Ein Neuanfang
Ich drückte auf den Klingelknopf. Ich war beim Haus meiner Freundin Miranda. Ich wartete und wartete, bis sich die Tür endlich einen kleinen Spalt öffnete. Das war überhaupt nicht typisch für Miranda, sonst öffnete sie die Tür in einem großen Schwung. „Wer sind Sie und was wollen Sie?", fragte Miranda mit rauer Stimme. Sie klang, als hätte sie seit Tagen nicht mehr geschlafen. „Ich will zu dir, Mi!", antwortete ich. Die Tür knallte vor meiner Nase zu. Ich klingelte erneut, doch die Tür blieb zu. Wie ich herausgefunden hatte, waren Vampire schneller und stärker als normale Menschen und die 5 Sinne waren viel ausgeprägter. Ich kletterte die Hauswand hoch und lief über das Dach, bis zu der kleinen Anhöhe in der ein Fenster war. Dahinter befand sich Mirandas Zimmer. Ihr Zimmer stand sozusagen auf dem Dach. Ich hatte Glück. Das Fenster stand offen. Ich setzte mich auf das äußere Fensterbrett und wartete. Kurz darauf kam Miranda durch die Tür in ihr Zimmer und schrie erschrocken auf als sie mich sah. Dann brabbelte sie etwas vor sich hin und ich verstand nur ein paar Worte: „Kann nicht sein…Gabrielle…tot…Halluzination" „Miranda, bitte! Ich kann dir alles erklären-naja zumindest das, was ich weiß-können wir reden? Du musst mich bloß herein bitten, das ist alles!", sagte ich. Miranda schüttelte den Kopf. „Ich werde langsam verrückt. Klar, komm doch rein, du blöde Halluzination!!" Ihre Stimme hallte schrill und laut durch ihr Zimmer. Ich bedankte mich und hüpfte durch das Fenster ins Zimmer. „Wer denkst du bin ich?", fragte ich sie und setzte mich auf ihren Schreibtisch. Miranda lachte, doch es klang total merkwürdig. Es war wie ein Kichern, welches schrill und ungezügelt durch den Raum klang. Ehrlich gesagt machte es mir Angst. „Du bist eine Halluzination meiner toten Freundin Gabrielle oder auch ein Geist, aber das musst du schon selber wissen." Ihre Stimme war geschwungen und unkontrolliert so als wäre sie beschwipst. Ein Grollen in meiner Magengegend lenkte mich von meinen Gedanken ab. Ich stand vom Schreibtisch auf und wankte ein wenig hin und her. Mir war schwindelig. Ich musste dringend etwas zu mir nehmen. „Ich wusste gar nicht, dass Geister so schlecht auf beiden Beinen stehen können.", kicherte Miranda. Jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Sie war sturzbesoffen, sonst hätte sie nie so locker reagiert oder doch? Ein erneutes Wanken meines Körpers riss mich aus den Gedankengängen. Mein Bauch rumorte gewaltig. Miranda hielt mich kichernd fest. Ein süßer Geruch stieg mir in die Nase. Er schien von Miranda auszugehen. Mir war vorher noch nie aufgefallen, dass sie so gut roch! Vielleicht lag das ja an meinen neuen Fähigkeiten. Dann fiel es mir wieder ein. Ich hatte keinen Hunger. Ich hatte Durst. Durst nach Blut. Nach Mirandas Blut. Ich wollte wieder verschwinden, doch es war zu spät. Ich spürte, wie mein Gesicht sich veränderte. Meine Augen verfärbten sich rot und meine Schneidezähne wuchsen ein ganzes Stück und verliefen spitz zu. Blitzschnell versenkte ich meine Zähne in Mirandas Hals und genoss die Blutströme, die in mich hinein sickerten. Mein Gehirn schien wie vernebelt und ich konnte nicht klar denken, bis mir wieder einfiel, wessen Körper ich da gerade aussaugte. Ich löste mich augenblicklich von Mirandas Hals und stieß sie von mir weg. „Du bist gut! Die meisten hätten es nicht geschafft sich gleich beim ersten mal abzuwenden. Jetzt gib ihr dein Blut, sonst stirbt sie und dann nimm ihr die Erinnerung an diesen Tag!", ertönte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um, doch niemand war zusehen. Diese Stimme kannte ich doch! Aber woher? Ich sah auf den Boden hinter mir und entdeckte ein schwarzes Taschentuch mit einem Wort darin eingestickt. In weißen verschnörkelten Buchstaben stand dort: Querida.
Ich wischte mir den Mund mit dem Tuch ab und kniete mich neben Miranda. Ich biss mir in den Arm und ließ mein Blut in Mirandas Mund tröpfeln. Unschlüssig warf ich einen Blick auf Miranda. Dann verschloss ich erst mal mit zwei Fingern die Bissstelle an meinem Arm. Wie bitte sollte ich ihr die Erinnerung nehmen? Denk nach, Gabrielle! Plötzlich kam mir ein Gedanke. Er flitzte an mir vorbei und ich fing ihn auf. Jetzt wusste ich was zu tun war. Irgendwo in mir drin hatte ich es immer gewusst. Ich hob Mirandas Kopf an und öffnete mit meinen Fingern ihre Augen. Meine Augen wurden glasig und ich sah in ihre. *Vergiss diesen Tag!*, schärfte ich ihr ein, dann ließ ich sie auf den Boden sinken und verschwand so schnell es ging aus dem Fenster. Dann rannte ich los. Ich rannte immer weiter. Ich wollte alles hinter mir lassen. Ich konnte nicht länger dort wohnen. Ich wollte die Menschen, denen ich noch nahe stand VOR meinem Tod, nicht verletzen. Wenn ich blieb, würde ich sie wohlmöglich alle umbringen. Ich rannte immer weiter und weiter, bis ich schließlich bei einer anderen Stadt ankam. Ich hielt an. Hierhin hatte mich das Schicksal also getragen. Hier würde ich wohnen. Ich wollte ein normales Leben führen. Ich wollte weiterhin zur Schule gehen; das einzige, was ich nicht mehr haben konnte, bzw. haben durfte, waren enge Verbindungen. Ich durfte niemanden an mich heran lassen. Ich durfte nicht mehr lieben. Die Liebe musste aus meinem Leben verschwinden.
Ich lief in Vampirgeschwindigkeit durch die Stadt und suchte nach einem leer stehenden Haus. Letztendlich lief es darauf hinaus, dass ich 5 Minuten später vor einer Bruchbude stand. Riesige Berge von Marmor, Holz und so weiter lagen überall verstreut. Die Bruchbude war abseits der anderen Häuser und stand in einem Wald. Perfekt! Innerhalb 1 Stunde hatte ich die Bruchbude wieder in ein bewohnbares Haus verwandelt. Nun ja, eigentlich war es eher eine Villa. Früher musste diese Villa echt schön gewesen sein, doch so wie sie jetzt war, war sie einfach perfekt für mich. Ich hatte noch ein paar Veränderungen vorgenommen, sodass die Villa nicht zu altmodisch aussah. Ich stellte mich vor das Haus und betrachtete es; dann stieß ich mich vom Boden ab und landete leichtfüßig auf dem Dach. Ich lief hinüber zum Schornstein und rückte ihn ein kleines Stück nach links. Vorsichtig stieß ich mich wieder vom Dach ab und landete auf dem Boden. JETZT war das Haus perfekt. Ich öffnete die Tür und notierte in meinem Kopf, dass ich noch dringend ein Türschloss besorgen musste. Dann betrat ich eine große Eingangshalle. Die Tür fiel hinter mir zu. Es war dunkel, doch nicht zu dunkel für meine Augen. Es gingen zwei Treppen hinauf in den nächsten Stock. Ich lief nach oben und sah mich einmal komplett um. Es war merkwürdig leer um mich herum. Da erkannte ich plötzlich, was nicht stimmte. Ich hatte noch keinerlei Möbel. Das Haus war zwar fertig, aber das innere war völlig leer, außer einer völlig abgewetzten Couch, die den Einsturz der Villa überlebt hatte. Ich zog ein Stück Papier aus meiner Hosentasche und einen Bleistift. Dann machte ich eine Liste mit den Sachen, die ich noch besorgen musste.
Kurz darauf ging ich los um mir ein Auto zu kaufen. Ich hatte zwar überhaupt kein Geld dabei, aber ich war ein Vampir! Gab es etwas, was ich nicht konnte? Ich sah mich im Autohaus um und entdeckte das Modell, welches ich mir immer gewünscht hatte. Einen Porsche in rot. Ich warf dem Autohändler einen Blick zu und er wusste schon genau, was ich wollte. Glücklich und Zufrieden mit meinem neuen Auto fuhr ich weiter zum Möbelhaus in der Stadt.
Als ich durch die Reihen ging und mir nach und nach Möbel herauszog, spürte ich viele Blicke auf mir. Ich drehte mich um und sah überall Jungs, die mich anstarrten. Ich ging schnell weiter und drehte mich ab und an nochmal um. Plötzlich spürte ich etwas über meinen Arm ratschen. „Scheiße!", fluchte ich, doch meine Stimme war so anders. Sie klang weicher und melodischer als sonst. Das war mir auch schon bei Miranda aufgefallen. Ich hatte eine wunderschöne Stimme bekommen. Mein Arm blutete, doch ich traute mich nicht die Wunde zu schließen. Nicht bei so vielen Blicken, die auf mir lagen. „Sorry, tut mir echt leid!", sagte eine tiefe Stimme zu mir. Ich sah hoch und blickte in das Gesicht eines Jungen. Er hatte grüne Augen und blonde Haare. „Schon okay!", sagte ich schnell und wollte schon verschwinden, als er mich erschrocken am Arm packte. „Oh mein Gott, das ist ja total viel Blut!", rief er aus. Seine Stimme hallte durch den ganzen Laden und plötzlich sah so gut wie der halbe Laden zu uns herüber. „Ist wirklich schon okay!", wiederholte ich meine Worte, diesmal energischer. Ich spürte Durst in mir aufkommen. Ich musste hier weg! Ich griff nach dem Möbelhalter auf dem ich alles geparkt hatte, was ich brauchte und schob diesen zur Kasse. Der Junge eilte mir hinterher. „Sicher, dass ich dir nicht helfen kann?", rief er unsicher und schlängelte sich durch die Menschenmenge hindurch, die sich zwischen uns angesammelt hatte. Ich ging mit glasigen Augen an der Kassiererin vorbei. *Ich habe gerade schon bezahlt!* Dann tat ich so, als würde ich ihr Geld geben und schob die Möbel auf dem Halter nach draußen. Ich lud alles in mein Auto um und stieg ein. „He warte doch!", rief der Junge mir hinterher, der mich umgestoßen hatte, „Ich weiß ja noch nicht mal, wie du heißt!" Ich öffnete das Verdeck und setzte meine neue schwarze Sonnenbrille mit verdunkelten Gläsern auf. Schon komisch, was es alles so in einem Möbelladen zu kaufen gibt! „Mein Name ist Gabrielle." Jetzt hatte er fast mein Auto erreicht. „Gabrielle und weiter?", fragte er. Er stand jetzt neben der Fahrertür. Ein süß duftender Geruch hauchte an meiner Nase vorbei. Blut! Das Wasser lief mir im Mund zusammen. Schnell weg hier! Ich ließ den Motor an und düste an dem verdutzt guckendem Jungen vorbei nach Hause.
Ich hatte innerhalb von 5 Minuten alle Möbel ausgeräumt und in der Villa platziert. „Du solltest etwas zu dir nehmen, du siehst durstig aus!", schallte plötzlich die Stimme durch den Raum. Die gleiche Stimme, die bei Miranda erklungen war, die gleiche Stimme des Jungen, der mich im Wald gerettet hatte. Ich drehte mich blitzschnell um, doch wieder war er verschwunden. Ein roter Beutel lag auf dem Boden hinter mir. Ich bückte mich und wusste sofort was es war. Blut! Der Beutel sah so aus, wie die, die sie immer im Krankenhaus hatten. Doch etwas war anders. Verschnörkelte weiße Buchstaben prangten auf der Vorderseite: Querida.
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Der Auftragskiller || not edited
Novela JuvenilWas sollst du tun wenn er dich verfolgt? Er deine Eltern vor deinen eigenen Augen umbringt nur um an dich ranzukommen? Und wie reagierst du darauf in dieser Sekunde gerettet zu werden? Du bekommst ein neues Lebensziel: Die Rache für deine Eltern und...