4. Kayleigh

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Langsam richtete sich die junge Frau wieder auf, welche gerade angesprochen worden war. "Was ist denn?", fragte sie leise und gähnte kurz.
"Wir haben Schluss, Kayleigh. Der Klassenraum wird sonst abgeschlossen, weil die Lehrer meistens ja nicht nachschauen. Kommst du?", erkundigte sich der junge Mann, der vor ihr stand, woraufhin sie leicht gähnend nickte und seine Hand ergriff um aufzustehen.

"Danke, Jamie."

"Nichts zu danken", lächelte er. Kurz runzelte er jedoch die Stirn und nahm ihr dann die Tasche ab. "Komm, ich bringe dich nach Hause, du fällst hier ja noch irgendwann um. Warum bist du überhaupt so müde? Das geht jetzt doch schon seit einiger Zeit so und gesund ist das bestimmt auch nicht. Legst du dich früh genug hin?"

Kayleigh seufzte leise und strich sich durch das Haar, welches sie heute offen trug, wobei sie den Rock ihrer Schuluniform zurecht zupfte. Ja, sie war neunzehn, dennoch ging sie noch zur Schule, müsste bereits mehrere Klassen wiederholen und war somit sogar ein Jahrgang unter Kenan. Sie hatte immer dafür gesorgt, dass wenigstens er es schaffen würde.
"Ja, Jamie. Ich lege mich früh genug hin, ich habe wohl einfach nur einen unruhigen Schlaf, mach dir keine Sorgen", bat sie den gleichaltrigen und stieg in dessen Auto, als er ihr die Tür zum Beifahrersitz öffnete, nachdem sie das Auto erreicht hatten. Leise bedankte sie sich und zog den Gurt über ihren Körper, ehe sie ihn in diesen Verschluss steckte und sich zurücklehnte. Das rötliche Haar fiel ihr leicht in das Gesicht, wobei sie ihre Augen schloss. Jamie setzte sich neben die junge Frau, schnallte sich an, startete den Motor. Anschließend fuhr er langsam los, wobei sein Blick kurz zu Kayleigh wanderte, welche neben ihm ruhig schlief. Wie schnell ein Mensch doch einschlafen konnte.

Noch immer beschlich ihn das Gefühl, dass sie nicht die ganze Wahrheit sagte, aber bedrängen wollte er sie auch nicht, sie reagierte so schon manchmal etwas sehr empfindlich. Leise seufzte er und richtete seinen Blick wieder auf die Straße. Zum Glück wusste er, wo sie wohnte, da er sie schon einmal abgeholt hatte, als die Klasse einen Wandertag hatte.
~~~
Sachte stupste Jamie die brünette Dame an, woraufhin sie murrend ihre Augen öffnete und herzhaft gähnte. "Sind wir schon da?", murmelte sie verschlafen und rieb sich über die Augen, wobei ihr wieder einige Haare ins Gesicht fielen.
"Natürlich, sonst hätte ich dich nicht geweckt, Dornröschen", lächelte er und strich kurz über ihre Wange, schob die Haare zurück und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie waren befreundet, da war das doch okay, oder? Egal, jetzt war es geschehen. "Ruh dich aus, Kayleigh. Du hast es nötig, das sieht man dir an, auch wenn du es verstecken willst. Sollte irgendetwas sein, ruf' an und ich komm vorbei."

Leicht nickte Kayleigh und murmelte eine Zustimmung, wobei sie mit leicht schlechtem Gewissen aus dem Auto ausstieg. Sie würde nicht anrufen. Immerhin wollte sie niemanden in Gefahr bringen, vor allem auch nicht ihn, da sie ihn gerne hatte. Kurz winkte sie ihm etwas, als er davon fuhr und lief anschließend zu der Haustür. Langsam ließ sie ihren Schlüssel in das Schloss gleiten, drehte dieses herum und drückte die schwere Haustür auf.

Anscheinend war Kenan nicht da, jedenfalls waren seine Schlüssel nicht auf der Kommode, die legte er dort sonst immer ab, wenn er da war. Ihr Vater dürfte auch noch nicht da sein, da er eigentlich auf Arbeit sein müsste. Noch immer, nach all den Jahren wusste sie nicht, welchen Beruf er ausübte, aber um ehrlich zu sein, war es ihr auch recht egal. Müde gähnte sie, fuhr sich durch das Haar, sah sich um. Ihre Tasche stellte sie ab und lief nach oben. Dort klopfte sie leise an Kenan's Tür, doch schien sie recht zu haben, denn es öffnete ihr niemand, weswegen sie den Gang weiterlief, in ihr Zimmer hinein und die Tür hinter sich schloss. Ihr Zimmer war wie das von Kenan. Klein, voller Schimmel und zerstört. Ihr eigentlich so schöner Schrank war zerkratzt, an einigen Ecken klebte getrocknetes Blut, oftmals von ihr selbst, aber eben auch von Kenan. Schon seit Jahren hatte sie es aufgegeben, ihn immer wieder zu säubern.

Kenan- Hurt and BrokenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt