Vorsichtig öffnete ich den Reisverschluss des Kleides und schlüpfte hinein, der Spitzenstoff fühlte sich wunderbar an, seidig zart lag er auf der Haut auf. Bewundernd berührte ich meine mit Spitze bedeckten Arme und sah mich im Spiegel an. Ich erkannte mich kaum wieder, die Frisur schmeichelte meinem Gesicht und ein solch schönes Kleid hatte ich noch nie an mir gesehen.
Marie öffnete vorsichtig die Tür. „Warte ich mach dir den Reisverschluss zu. Du siehst wirklich wunderschön aus."
Ich lächelte dankbar und zog mir noch die überraschenderweise gemütlich aussehenden Schuhe an.
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Nachdem Marie mir noch einiges über die Etiketten des Schlosses und der Versammlungen erklärt hatte, machten wir uns nun auf den Weg in den Festsaal. Begleitet von 4 Wachen schritten wir durch das fast ausgestorbene Schloss. Eine böse Vorahnung erschlich mich, als ich mich fragte, wo denn plötzlich alle hin sind. Marie lächelte mir von Zeit zu Zeit aufmunternd zu und ich versuchte nicht in Panik zu geraten. Laut ihr wurde ich nun dem gesamten Hof vorgestellt, den Soldaten, den Angestellten, den Adeligen und der Königsfamilie.
Flashback
„Du wirst in den Saal geleitet und angekündigt, danach musst bis zum Thron vorgehen. Als erstes stehen die Angestellten gleich neben der Tür. Danach wirst du an den Soldaten des dritten und zweiten Ranges vorbeigehen, ihnen folgen die Adeligen und erst danach die Soldaten des ersten Ranges. Die Königsfamilie wird sich rund um den Thron versammeln, aber sie wissen schon alle bestens über dich Bescheid also keine Sorge."
Ich schnaubte, na toll. Alle wussten bestens über mich Bescheid und ich hatte weiterhin keine Ahnung wer genau diese Leute hier waren und wer ICH in diesem fremden „Land" war. Schnellen Schrittes gingen wir die schönen Gänge entlang hinunter in den 1. Stock. Nach einer Weile lotste uns ein dunkelblauer Teppich zu einer massiven, doppelflügigen Tür. Links und rechts standen wieder einige Wachen und salutierten als wir näher kamen. Einer räusperte sich und klopfte an das große Tor. Daraufhin wurde es von innen geöffnet und die Wachen wechselten einige Worte.
„Du schaffst das!", flüsterte mir Marie aufmunternd zu. Bevor ich fragen konnte, was genau sie meinte, wurden von den Wachen im Saal zahlreiche Trompeten geblasen um die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zu lenken. Das Gemurmel in dem großen Saal verstummte Augenblicklich und es lasteten nun gefühlt 1000 Augenpaare auf mir.
„Meine Damen und Herren. Wir begrüßen Lady Jade Silver!", schrie einer der Wachen etwas zu hysterisch als Annoncierung.
„Oh mein Gott", flüsterte ich hektisch und wandte mich mit panischem Blick zu Marie. Mein Herz raste unnatürlich in meiner Brust und ich hielt reflexartig nach einem Fluchtweg ausschau.
„Jade sie mich an! Du schaffst das, richte deine Augen einfach auf den König vorne und geh zu ihm!"
Als ich weiterhin keine Anstalten machte mich zu bewegen, stupste mich eine der Wachen an und räusperte sich. Er war ungefähr in meinem Alter und lächelte mir mit seinen braunen Augen aufmunternd zu. „Lady Silver, ich kann mir vorstellen wie überwältigend diese Situation gerade für Sie ist, aber vertrauen Sie mir jetzt einfach und gehen Sie nach vorne zum König. Mein Partner und ich werden ihnen folgen."
Wie auf Kommando nickten sich die beiden zu und strafften ihre Schultern. Nun gut Jade, reiß dich zusammen und mach die Situation nicht noch peinlicher als sie schon ist. Beherzt hob ich den Kopf und wandte mein Gesicht zu den zahlreichen wartenden Menschen vor mir. Ich nickte der netten Wache neben mir zu und signalisierte ihm so, dass ich bereit war. Marie lächelte mich stolz an und gesellte sich zu den anderen Angestellten gleich in die erste Reihe neben dem blauen Teppich. Weit vorne an den ganzen Menschen vorbei, erwartete mich der König mit einem erfreuten Lächeln als ich nun endlich einen Fuß vor den anderen setzte.
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Afterglow
FantasyPhantasie ist wie dichter Nebel im Herbst, düster, verwirrend und scheinbar unüberwindbar. Doch erblickt man die ersten Sonnenstrahlen, so folgt bald eine klare, alles überleuchtende Freiheit. * * Als Jade eines Tages in einer ihr völlig unb...