Kapitel 1
Fröstelnd schloss ich den Reißverschluss meiner Lederjacke, als ich die belebte Stadtstraße verließ und nach links in eine kleine Seitengasse einbog. El's Pub stand in leuchtenden Buchstaben über dem Eingang meines Lieblingslokals. Schnell drückte ich die Türklinke hinunter um in den warmen und gemütlichen Raum einzutreten. Sofort strömte mir der süße und gleichzeitig rauchige Duft entgegen. Ich war, wie jeden Donnerstag, nach der Uni hier mit meiner besten Freundin Cara verabredet. Als ich eine wild winkende Hand ganz weit hinten sah, stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Sie war wie eine Schwester für mich, bei keiner anderen Person fühlte ich mich so wohl und geborgen wie bei ihr. Lachend ging ich auf sie zu und wurde sofort in eine stürmische Umarmung gezogen.
„Na wie geht's denn Dr. Silver?", fragte sie mich verschmitzt nachdem sie sich wieder gesetzt hatte.
Ich musst schmunzeln, seit ich mit meinem Medizinstudium vor einem Jahr begonnen hatte, nannte sie mich dauernd so.
„Ganz gut denke ich, aber irgendwie fühle ich mich heute etwas komisch."
Sie lächelte mich mitfühlend an, so als wüsste sie genau woran ich gerade dachte.
Morgen vor 20 Jahren war der Tag, an dem ich an der Küste von Canterbury gefunden wurde. Gerade mal ein Jahr alt und in eine Decke eingewickelt, in welcher der Name Jade Silver eingestickt worden war. Die Küstenwache brachte mich damals in ein Waisenhaus und ich wurde ein Jahr später von meiner jetzigen Familie adoptiert. Ich hatte Glück gehabt, denn ich hätte keine bessere Familie finden können und das wusste ich auch zu schätzen. Mittlerweile hatte ich jedoch meine eigene Wohnung, welche ich mir dank meinem Nebenjob leisten konnte.
El – der Pub Besitzer und unser bester Freund – riss mich aus meinen Gedanken als er uns begrüßte.
„Hey meine Süßen, schön euch wieder mal zu sehen."
Er zwinkerte uns zu und stellte uns wie immer einen heißen Tee mit Rum vor die Nase, sowie unsere Lieblingskekse.
„Heute an dem kalten Tag schadet euch euer Getränk sicher nicht." Wir lachten beide und bedankten uns bei ihm.
„Hey El, bist du am Wochenende dabei? Ich mache wieder eine Winterbeginn-Party mit Barbecue, Bier, Wien und einigen lustigen Spielen."
Das war Caras Tradition bei Winterbeginn und ich freute mich wie jedes Jahr riesig darauf.
„Das fragst du noch? Hab ich schon seit einem Jahr im Kalender stehen!" Mit diesen Worten verabschiedete er sich und ging zu einer neuen Kundschaft. Kopfschüttelnd sahen wir ihm hinterher und fingen an uns ein paar Gedanken über die Party zu machen. Für die Dekoration und die Getränke war ich zuständig, Cara machte das Barbecue und plant die Spiele.
Ich war gerade dabei eine To-Do-Liste zu erstellen, als die Lichter flackerten und die Tür von dem aufziehenden Gewitter aufgerissen wurde. Irritiert drehten sich einige um und starrten auf den hereinstolpernden jungen Mann. Er sah sich suchend um und schloss die Tür hinter sich. Als sich unsere Blicke trafen veränderte sich sein eisiger Gesichtsausdruck und lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Schnell sah ich zu Cara und zog fragend die linke Augenbraue nach oben. Sie zuckte jedoch nur mit den Schultern und tippte weiter auf ihrem Handy herum um Einladungen zu verschicken. Ich versuchte mich erneut in die Partyplanung zu stürzen, spürte jedoch ununterbrochen den Blick des Fremden auf mir.
"Ich glaub ich mach mich nun auf den Weg, ich fühl mich heute echt nicht so wohl. Kannst du meinen Tee übernehmen? Ich lade dich nächstes Mal ein."
Besorgt sah sie mich an. "Natürlich Süße. Schreib mir wenn du Zuhause angekommen bist, pass auf dich auf"!
Dankbar lächelte ich sie an, winkte El und machte mich auf den Weg. Zitternd vor der Kälte draußen wollte ich die Holztür wieder schließen als sie erneut aufgerissen wurde. Erschrocken blickte ichin das Gesicht des fremden Mannes.
"Hallo Jade.", sagte er und zog die Tür zu El's Pub nun energisch zu. Im letzten Moment konnte ich noch einen Blick auf Cara erhaschen, sie war jedoch immer noch in ihr Handy vertieft und bemerkte nichts von meiner unglücklichen Situation. Scheiße, fluchte ich in Gedanken und sah den Fremden zögernd an.
"Wer bist du?"
Vorsichtig kam er auf mich zu, wissend das ich kurz davor war wegzulaufen. "Ich bin einer von den Guten, du kannst mir vertrauen."
Unglaubwürdig schüttelte ich den Kopf und sah mich panisch nach dem besten Fluchtweg um.
"Das glaubst du doch wohl selbst nicht.", motzte ich ihn mit bereits zittriger Stimme an und verfluchte mich in Gedanken selbst dafür, nun wusste er ganz genau, dass ich Angst hatte.
„Ich habe den Auftrag dich nach Hause zu bringen Prinzessin, es wird Zeit."
Verblüfft starrte ich ihn erneut an, mich fragend was er jetzt schon wieder von sich gab, als er mit ernstem Gesichtsausdruck noch näher kam. "Verzeih mir.", flüsterte er und berührte sanft meine Stirn bevor ich es verhindern konnte. Seine blauen Augen waren das Letzte, was ich sah ehe es schwarz um mich wurde.
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Afterglow
FantasyPhantasie ist wie dichter Nebel im Herbst, düster, verwirrend und scheinbar unüberwindbar. Doch erblickt man die ersten Sonnenstrahlen, so folgt bald eine klare, alles überleuchtende Freiheit. * * Als Jade eines Tages in einer ihr völlig unb...