2.146 Worte
Manchmal gibt es Situationen im Leben, in denen man sich fragt, warum man diese Katastrophe nicht kommen gesehen hat. Man denkt darüber nach und auf einmal sieht man all die Vorboten, die die ganze Zeit über dagewesen sind, die man aber einfach nicht wahrgenommen hat.
Wie bei einem Gewitter. Wenn sich der Himmel langsam verdunkelt, die Vögel plötzlich verstummen und der Wind auffrischt. Aber man achtet nicht darauf, weil man mit seinen Freunden gemütlich bei einer Grillparty im Garten sitzt. Doch dann öffnet der Himmel schlagartig seine Pforten und es fängt an zu donnern und zu blitzen und von einem Moment auf den anderen wird man klatschnass.
Panisch springt man auf und flüchtet in Haus. Drinnen fragt man sich dann, wo dieser Sturzregen so plötzlich herkommt und wann es so dunkel draußen geworden ist. Manchmal erinnert man sich, wann die ersten Anzeichen kamen. Manchmal auch nicht.
Sammys Geständnis, dass er verliebt in mich ist, ist mein persönlicher Platzregen.
Und so sehr ich mich auch anstrenge, ich finde den Punkt, an dem seine Gefühle von freundschaftlich zu romantisch umgeschlagen sind, nicht.
Den gesamten Sonntag liege ich im Bett, starre auf die Kennzeichenfotos meiner Tante, die an der Wand hängen, und denke darüber nach, wie blind ich gewesen bin. Warum habe ich Addisons Worte so leichtfertig in den Wind geschlagen? Warum habe ich Sammy nicht einfach gefragt? Warum habe ich ihn nicht gefragt?
Und warum hat er nie mit mir über seine Gefühle gesprochen?
Doch schlussendlich lande ich immer wieder bei der gleichen Frage: Warum habe ich es nicht gesehen? Warum war ich so blind? War ich wirklich so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass alles andere nebensächlich war oder hat er sie so gut versteckt?
Ich denke an die vielen Umarmungen zurück, an die Küsschen, die er mir auf den Kopf gegeben hat ... nein, er hat seine Gefühle nicht versteckt. Er hat sie zwar auch nicht überdeutlich gemacht, aber versteckt hat er sie nicht.
Eine Hand an meine Brust gepresst wälze ich mich auf die andere Seite und starre in mein Zimmer. Shira schaut mit schiefgelegtem Kopf zu mir und ich schließe die Augen. Ich will gerade niemanden sehen, nicht einmal Shira.
Zwischendurch steckt Dad den Kopf in mein Zimmer, aber ich schicke ihn wieder weg.
🍭🍭🍭🍭🍭
In der Nacht von Sonntag auf Montag wälze ich mich schlaflos hin und her, weil ich nicht weiß, wie ich Sammy begegnen soll. In meinem Bauch zieht sich alles schmerzhaft zusammen, wenn ich daran denke, ihn in der Schule zu sehen.
Wie soll ich mich ihm gegenüber bloß verhalten?
Ich kann unmöglich auf ihn zugehen, aber genauso wenig möchte ich ihm aus dem Weg gehen. Sammy ist mein bester Freund. Er ist derjenige, der immer da war, seit ich hierher gezogen bin.
Ich – Wie soll ich das wieder geradebiegen?
Er hat mir seine Gefühle gestanden und ich bin weggelaufen.
Vollkommen fertig ziehe ich wie ein Embryo die Knie an die Brust und fange still an zu weinen. Am liebsten möchte ich laut aufschluchzen, weil mich der Schmerz in meinem Inneren fast zerreißt, aber ich habe Angst Dad zu wecken, also presse ich mir ein Kissen vors Gesicht, bis ich mich wieder etwas beruhigt habe.
Dann wird mir von Neuem bewusst, dass ich meinen besten Freund wahrscheinlich für immer verloren habe, weil ich mich nur für mich selbst interessiert und nicht wahrgenommen habe, wie es in ihm aussieht.

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More than me
Teen Fictionalter Titel: Mailbox Call TRIGGERWARNUNG Giovanna hat nur zwei Wünsche. Wunsch Nummer 1: Endlich schlank sein! Davon träumt sie, seit sie denken kann. Und Wunsch Nummer 2: Endlich mit dazugehören. Sie glaubt, ihren zweiten Wunsch erreicht zu haben...