es mitbekommen habe und als ich sie dann geöffnet habe, gab es eine riesige Sauerei. Die Decke war voll, ich war voll, der Sitz war voll – und er saß neben mir und hat sich kaum noch halten können vor Lachen.
Diese Erinnerung vertreibt für einen kurzen Moment die Bilder des heutigen Tages.
Sammy stellt das Auto vor meinem Haus ab und wendet sich mir zu. »Weißt du, Gio, das, was du gemacht hast, mag dir zwar peinlich vorkommen ... «
»Es ist peinlich«, unterbreche ich ihn und starre weiter an die Decke.
»Lass mich ausreden. Es mag dir zwar peinlich vorkommen, aber du widersetzt dich Ginger. Du nimmst nicht mehr alles an, was sie sagt, sondern rebellierst dagegen.«
Ich lache verächtlich auf. »Tolle Rebellion.« Doch dann besinne ich mich und schaue zu Sammy. »Tut mir leid. Ich bin unmöglich.«
»Stimmt«, sagt er, doch sein Lächeln zeigt, dass er es nur zur Hälfte ernst meint.
»Danke.« Aufgemuntert lehne ich mich über die Mittelkonsole und umarme meinen besten Freund zum Abschied. Als ich mich wieder von ihm löse, deute ich zur Decke und meine: »Das bekommst du übrigens immer noch zurück. Auch wenn es schon zwei Monate her ist, habe ich das nicht vergessen.«

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More than me
Fiksi Remajaalter Titel: Mailbox Call TRIGGERWARNUNG Giovanna hat nur zwei Wünsche. Wunsch Nummer 1: Endlich schlank sein! Davon träumt sie, seit sie denken kann. Und Wunsch Nummer 2: Endlich mit dazugehören. Sie glaubt, ihren zweiten Wunsch erreicht zu haben...