7 - Laura

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Am liebsten würde ich den Spiegel von der Wand reißen und auf dem Boden zerschmettern. So sehr verabscheue ich das, was ich sehe.

Es hat funktioniert. Glaube ich zumindest, die Zeit wird es zeigen.

Die Farbe ist ein wenig dunkler als vorher und lässt meine Augen noch heller wirken. Noch kälter, so kalt wie ich sein soll.

Meine Kopfhaut brennt wie Feuer und überzeugt mich davon, dass das hier nicht nur ein Albtraum ist. Jetzt, wo ich weiß, dass es funktioniert, fühle ich mich noch schlechter.

Ich beiße mir auf die Unterlippe, bis es schmerzt. Mein Spiegelbild verschwimmt vor meinen Aigen, während ich an all die Menschen denke, die diesem System nun nicht mehr entkommen werden können. Einschließlich mir selbst.

Mehr zufällig fällt mein Blick auf den elektrischen Rasierer auf der kleinen Kommode neben mir, den ich normalerweise für meine Beine benutze, und eine Idee bildet sich in meinem Kopf. Sie ist so groß, so absurd, dass es mir die Luft abschnürt.

Aber doch.

Ich kann das tun.

Meine Beine zittern, als ich einen Schritt auf die Kommode zu mache und nach dem Rasierer greife; ich kann ihn kaum halten.

Nein.

Ich kann das nicht tun.

Entschieden lege ich den Rasierer zurück und binde meine Haare zu einem Knoten. Als ich das Bad verlasse, kann ich schon wieder besser atmen, doch der Gedanke an das, was ich fast getan hätte, lässt mich nicht mehr los. Obwohl es ein vollkommen unsinniger Plan ist, glaubt ein Teil von mir tatsächlich, dass es den Menschen da draußen Freiheit schenken kann.

Vielleicht sogar mir selbst.


Wenig später stehe ich wieder im Bad und betrachte mich selbst im Spiegel.

Doch.

Ich kann es tun.

Ich muss es tun.

Ich nehme den Rasierer.
Ich setze ihn an meinem Haaransatz an.

Ich halte die Luft an.

Blaue Locken fallen auf den Boden.


Verfälscht - Unsere FarbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt